5. Kapitel

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Mein Herz rast, mein Atem wird schneller. Man merkt mir meine Angst an. Sie durchströmt jede einzelne Ader. Hüllt mich komplett aus. Dieses Gefühl von Angst habe ich eigentlich relativ selten, meist hatte ich sie nachts. Dienstagsnacht. An diesem Abend kam Caleb von den Fraktionssitzungen wieder. Dort besprachen sie, wie es mit der Ernte, etc. weitergeht. Ich besuchte diese Sitzungen eigentlich nie, da ich sie überflüssig fand. An diesen Dienstagen kam er nachts hoch in mein Zimmer, seine Laune wahr angespannt, wütend und diese Wut suchte einen Körper zum entladen. Noch heute spüre ich die Blutergüsse an meinen Armen, die Wunden auf meinem Rücken. Die Striemen seines Gürtels an meiner Taille. Die Narben zieren immer noch meinen Körper – Die Wunden zieren immer noch meine Seele.

„Was ist los, Luc?", seine Stimme ist besorgt, doch ich bekomme nichts heraus. Zu nervös, zu beängstigt. Er legt seine Hand an meine Wange und ich zucke zurück, sodass es mich nicht berührt. Ich liebe ihn, aber trotzdem habe ich Angst. Das hört sich so banal an. Ein Wiederspruch in sich. Ich habe vor dem Angst, den ich liebe. Tränen laufen mir hinab.

„Luc.", es ist nur ein Hauchen, was von ihm kommt. Er weiß nicht, wie er reagieren soll. Das weiß niemand von uns beiden. Schweigen.

„Macht hat nur derjenige, der den anderen Macht entzieht.", er schaut mich verwundert an, während ich die Wort stottere. Ich spreche es, als sei es ein Spruch in meinem Kopf, der sich verankert hat, wie aus dem Lehrbuch. Emotionslos. „Was?", er ist verwirrt.

„Dein Vater hat nur Macht über dich, weil du ihm Gehörig bist und deine Macht aufgeopfert hast...", ich stocke, „Um seine Idealen zu leben. Um sein Leben zu leben. Er hatte keine Macht, erst durch dich hat er sie erhalten." Mein Ton ist ernst und verurteilend.

„Aber was redest du denn da?", er ist immer noch verwirrt.

„Du weißt genau, was ich damit sagen will. Du bist schließlich nur ein grausamer Ken in Ferox-Uniform.", schreie ich wutendbrand. Man hat immer die Wahl. Selbst wenn sie gegen die fällt, die man liebt.

„Sie sind wirklich eine Gefahr. Luc. Bitte versteh doch.", fleht er mich an, doch die folgenden Worte, kann ich nie mehr vergessen, „Ohne sie, sind wir besser dran." Ich hole aus, schlage direkt in sein Gesicht, als plötzlich seine Nase anfängt zu bluten. Ich hole zum nächsten Schlag aus, da hält er mich fest, während er die Augen vor Schmerz zusammen kneift.

„Luc, was soll das?!", er klingt nun sauer, aufgebracht. Die Liebe ist verflogen. Hass füllt nun den Raum. Die Luft ist stickig. Alles engt mich ein, doch ich kann nicht fliehen. Meine Haut wird zu eng für mich, ich muss raus aus ihr, doch das wird unmöglich sein. Fliehen, aber nicht jetzt.

„Du bist ein MONSTER!", jedes Wort fletscht aus mir heraus, während ich versuche mich loszureißen. Vergeblich. Seine Stärke, seine Macht, sie hält mich fest, fest in diesem Raum des Grauens.

„Luc, beruhig dich. Was hast du an den Unbestimmten.", er spricht das Wort, als würde es Abschaum sein. Als würde er über Fraktionslose reden. Doch sie sind alle Menschen. Ich bin ein Mensch, wie jeder andere. Ich habe Ziele, Träume, Erinnerungen.

„Sie sind Menschen! Ist dir das egal?!", ich schreie erneut.

„Ja. Abschaum, wie so einer, hat nichts verdient. Nicht einmal das Leben!", er spuckt die Wörter wie lose Solen aus. Sie alle treffen mich mitten ins Herz. Jedes Wort. Sie zerreißen mich Stück für Stück von innen. Dann ziehe ich die Waffe aus seiner Hose reiße mich los und stelle mich ans andere Ende des Raums.

„Dann töte mich.", ich klinge entschlossen, obwohl meine Lippen nicht aufhören zu beben, „Töte mich. Na komm schon. Ich bin schließlich Abschaum und habe das Leben nicht verdient." Er bewegt sich nicht. Steht nur da und schaut mich ungläubig an, während ich die Waffe auf meinen Kopf richte. Eigentlich wollte ich es ihm nicht sagen, erst recht nicht jetzt. Doch es gibt Momente, an denen der Zufall entscheidet, an denen man auf das Schicksal vertrauen muss. An denen dein Leben die Entscheidungen trifft und nicht die Entscheidungen das Leben.

Die Bestimmung - Verhängnisvolle LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt