Teil 4

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Jungkook keuchte auf und öffnete die Augen. Er hatte das Gefühl, als könnte er es schon wieder spüren. Dass Tae ihn ausfüllte, ihn komplettierte. Es war so großartig gewesen, dass ihn eine Gänsehaut beim bloßen Gedanken daran überlief.

Er wusste nicht, ob er geschrien oder nur noch mehr geweint hatte. So wie der Ältere geschaut hatte, war er sich sicher, dass er beides getan hatte. Aber plötzlich waren jegliche Gedanken in seinem Gehirn wie weggeblasen gewesen. Es hatte nur noch einen Satz gegeben, der durch seinen Kopf gegeistert war, während sein Körper vor Erschöpfung losließ und gleichzeitig vor Lust erbebte: Ich gehöre ihm. Und dass das stimmte, musste niemandem bewiesen werden. Am allerwenigstens Jungkook selbst. Er ließ es einfach geschehen und genoss jede Sekunde. Dass er nicht früher auf die Idee gekommen war, das zu versuchen... Diese Erlösung war das köstlichste Gefühl, das er jemals gespürt hatte... Jungkook würde alles dafür tun, dass das nicht das letzte Mal war, dass er genau das erlebte. Am Besten jedes Mal mit dem Mann über ihm.

Allerdings war er, schwach und unerforscht wie er war, so fertig, dass er sofort einschlief, nachdem alles vorbei war. Im Halbschlaf spürte er Taes Lippen auf seiner schweißüberströmten Stirn und hörte den Ältere leise flüstern: „Ich hoffe nur, dass das kein Fehler war." Dann war er weggedriftet.

Und am nächsten Morgen im selben Bett aufgewacht. Das konnte nur ein gutes Omen gewesen sein. Gut, Taehyung war verschwunden, aber der war höchstwahrscheinlich nur beim Sport oder Duschen gewesen. Dass er ihm allerdings Frühstück gemacht hatte, war für Kookie einfach ein Liebesbeweis. Essen verbindet, das weiß doch jeder!

Plötzlich wurde Jungkook unsanft in die Realität zurückgeschleudert. Es war so ruhig.
In der Totenstille konnte er seine eigenen, unregelmäßigen Atemzüge hören. Das war unangenehm. Er schaute sich um und musste überrascht feststellen, dass er allein war. Der Raum, der eben noch voll mit wuselnden Menschen gewesen war, gähnte nun nur so vor Leere. Das ganze Personal war verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Alle hatten ihn allein gelassen – und er hatte es noch nicht einmal mitbekommen. Diese Gedanken, die Eindrücke von letzte Nacht, waren einfach zu einnehmend...

Nein!, ermahnte er sich, Nicht schon wieder! Konzentriere dich, verdammt! Du hast ein Problem!

Er sah sich um. Und was für eins. Er war tatsächlich allein. Wo waren all die anderen? Joon-Hyung hatte ihm versprochen, ihm Bescheid zu sagen, sobald die Preisverleihung, für die er hier seit Stunden zurechtgemacht wurde, losging. Es konnte also noch nicht so weit sein. Andererseits waren alle weg. Und wo sollten sie sonst sein?

Panik ergriff ihn und er sprang auf. Er musste sofort hier raus. Kamen die Wände näher? Er hoffte inständig, dass irgendwer merkte, dass er nicht da war und jemanden nach ihm schickte. Er wüsste gar nicht, wo er hinkommen sollte! Hätte er doch bloß vorhin, als es ihm erklärt wurde, besser aufgepasst! Aber Rap-Mon-Hyung hatte ihm doch versprochen, dass er sich keine Sorgen zu machen brauchte, weil er ihn abholen würde! Und nun? Er hat mich im Stich gelassen, schoss es Jungkook durch den Kopf. Nein, das würde er nie, versuchte er sich zu beruhigen. Und dennoch stehst du hier, allein, ohne ihn, während wahrscheinlich die Veranstaltung schon angefangen hat!, kreischte eine hysterische Stimme in seinem Kopf. Er musste sich daran erinnern, wie man aufsteigende Panikattacken beherrschen konnte. Ruhe bewahren. Einfacher gesagt als getan. Atmen. Okay, das dürfte funktionieren. Er versuchte, tief durchzuatmen, doch es funktionierte nicht. Die blanke Panik stieg in ihm hoch, sobald er versuchte, Luft zu holen. Er musste sofort zu den Anderen! Aber wohin? Oh Gott, was wenn er alleine über den roten Teppich irren würde, blind vor Angst und geblendet von den Blitzen der Kameras irgendwelche wichtigen Leute anrempelte und sich total verirrte!? Alle Zeitungen und Fernsehsender würden davon berichten, ausnahmslos alle. Er fühlte die Atemnot in sich aufsteigen, die seinen Hals beengte und klammerte sich an dem Stuhl fest, auf dem er soeben noch gesessen hatte. Flipp nicht aus, sagte er sich immer wieder, bitte nicht. Niemand ist hier. Niemand kann dir helfen. Das ist gerade unpassend. Keine Panikattacke kriegen. Untersteh dich.

Die Panikattacke ließ sich davon aber nicht beeindrucken. Sie kam immer näher und streckte ihre eiskalten Finger nach dem Jungen aus...

Ein Fehler? [Taekook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt