6. Anruf

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"Guten Tag, Sie sprechen mit dem Hei-"

"Ich bin's."

"Ich weiß."

"Warum begrüßt du mich dann noch so?"

"Damit du dich darüber ärgern kannst."

"Das ist aber nett! Ich stand letzte Woche übrigens vor einem Problem."

"Und zwar?"

"Ich wusste nicht, wie ich dich einspeichern soll. Ich kenne ja nicht mal deinen Namen."

"Wie hast du mich denn jetzt gerade eingespeichert?"

"Als Guten-Tag-Sie-Sprechen-mit-dem-Heimwegtelefon-Jungen."

"Du könntest mich auch einfach als Mario einspeichern."

"Uh, der Name gefällt mir!"

"Danke, beziehungsweise leite ich das an meine Eltern weiter."

"Hallo Mama und Papa, das Ich-unterbreche-alles-und-jeden-Mädchen findet meinen Namen schön!"

"Naja, eher das Mir-ist-jede-Meinung-egal-ich-mache-einfach-was-ich-will-Mädchen."

"Hey!"

"Du kannst mir sowieso nicht widersprechen, weil du ganz genau weißt, dass es stimmt."

"Sag mal, was machst du eigentlich in deiner Freizeit noch so, außer mit komischen Leuten zu reden?"

"Du kannst doch nicht immer das Thema wechseln, wenn du keine Lust mehr auf das vorherige hast!"

"Das konnte ich vorher doch auch immer."

"Sag mir wenigstens noch wie du heißt."

"Peach."

"Ja, klar."

"Hey, du kannst dich doch nicht einfach so über meinen Namen lustig machen!"

"Doch, weil es nicht dein Name ist."

"Gut, ich bin Mai."

"So wie der Monat?"

"Nee, so wie ich."

"Heißen dann deine Geschwister September und Januar?"

"Nee, April und August."

"Du meine Güte, wirklich?"

"Nein, natürlich nicht!"

"Naja, das kann doch sein."

"Ich mag deine Leichtgläubigkeit, Mario."

"Milo."

"Was?"

"Ich bin nicht Mario. Ich heiße Milo. Wer ist jetzt leichtgläubig?"

"Du bist so doof."

"Nee, Milo."

"Und unwitzig auch."

"Komisch, über all die unwitzigen Sprüche im Radio hast du laut gelacht."

"Was?"

"Du weißt genau, was ich meine."

"Wie hoch ist bitte die Wahrscheinlichkeit, dass du genau dann genau den Radiosender hörst?"

"Ziemlich hoch. Meine Eltern hatten am Wochenende Geburtstag, weshalb ich zu Hause war. Und die lieben den Radiosender, beso-"

"Deine Eltern?"

"Ja, sie haben am gleichen Tag Geburtstag."

"Aber sie sind keine Zwillinge?"

"Natürlich nicht! Aber das ist eine ziemlich lustige Geschichte. Sie wollten beide ihren 20. Geburtstag feiern und hatten dafür die gleiche Bar reserviert. Leider – beziehungsweise eher zum Glück – hatte der Kellner einen Fehler gemacht und vergessen die erste Reservierung einzutragen, weshalb die zweite zugelassen wurde. An ihrem Geburtstag trafen dann beide aufeinander und mussten gemeinsam den Tag in der Bar feiern. Den Rest kannst du dir denken."

"Das ist so süß, mir fehlen echt die Worte. Aber lass mich raten, sie haben dich Milo genannt, weil der Kellner so hieß?"

"Nicht ganz, die Bar."

"Das ist ja lustig."

"Siehst du, ich kann auch lustig sein."

"Naja, dass das lustig ist, liegt ja nicht an dir."

"Ich wette du kannst keine so gute Geschichte zu deinem Namen erzählen."

"Meine Mutter liebt Maiglöckchen."

"Ich dachte du heißt so, weil du im Mai geboren wurdest."

"Nee, ich habe im März Geburtstag."

"Wie bescheuert!"

"Jetzt machst du dich doch über meinen Namen lustig!"

"Natürlich. Wie kommt es eigentlich dazu, dass du ein Praktikum beim Radio machst?"

"Meine Mutter arbeitet dort als Wetterfrau."

"Ich meine eher, wieso du ein Praktikum dort machst."

"Weil ich bis Oktober wissen muss, was ich mit meinem Leben anfangen soll."

"Hast du dieses Jahr dein Abitur gemacht?"

"Genau."

"Und wie gefällt es dir im Radio?"

"Nicht gut. Zum Glück war gestern mein letzter Tag dort."

"Und was hast du sonst noch so für Ideen, was du machen möchtest?"

"Keine. Ich bin jetzt übrigens auch zu Hause."

"Warst du nicht die ganze Zeit schon zu Hause? Ich hab den Fernseher im Hintergrund gehört."

"Ja, aber ich kann mich langsam nicht mehr wachhalten. Wenn du jetzt nicht auflegst, darfst du die gleiche Erfahrung machen, wie ich damals mit Günther."

"Tja, mit so einem Radiojob kann man nicht mehr bis drei Uhr nachts wach bleiben."

"Du sagst es."

"Na dann, schlaf gut."

"Du auch."

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