Teil 8

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„Ich glaube dir nicht", wiederholte Jungkook lächelnd, „Du spielst. Du bist ein guter Schauspieler, Tae. Du hast Talent und das weißt du. Aber ich sehe, wann du es ernst meinst und wann du nur lügst. Ich kann es in deinen Augen sehen. Du siehst aus, als würdest du einen Text lesen." Taehyung schnaubte und erwiderte Jungkooks Blick. Diese verweinten Augen bereiteten ihm große Schmerzen. „Wenn es dir dann leichter fällt, deinen Liebeskummer zu verarbeiten...", murmelte er sauer. Er senkte den Kopf. Es ging nicht, er konnte ihn nicht ansehen. Das starre Lächeln in seinem hübschen, tränenüberströmten Gesicht und die Verzweiflung in seinen Augen...

Der Junge hatte recht. Taehyung war Schauspieler mit Leib und Seele. Aber es schien nicht zu funktionieren, was er hier zu spielen versuchte. Tae atmete tief durch und versuchte, sich noch ein deutlicheres Bild von der Rolle auszudenken, damit es ihm leichter fiel, in sie hineinzuschlüpfen und Jungkook so zu überzeugen.

„JK. Mach es dir und mir nicht so schwer." Tae verzichtete bewusst auf das kleine Wörtchen ‚uns'. „Tae", flehte Jungkook, „Habe ich was falsch gemacht? Oder etwas Falsches gesagt? Ich kann das wiedergutmachen, aber bitte lass uns nicht so auseinandergehen. Lass es nicht im Keim ersticken. Das, was gestern zwischen uns war... das kannst du nicht ignorieren. Du hast es auch gespürt. Das habe ich dir angesehen." Tae schüttelte den Kopf und ließ selbigen dann sinken. „Jungkook. Im Ernst. Lass es gut sein", sagte er müde, „Zwischen uns war – oder ist – überhaupt nichts. Und ein uns gibt es auch nicht. Begreif das. Ich habe einen Fehler begangen, das sehe ich ein. Ich hätte dich nicht benutzen dürfen. Aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Also vergiss das schleunigst wieder und vor allem, um Gottes Willen, lass mich in Frieden damit!" Es gelang ihm sogar, abweisend und reuig zu klingen, was ihn allerdings große Mühe kostete. Jungkook erweckte den Anschein, als würde er gleich einen Heulkrampf bekommen. Als würde er kurz vor einer erneuten Panikattacke stehen, so blass und verletzlich sah er aus. Taehyung brach es das Herz, ihn so zu sehen. Er wollte ihn umarmen, ihm übers Haar streichen, wenn er weinte und ihm sagen, dass alles nur ein mieser Scherz war. Doch das konnte er nicht. Er durfte es nicht. Man hatte ihm gesagt, dass er es nicht durfte.

Er zwang sich also, hart zu bleiben und wandte den Blick ab, um das kleine Elend, das vor ihm stand, nicht sehen zu müssen.

„Und jetzt müssen wir los. Die Veranstaltung fängt gleich an und ich will nicht von mir behaupten, dass ich zu so einer bedeutenden Preisverleihung zu spät gekommen bin, kapiert?" Er rappelte sich auf und steuerte Richtung Ausgang. Wollte er zu der Tür gelangen, musste er aber an Jungkook vorbei. Der packte ihn am Handgelenk, als der sich an ihm vorbeischlängeln wollte. Tae blieb stehen und drehte ihm den Kopf zu. Jungkook sah ihn an. In den Augen des Jüngeren konnte V genau sehen, wie verletzt und verstört Jungkook war. Dieser Ausdruck brannte sich in sein Gedächtnis ein, denn es war seine Schuld. Seine Schuld, dass der Junge so geschockt und am Boden zerstört war. Hatte es Jungkook wirklich so viel bedeutet?

„Warte. Tae. Bitte hör mir zu. Eine Minute. Findest du nicht auch, dass das hier gerade ein bisschen mehr Priorität hat, als so ein blöder Preis? Wir sind noch lange nicht dran, das weißt du. Und schlimmstenfalls sind die anderen doch da, um ihn entgegenzunehmen." Tae schnaubte. Ja. Es war ja nur ein Preis, irgendeine unbedeutende Trophäe, keine weltweit angesehene Auszeichnung für das von ihnen hart erarbeitete Lebenswerk. Aber er wusste, dass Jungkook gerade nichts wichtiger war als dieses Gespräch. Er wollte es verstehen. Und um ihn zu überzeugen, musste er dafür sorgen, dass Jungkook glaubte, es verstanden zu haben.

Der Ältere schwieg. Wenn Jungkook ihn noch länger mit diesen flehenden großen mit Tränen gefüllten Augen ansah, würde er einknicken und ihm die Wahrheit sagen, die volle und ganze Wahrheit. Aber andererseits musste er das Risiko eingehen, damit er Jungkook nicht nur das Herz brach und ihn mit den zerbrochenen Teilen alleine ließ, sondern ihm half, die Splitter wieder aufzusammeln. Er wollte ihn nicht komplett zerstören.

„Bitte. Tae. Eine Minute", verdeutlichte der Junge und sah ihn drängendan. Tae seufzte, zog seine Hand zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.„Die Uhr tickt", sagte er.

Ein Fehler? [Taekook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt