47 - 𝐇𝐨𝐧𝐞𝐬𝐭𝐲

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Daryl's P.o.v.

Ich blickte runter auf den Boden, wo der Körper des fremden Mannes lag, unter dem sich schleichend das Blut zu einer wachsenden Lache sammelte. Für einen kurzen Moment war es still im Raum. Ich presste beiläufig die Hand um meinen rechten Ellenbogen, um die Blutung an meinem Oberarm einzudämmen. Zwar wusste ich den brennenden Schmerz zu ignorieren, nicht aber das Blut, das meinen Arm herunter rann. Der Schuss hatte mich nur gestreift, dieser Penner war nicht gerade geschickt mit seiner Waffe umgegangen. Trotzdem konnte ich erahnen, dass er mich mehr getroffen hatte, als die anderen Arschlöcher, die bisher ihr Glück versucht hatten. Und ich würde sicher nicht durch die Hand dieses armseligen Idioten verbluten.

Kate trat einen Schritt von der Leiche zurück, ehe das Blut ihre Stiefel erreichen konnte. Nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte. Weder der Kampf mit den Beißern draußen, noch der in diesem Büro war spurlos an ihr vorbei gegangen. Wir hatten schon schlimmer ausgesehen, trotzdem gab es kaum einen Fleck ihrer Kleidung, der nicht mit Blut oder stinkender Hirnmatsche verschmiert war.

Ich konnte beobachten, wie sie tief ein und wieder aus atmete. Dann ließ sie ihr Messer in ihrem Gürtel verschwinden.
Aaron neben mir stieß ein leises Seufzen aus. "Danke", sagte er dann. "Für eure Hilfe."
Ich antwortete nicht darauf. Wir waren gemeinsam hergekommen, gehörten zu einer Gemeinschaft. Natürlich halfen wir. So waren wir. Für so etwas erwartete ich keinen Dank.
"Ich bin rein, als die Beißer kamen", fuhr Aaron fort. "Ich habe ihn hier drin gehört und wollte ihm helfen. Aber kaum hatte ich die Tür geöffnet, zielte er mit der Waffe auf mich."

Ziemlich genau so hatte ich mir den Ablauf vorgestellt.
Ich nahm die Hand von meinem Arm, schob sie stattdessen in meine Hosentasche, um mein schwarzes Bandana rauszuziehen.
"Ich war unvorsichtig und habe uns alle in Gefahr gebracht", meinte Aaron. "Das tut mir leid."
"Blödsinn", meldete sich nun auch Kate zu Wort. Sie ging um den Toten herum, sah ihn dabei an. "Du konntest nicht wissen, dass er eine Waffe hat."
Da war ich ihrer Meinung. Durch eine verschlossene Tür hätte dieser Typ jede Geschichte erzählen können. Die Tatsache, dass er eingesperrt und das Gelände von Beißern umzingelt gewesen war, hätten ihn so oder so glaubwürdig wirken lassen. Einem eingesperrten Fremden die Tür zu öffnen war noch lange nicht so waghalsig, wie sich in eine Horde Beißer zu stürzen.

Zumindest schien Aaron das einzusehen, denn er widersprach nicht erneut, woraufhin Kate sich mir zuwandte. Ihr erster Blick traf den blutigen Ärmel meines Hemdes, woraufhin ich sie beschwichtigte: "Nur 'n Streifschuss."
Sie warf mir lediglich durch die Augenwinkel einen kurzen, strengen Blick zu. Natürlich, sie war nicht blind, die Menge an Blut sprach für sich. Aber sie wusste so gut wie ich, dass das warten musste.

Auch Aaron musterte mich, als Kate mir das Bandana aus der Hand nahm, um damit provisorisch die Wunde abzudecken und den Blutfluss zu dämmen. "Wie schlimm ist es?", wollte er wissen.
"Ich komm schon klar", versicherte ich ihm. Das war die Wahrheit. Ich hatte schon weit schlimmeres überstanden. Das hier war nichts weiter als ein lästiger Kratzer. Ich war keine Pussy.

"Glaubt ihr, der Kerl könnte Recht haben?", fragte Aaron, während er Kate dabei zusah, wie sie den Knoten um meinen Arm festzog. "Dass seine Leute noch hier sind? Oder wieder zurückkommen?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein. In der Nähe gab es kein einziges Anzeichen dafür. Die Spur, der wir gefolgt sind, kam aus einer ganz anderen Richtung. Und sie stammte nicht von dreißig Leuten, nichtmal annähernd."
Dieser armselige Bastard war zum Sterben zurückgelassen worden. Er hätte jahrelang hier versauern können, niemand wäre zurückgekommen.

"Vielleicht sollten wir uns in der Richtung umsehen", wandte Kate ein. "Die Umgebung checken, nur um sicher zu gehen."
Ich sah sie an. "Der Bunker hier ist verlassen. Seit weit mehr als drei Monaten."
Sie ließ von meinem Arm ab, jetzt wo sie fertig war. "Du hast gesehen, wie er war", erwiderte sie. "Ich bin lieber vorsichtig als tot."
Vielleicht hatte sie nicht Unrecht. Ich war auch nicht gerade scharf drauf, dass sich die Vorfälle im Gefängnis oder in Terminus wiederholen würden. Bestand dieser ganze Haufen aus Arschlöchern, wie er eins gewesen war, war es besser, wenn wir sie zuerst fanden.

𝐈'𝐦 𝐛𝐞𝐭𝐭𝐞𝐫 𝐨𝐧 𝐦𝐲 𝐨𝐰𝐧 - 𝐃𝐚𝐫𝐲𝐥 𝐃𝐢𝐱𝐨𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt