12 - 𝐓𝐡𝐢𝐬 𝐈𝐬 𝐖𝐚𝐫

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Den Weg zurück zum Gefängnis brachten wir schweigend hinter uns. Ich lief neben Daryl her, während wir beide Ausschau nach einem Tier hielten, doch außer einem einsamen Kaninchen, das er mit seiner Armbrust schießen konnte, ließ sich nichts blicken.

Es war erst später Nachmittag, als wir wieder im Gefängnis ankamen. Daryl verschloss das Tor hinter uns, als wir die Anlage wieder betreten hatten und drückte mir dann das Kaninchen in die Hand, das er erlegt hatte. "Bringst du das in die Küche?", fragte er.
Ich nickte und nahm das Kaninchen an mich. Irgendwie lag eine merkwürdige Spannung zwischen uns. Wir waren nicht länger wütend aufeinander, aber trotzdem überkam mich eine Art Unbehagen, wenn ich in seiner Nähe war, ganz besonders wenn wir miteinander sprachen. Ich konnte mir nicht wirklich erklären, was es war.

Er drehte sich um, um zu gehen und ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, brachte aber keinen wirklichen Ton heraus. Ich war ihm Dank schuldig, vielleicht eine Entschuldigung dafür, dass wir aneinander geraten waren und eigentlich hätte ich ihn wissen lassen wollen, dass ich seine Wut über Ricks Entscheidung bezüglich Carol verstehen konnte. Aber ich wusste nicht recht, mit was davon ich anfangen sollte und gleichzeitig kam mir alles davon gerade irgendwie unangebracht vor.
Trotzdem schien er meinen Versuch bemerkt zu haben, denn er hielt in der Bewegung inne und sah über seine Schulter.

Ich wandte den Blick ab und biss mir auf die Lippe. Ich musste mich dringend wieder sammeln, ehe ich auf die wahnwitzige Idee kam, an meinen Kommunikationsfähigkeiten zu arbeiten.
Daryls Blick fuhr einmal über mein Gesicht und für den Bruchteil einer Sekunde sah auch er etwas nachdenklich aus. Dann aber drehte er den Kopf wieder zurück und ging rüber zum Zellentrakt.
Ich seufzte leise in mich hinein, genervt von diesem saublöden Tag und machte mich auf den Weg in die Küche. Ich musste ganz dringend wieder einen klaren Kopf bekommen.

In der Küche war niemand. Da ich das Kaninchen also niemandem geben konnte, legte ich es auf dem Tisch ab und ging zurück in die Cafeteria, wo ich mich auf einen der Tische setzte. Jetzt, wo ich wieder im Gefängnis war, war von diesem Gefühlsorkan, der mich heimgesucht hatte, kaum noch etwas übrig. Natürlich war er nicht restlos verschwunden, aber immerhin fühlte ich mich nicht viel anders als an all den anderen Tagen hier. Und an dieses Gefühl, dass etwas an mir nagte, hatte ich mich inzwischen gewöhnt. Ich musste nur weiter daran arbeiten, damit klar zu kommen.

Meine Hand wanderte an meinen Gürtel und zog das Messer mit dem roten Griff hervor. Ich sah auf die eingeritzten Buchstaben, während ich es zwischen den Fingern umher drehte. Ob es je besser werden würde? Vielleicht würde ich den Rest meines Lebens mit diesem Gefühl leben müssen. Vielleicht waren diese Wunden zu tief, um je wirklich heilen zu können.
Ich seufzte und ließ mich nach hinten sinken, bis mein Rücken die Tischplatte traf. Nur etwa die Hälfte meines Kopfes lag noch auf dem Tisch, die obere Hälfte hing frei in der Luft und meine Haare baumelten herunter. Ich schaute nach oben an die Decke, während ich weiterhin das Messer in der Hand hielt und mit dem Daumen über die Klinge strich.

Von meinem alten Leben war nichts mehr übrig geblieben. Sie waren alle tot. Es war so, als hätte nichts davon jemals existiert. Ich konnte ein neues Leben anfangen, niemand würde mich daran hindern. Aber ich war nicht sicher, ob ich es konnte. Ich war nicht sicher, ob ich je in der Lage sein würde, all das hinter mir zu lassen. Ich war nicht sicher, ob ich nach all dem je wieder irgendeinem Menschen vertrauen können würde, selbst wenn ich jetzt Teil dieser Gemeinschaft war.

Es waren gute Menschen. Sie alle. Sie hatten viel für mich getan und trotzdem lebte ich nur mit ihnen zusammen. Ich vertraute ihnen nicht. Ich vertraute Rick nicht, der mich in seine Gruppe aufgenommen hatte. Ich vertraute Hershel nicht, der meine Verletzungen behandelt hatte. Ich vertraute Glenn nicht, der mich vor dem Feind auf der anderen Seite des Zaunes hatte schützen wollen. Ich vertraute Maggie nicht, die stets ein gutes Wort für mich eingelegt hatte. Ich vertraute Beth nicht, die mich in das Leben auf dieser Anlage eingegliedert und sich um mich gekümmert hatte. Ich vertraute Daryl nicht, der mir das Leben gerettet hatte, mehrfach. Ich vertraute keinem von ihnen, auch wenn ich wusste, dass es nicht fair war.

𝐈'𝐦 𝐛𝐞𝐭𝐭𝐞𝐫 𝐨𝐧 𝐦𝐲 𝐨𝐰𝐧 - 𝐃𝐚𝐫𝐲𝐥 𝐃𝐢𝐱𝐨𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt