5. Kapitel [Eric]

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Ich stehe starr im Raum. Sie rennt immer davon, wenn sie keinen Ausweg findet. Ich wünschte, ich könnte ihr sagen, was ich fühle. Wirklich sagen und nicht nur andeuten. Aber was, wenn sie dann schwach wird. Wenn sie mich nicht mehr ernst nimmt. Wenn mich keiner mehr ernst nimmt. Wenn Dad mich für einen Schwächling hält.

Ich möchte es mir gar nicht ausmalen. Aber wieso meint sie, sie sei eine Unbestimmte. Das ergibt keinen Sinn. Sie ist Ferox, durch und durch. Kämpferisch und ernst. Wieso kämpft sie verbittet um Unbestimmte. Um den Abschaum unserer Stadt. Damals bin ich zwar nicht mit nach Außerhalb, aber das was dort ist, zerstört uns. Und wenn es so wichtig ist, dass die Unbestimmten dorthin gehen, werden sie uns vernichten. Uns alle.

Komplett in meinen Gedanken versunken, bemerke ich nicht, wie Four hereinkommt. Er steht einfach plötzlich vor mir.

„Was gibt es, Four?", frage ich ihn. Seine Augen sind rot, er muss geweint haben. Schwäche. Mein größter Feind.

„Es geht um Luc.", er kämpft mit den Tränen, „Sie geht zu deinem Vater. Sie will sich opfern."

„WAS?!", mein Atem geht schneller. Mein Herz rast. Wieso mach sie so etwas? Für was will sie sich opfern?!

„Sie meint, nur so kann sie diesen Massenmord an Unbestimmten verhindern. An ihrer Art.", er macht eine Pause und holt tief Luft, „Sie will sterben, damit du endlich verstehst, was hier abgeht. Sie will durch Houstons Hand sterben."

Mein Herz füllt sich mit Entsetzen und Wut, Wut auf ihren Dickkopf. Mein Vater wird nicht zögern sie zu töten. Ob unbestimmt oder nicht. Er tötet sie. Er hätte nicht einmal Angst mich zu töten, wenn ich unbestimmt wäre.

„Wieso hast du sie nicht abgehalten?!", Zorn breitet sich aus. So ein Schwächling. Nicht einmal sie kann er aufhalten.

„Willst du etwa, dass das gleiche wie mit Tris passiert. Willst du, dass mir das gleiche wie dir passiert!", ich sehe nur noch meine Wut. Die Verzweiflung dränge ich weg. Dort wo sie mich nicht findet. Ich spüre, wie eine Träne sich langsam ihren Weg bahnt. Ich darf nicht weinen, ich darf keine Schwäche zeigen. „Wir müssen sie holen. Ich muss!", ich klinge entschlossen. Four nickt.

„Du holst sie und ich lenke die anderen dort ab.", ich nicke und schon machen wir uns zu den Zügen auf.

Ich sitze unruhig auf dem Boden. Hier saß ich das letzte Mal mit ihr. Das erste Mal, dass wir uns so nahe standen. Es darf nicht das letzte Mal gewesen sein. Ich brauche sie. Ihr Tod wäre meiner. Ich halte mir zaghaft die Hände vor mein Gesicht, damit ich nicht anfange zu weinen. Aber ich bin nicht stark genug. Das war ich nie.

„Wir werden sie holen, dafür gebe ich alles.", er stockt, „Alles was ich habe. Sei es auch mein Leben."

Fours Entschlossenheit macht mir Mut. Doch ich muss mich meiner Verzweiflung hingeben. Ich kann nichts tun. Wer weiß, ob sie nicht schon das kalte Eisen auf ihrer Haut hat. Oder ob sie direkt in den Lauf der Waffe schaut. Wer weiß, ob sie noch lebt.

Und dann erkenne ich langsam, wie sich die fahlen Lichter des Zentrums vor mir türmen. Sie sind so fern, aber auch so nah. Dort hat sich mein ganzes Leben abgespielt. Dort wurde ich zum Ken trainiert. Dort hatte mir mein Vater gesagt, ich solle zu den Ferox gehen, dort meinte er, ich muss Anführer werden. Auch wenn ich ihn vielleicht hassen mag. Ohne ihn wäre ich nie zu den Ferox gegangen, ohne ihn hätte ich nie Luc getroffen.

Meine kleine, zierliche Luc. Ich werde ihr Lächeln, ihre liebvollen Küsse nie vergessen. Egal, was nach dieser Nacht passiert. Ich werde um sie kämpfen.

Die Bestimmung - Verhängnisvolle LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt