Kapitel 34 - Ein Date?

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Kurz erstarrte ich und war mir nicht sicher, ob ich mich nicht doch verhört hatte. Zu groß war die Versuchung, mich umzudrehen und Kiyan in die Augen zu schauen, um daraus zu lesen, ob er das wirklich ernst meinte.

Also wand ich mich so, dass ich ihm in seine eisblauen Augen schauen konnte, die mich in einen gefährlichen Untergrund stürzten, wenn ich nicht aufpasste. Alles an meinem Mate war gefährlich und doch konnte ich es nicht lassen, dieses Risiko jedes Mal wieder einzugehen. Manchmal hielt ich mich selbst für Lebensmüde.

Nachdem ich einige Sekunden nur in seine Augen geschaut hatte, wurde mir mit einem Schlag klar, wie ernst er seine Bitte meinte. Verwirrt trat ich einen Schritt von ihm weg. Ich konnte einfach nicht klar denken, wenn er mir so nah war, da mein Körper durch diese doofe Bindung immer noch so stark auf ihn reagierte.

Als Kiyan das sah, veränderte sich etwas in seinen Augen, aber er hatte sich kurze Zeit später schon wieder sehr gut unter Kontrolle, sodass ich mir eingestehen musste, dass ich nicht schnell genug war, um die Veränderung zu erkennen.

"Du meinst also ein Date?" Ich stand wirklich etwas neben mir, was man an meiner fassungslosen Stimmlage leicht erkennen konnte. Immerhin hatte ich Kiyan nicht als solch einen Typen eingeschätzt, der Zeit und Mühe in ein Treffen investierte, was am Ende nur dazu diente, den anderen besser kennenzulernen.

"Ja, klingt das so abwegig." Kiyan schaute verlegen nach unten und es schien fast, als traute er sich nicht, mir in die Augen zu schauen. "Ich brauche nur eine Chance, um es wieder gut zu machen."

Sein Kopf hob sich und sein Blick fand wieder meinen. Ich konnte nichts anderes in ihnen erkennen, als Aufrichtigkeit und Hoffnung. Diese Gefühle waren so stark, dass sich mein Herz kurz zusammenzog. Zusätzlich flogen mir wieder einzelne Gesprächsfetzen durch den Kopf. Zains Worte hatten mich getroffen und ehe ich wusste, was ich da tat, stimmte ich dem Ganzen zu.

Freude strahlend trat Kiyan einen Schritt auf mich zu und umarmte mich sacht. Er hielt mich so sanft fest und positionierte seinen Kopf an meiner Halsbeuge, dass ich fast den Eindruck gewinnen konnte, dass er sich vor der Welt versteckte. Ich atmete seinen Geruch ein und erlaubte mir, mich auch an ihn zu lehnen und diese friedvolle Umarmung zu genießen.

Wir wussten beide, dass ein Date, nicht alles wieder gut machen konnte, was in den letzten paar Tagen vorgefallen war, aber mir war genauso bewusst wie ihm, dass es der erste Schritt in die richtige Richtung ist. Durch viele solcher kleinen Momente konnten wir vielleicht Erinnerungen erschaffen, die die Schlechten überstrahlen würden mit einer Intensität, die von Zuneigung und Hoffnung geprägt war.

Wir standen eine ganze Weile einfach nur so da und ich wollte auch gar nicht, dass dieser Moment irgendwann endete. Leider kann man sich sowas aber nicht einfach wünschen und dann passierte das auch in der Realität. So war es nicht verwunderlich, dass plötzlich die tiefe Stimme eines Mannes durch den Raum hallte.

Kiyan wollte mich nicht loslassen und so war ich versucht, genau das gleiche zu tun. Doch wir hatten eigentlich gerade Unterricht und ich wollte keine extra Aufgaben bekommen, nur weil wir mal miteinander gekuschelt hatten.

So löste ich mich langsam von Kiyan und stellte mich jedoch direkt neben ihn und griff nach seiner Hand. Wieder blickte ich ihn von der Seite an, um seine Reaktion in seinem Gesicht abzulesen. Ich bemerkte, wie sich ein Funkeln in seine sonst so eisblauen Augen schlich und ein glückliches Lächeln an seinen Mundwinkeln zupfte. Seine Hand hatte er mittlerweile mit meinen verschränkt und sein Körpergewicht auf sein rechtes Bein verlagert, sodass er mir etwas näher kam.

Irgendwo vor uns redete die tiefe Stimme weiter, aber ich konzentrierte mich nicht darauf, was sie sagte, bis jemand meine andere Hand in seine nahm und kurz daran zog. Mit gerunzelter Stirn wandte ich mich nach rechts, um Marie zu sehen, die mit ihrem Kopf nach vorne zu dem Mann zeigte. Ihr Blick war warnend und so wusste ich, dass irgendetwas wichtiges besprochen wird, was ich nicht verpassen sollte.

Ihre Hand löste sich aus meiner und ich erkannte, dass es sich bei dem Mann vor uns, um den Direktor handelte. Sein blondes Haar war ordentlich frisiert und seine klaren grauen Augen wanderten über jeden einzelnen von uns. Es schien mir, als würde sein Blick bei manchen Werwölfen etwas länger verweilen, als bei den anderen, aber das konnte ich mir auch nur einbilden.

Man könnte fast meinen, dass er vor uns auf und abwanderte, was aber nicht so schien, da er sich wieder mit dieser unheimlichen Eleganz bewegte und eine Ruhe ausstrahlte, die ich sofort in mir aufsog. Alles an ihm wirkte selbstsicher und mächtig. Immer noch fragte ich mich, was er war, dass er so eine Wirkung auf die Leute um ihn herum hatte.

"Sie müssen also nur ein paar Fragen über ihren Mate beantworten und dann werden wir sehen, wie sehr sie sich in den letzten paar Tagen schon kennengelernt haben und dann schauen wir weiter. Jedoch gibt es wie immer eine kleine Besonderheit. Auf Grund ihres vorherigen Lebenslaufes und ihrer Freundschaftswahl hier, habe ich mir erlaubt, immer eine Gruppe von drei Mann zu erstellen. Heute werden nur die Frauen befragt und so haben wir ihnen immer eine Person zur Seite gestellt, bei der wir wissen, dass sie ihren Mate sehr gut kennt. Morgen wiederholen wir den ganzen Ablauf und da versuchen die Männer ihr Wissen über ihre Mates richtig in dem Fragebogen einzutragen. Ich lasse ihnen jetzt ganz kurz Zeit, um die neue Aufgabe auf sich wirken zu lassen und dann verlese ich die Gruppen."

Der Direktor wandte sich ab und begann eine Unterhaltung mit einer Frau. Ich tippte auf seine Sekretärin, da sie einen Bleistiftrock trug, ihre Haare zu einem strengen Dutt zusammengebunden hatte und haufenweise Stapel von Blättern in ihren Händen hielt.

Auf einmal traf mich die tragweite der neuen Aufgabe mit voller Wucht. Wie sollte ich denn Fragen über meinen Mate beantworten können, wenn wir uns im Grunde genommen noch nie wirklich ernsthaft unterhalten hatten? Unser einziges tieferes Gespräch über unsere Gefühle hatte damit geendet, dass er mich gewaltsam markieren wollte. Zudem hatten wir vorher nie ein Wort miteinander geredet und unsere Freundeskreise waren zuvor auch immer strikt voneinander getrennt gewesen. Also eigentlich kannten wir uns doch gar nicht.

Na toll. Mir war jetzt schon klar, dass ich bei diesen verrückten Test keine Glanzleistung hinlegen würde.

Soulmate - into the unknownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt