53.

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Geflüster ließ mich aufwachen. Das erste was ich fühlte war ein tauber Arm, ausgerechnet der Arm, der mit einer Kugel nicht gerade harmlos gestriffen worden war. Meine Augen hatte ich noch zu und mein Gesicht war zur Wand gedreht. Kein schlechter Traum hatte ich geträumt, keinen guten. Einfach nur gar nichts und das war das beste. "Dann müssen wir die Wunde mit Alkohol abtropfen, sonst bekommt sie noch eine Infektion.", hörte ich eine Frau sagen. Bestimmt war es Hannah. "Okay gut, lass sie uns wecken.", sagte sie und legte eine Hand auf meinen Oberschenkel, um sanft daran zu rütteln. "Bin wach..", sprach ich müde und dreht mich halb um. Es war tatsächlich Hannah, doch sie hatte sich kein bisschen erschrocken, im Gegenteil: sie lächelte mich an. "Schlafmütze", grinste sie. "Also hast du gehört was ich machen muss oder?"

Ich nickte.

"Dann fangen wir mal an", nuschelte sie, fast zu sich selbst, und holte eine wirklich sehr kleine Flasche Medizin, ich denke es war Medizin, und ein weißes, feines Tuch. "Hast du irgendwelche komischen Gefühle heute?", fragte sie mich und ich konnte endlich erkennen wer hinter ihr stand, Scott. Ich starrte ihn regelrecht an, weil er irgendwie zufriedener aussah. Das kannte ich nicht von ihm. "Robin, hast mich gehört?", fragte Hannah und tropfte nicht gerade wenig von diesem Zeug auf das Tuch. "Ja...ich...habe ein tauben Arm...", antwortete ich rau. Kurz erstarrte sie und ihr Blick war sturr auf mich gerichtet, doch dann stellte sie das Fläschen weg und kniete sich zu mir runter. "Ist das schlimm, wenn der taub ist?", harkte ich nach. "Nein...also...ja...","Du könntest jetzt schon eine Infektion haben.", unterbrach Scott Hannah. Mein Herz blieb eine Sekunde aus, doch ich nickte.
Könntest ja daran nur mal eben abkratzen, aber hey, so schlimm ist es nicht.

Langsam tupfte sie das weiße Tuch auf meinen Arm, dabei merkte ich, dass ich keinen verband mehr trug. "Eigentlich wollten wir das machen, während du geschlafen hast, aber du bist so schnell wach geworden..", erklärte mir Hannah, machte ihre Arbeit an meinem Arm sorgfältig und behutsam, doch es brannte höllisch, weswegen ich laut aufschrie. Es war als würde das Zeug aus der Flasche meine Haut verätzen, die Wunde 'aufressen'. Scott legte eine Hand auf meine Stirn, strich langsam darüber, was mich leiser werden ließ. Viel sah ich nicht, denn ich hatte meine Augen zusammen gekniffen vor Schmerz. Dieser Schmerz war fast so schlimm, wie der Moment wo die Kugel in mein Fleisch traf. Ich wusste, dass das Zeug mir helfen würde, doch im Moment wollte ich am liebsten mit dem Kopf durch die Wand, die Schmerzen waren unnormal. Ich schlug Scotts Hand fest wegund schubste Hannah beiseite, damit ich mich aufrichten konnte, denn ich musste jetzt raus.
Raus...

"Robin! Bleib hier du kippst gleich wieder um!", schrie mir Hannah hinterher und guckte aus meiner Zelle heraus. "Ach verpiss dich doch!", brüllte ich durch den Zellblock. Doch ich hatte Finn total vergessen, dieser stand leicht verängstigt in einer Zelle, ich blieb stehen, als ich ihn beim vorbeigehen sah.

Dieser Junge hatte nichts, doch ich war immer noch eifersüchtig. Eifersüchtig dass er seinen Vater gefunden hat und ich meinen bitterlich verloren.
Bitter.

Langsam machte ich mich auf den Weg zurück zu meiner eigenen Zelle, denn den kurz vergessenen Schmerz, der eigentlich unvergesslich war, trat wieder zurück weswegen meine Füße sich kaum noch bewegten.

Doch ich schaffte es irgendwie einen Fuß vor den anderen zu setzten, ehe ich mich auf meiner Bettkante platzierte. "Robin, wir wollen dir nur helfen.", redete Hannah leise auf mich ein. "Das weiss ich. Das wollt ihr alle. Aber so wirklich was bringen tut's auch nicht.", entgegnete ich ihr harsch. Dabei sah ich mir sie genauer an und bemerkte wie grün blau ihre Augen eigentlich waren, wie rein und gesund sie aussah. Nach alldem was sie erlebt hat.

The Direction Dead //Slow Updates//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt