Kapitel 30 - Ein Schritt vor und drei Schritte zurück

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Mein Handy hatte einen Ton von sich gegeben, was daraufhin deutete, dass ich eine Nachricht bekommen hatte. So stand ich auf und spürte Kiyans Blick auf meinem Rücken.

Nun stand ich mitten in unserem Zimmer und sah mich suchend um. Ich hatte vergessen, wohin ich mein Handy gelegt hatte und versuchte mich daran zu erinnern. Da ich nach ein paar Sekunden jedoch immer noch keine Ahnung hatte, wo es liegen sollte, fing ich einfach an, zu suchen.

Zuerst schaute ich in den Schubladen meines Nachttisches. Dort lagen aber nur zwei Stifte und Taschentücher drinne. So ging ich also weiter zu der Couch und hob dort ein Kissen nach dem anderen an. "Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen? Was suchst du denn?"

Ich drehte mich zu Kiyan und sah ihn dankbar an. "Das wäre toll. Ich habe mein Handy verlegt und finde es nicht mehr. Aber es muss hier im Raum sein, da ich gehört habe, wie ich eine Nachricht bekam."

Verstehend nickte er und dann stellten wir gemeinsam unser Zimmer auf den Kopf. Mittlerweile war ich dazu übergegangen unsere Bettdecke auszuschütteln und zu schauen, ob mein Handy da herausfällt. Jedoch hatte ich auch hier keinen Erfolg.

Kiyan wühlte sich derweil durch unseren Schreibtisch.

Ich legte gerade wieder unsere Bettdecke ordentlich zusammen, als ich ein Knurren vernahm. Ahnungslos drehte ich mich um und sah, wie mein Mate mein Handy in der Hand hatte und das Display verbissen anstarrte.

Ich schluckte und näherte mich ihm vorsichtig. Ich versuchte nicht überzureagieren, da er sich schon wieder in meine Privatssphäre einmischte und meine Nachrichten las.

"Kiyan."

Mehr sagte ich nicht. In meiner Stimme schwangen so viele Emotionen mit, dass er wissen müsste, wie ich mich gerade fühlte. Ich hatte Angst, dass ihn irgendwas wieder aufregen könnte und sein innerer Wolf zum Vorschein kommt. Ich fühlte Enttäuschung, da ich dachte, dass wir gerade einen Schritt nach vorne gemacht hätten. Aber am meisten hörte man die Unsicherheit heraus, da ich nicht wusste, was ich jetzt machen sollte.

So entschied ich mich dazu, meine Hand langsam nach dem Handy auszustrecken und es an mich zu nehmen. Das war aber anscheinend falsch, da er sich sehr schnell wegdrehte und mich dann vorwurfsvoll ansah.

Kiyans Stimme war drohend und wütend. "Ich versuche die ganze Zeit schon zu ignorieren, dass du überall nach Liam riechst. Es fällt mir schwer, aber ich kontrolliere mich. Für uns. Und was machst du? Du nimmst gar keine Rücksicht auf meine Gefühle oder warum sonst sollte dir dein angeblich bester Freund schreiben, ob du mir schon etwas gesagt hast und ob du dich nun besser fühlst. Wenn ihr zusammen seid und Gefühle füreinander habt, dann sei doch verdammt noch einmal ehrlich zu mir und sag es."

Empört blickte ich in seine Augen und antwortet daraufhin: "Sag mal, geht es dir noch gut? Ich habe heute nur mit Liam geredet und er hat mir einen guten Rat gegeben. Ich habe nichts mit ihm und ich finde es traurig, dass du mir so etwas zutraust."

Warnend sah er mich an. "Lüg mich nicht an."

"Kiyan, jetzt hör doch mal auf. Wir sind aneinander gebunden. Schon vergessen? Selbst wenn ich wöllte, könnte ich mich nicht von dir lösen." Traurig bedeckte ich mein Gesicht mit meinen Händen. "Warum machst du das nur immer?" Tränen standen in meinen Augen.

Mein Anblick erweichte ihn anscheinend etwas, da er seinen Körper nicht mehr so sehr anspannte und mich nun zweifelnd ansah. Selbst seine Stimme war leiser, als er sagte: "Was mache ich?"

Ich lachte ohne jeglichen Humor. "Du weißt es nicht einmal? Ich kämpfe für uns, sodass wir einen Schritt vorkommen und immer, wenn ich denke, dass wir uns vertragen haben und, dass wir eine Chance haben, machst du sowas. Jedes Mal wirfst du unsere gesamte Beziehung mit so einer Aktion um drei große Schritte zurück."

Enttäuscht schüttelte ich meinen Kopf. Kiyan wollte einen Schritt auf mich zu machen, ich jedoch erhob meine Hand und gab ihm so das Zeichen mir nicht näherzukommen.

"Ich werde jetzt gehen und eine Nacht bei Marie oder Viola auf der Couch schlafen. Wenn du dich wieder besonnen hast und wir vernünftig miteinander reden können, sage mir bescheid." Während ich redete, schnappte ich mir mein Handy aus Kiyans Hand und ging aus unserem Zimmer.

Ich ließ meinen Seelenverwandten zurück und das, obwohl ich zuvor geglaubt hatte, ihm endlich etwas näher gekommen zu sein. Wir beide hatten uns in dem einen Moment so verletzlich dem anderen gegenüber gezeigt und im nächsten lief alles aus dem Ruder.

Ich hatte eigentlich nur noch ein Ziel und so lief ich zu dem Fahrstuhl, der mich eine Etage weiter runterbrachte. Sobald die Türen zur Seite glitten, lief ich schnellen Schrittes zu einer bestimmten Zimmertür und klopfte an. Mein Handy hielt ich immer noch fest umklammernd in meiner rechten Hand und hatte auch noch kein einziges Mal darauf geschaut.

Ein verdutzter Tim machte mir die Tür auf und hatte anscheinend nicht mit mir gerechnet, da er etwas überrascht schaute, als er sagte: "Hallo Luna."

Bei dem Titel senkte ich meinen Kopf und blickte kurz zu Boden, bevor ich sagte: "Nenn mich doch einfach Amalia. Immerhin bist du der Mate meiner besten Freundin und den Titel habe ich noch lange nicht verdient."

Verschmitzt grinste er mich an und nickte dann. Dann drehte er sich leicht nach hinten und rief: "Marie, Amalia ist hier. Könntest du eventuell mal kommen?"

Mit einer einladenden Handbewegung von Tim lief ich in ihr Zimmer und stand nun zögernd in der Mitte des Raumes. Sogleich bereute ich es, mich den beiden aufzudrängen und überlegte schon, wie ich hier wieder rauskam.

Jedoch ertönte aus dem angrenzenden Bad ein lauter Knall und Maries Stimme. "Was? Amalia? Ich komme sofort. Mir ist nur der Föhn runtergefallen."

Tim hatte sich derweil auf ihr gemeinsames Bett gelegt und schaute auf sein Handy.

Kurze Zeit später öffnete sich eine Tür und Marie kam heraus. Ihre Haare waren teilweise noch nass, was jedoch niemanden störte. Tim schaute sie trotzdem an, als wäre sie für ihn das schönste Geschöpf auf Erden. Diesen Blick hatte ich bei Kiyan schon länger nicht mehr gesehen und ein bisschen Wehmut kam auf.

Sie zog mich mit auf ihr Sofa und ignorierte Tim noch immer. Anscheinend hatten sie das immer noch nicht geklärt. Leise erkundigte ich mich genau danach und meine beste Freundin antwortete: "Naja, ich darf mich laut ihm, Liam immer noch nicht nähern und das mache ich nicht mit. Er ist ein sehr guter Freund von mir und hat außerdem eine Mate. Auch wenn es Nele ist, hat er sich trotzdem verliebt. Alle diese Argumente lässt Tim aber nicht zählen und so sind wir uns noch nicht ganz einig, aber ich weiß schon, wie ich es schaffe."

Dabei grinste sie und ich spürte, dass sie sich siegessicher war. Ein klein bisschen musste ich ja schon lachen. Dann jedoch stellte sie mir die Frage, welche meine aufkommende Heiterkeit sofort wegbließ.

"Was machst du hier? Ist alles gut?"

Soulmate - into the unknownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt