Letzter Anruf

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"Hallo?"

"Wo bist du?"

"Draußen. Mir ist von der stickigen Luft schlecht geworden."

"Geht's dir schon besser?"

"Ja. Wo bist du?"

"Ich bin noch hinter der Bühne. Hier herrscht riesiges Chaos."

"Kannst du rauskommen?"

"Ja, aber das dauert eine Weile."

"Ich kann dir auch entgegen kommen. Aber die Gänge sehen sehr voll aus."

"Wir kriegen das schon hin. Sag mal, warum hast du mir nicht erzählt, dass dein Vater im Rollstuhl sitzt?"

"Warum sollte ich?"

"Naja, jetzt macht das alles Sinn, dass er an die Organisationen spenden will, die sich für behinderte Menschen einsetzen. Und dass er erzählt hat, dass er als Schauspieler hier in dem Theater angefangen hat, aber kein Autor einen Rollstuhlfahrer in seinem Theaterstück gebrauchen konnte und er nach dem Unfall deshalb nicht mehr als Schauspieler arbeiten konnte. Das hat mich richtig traurig gemacht."

"Immerhin hat er seinen Weg gefunden und ist glücklich damit."

"Das stimmt. Was wird aus dem Theater eigentlich? Das habe ich dich irgendwie nie gefragt."

"Der neue Besitzer ist ein Bekannter des Chefs vom Milo. Er will hieraus ein kleines Kino machen, inklusive einer Bar. Damit dieser Ort nach wie vor zum Zusammenkommen von Menschen dient."

"Wow, wie wunderschön. Dann kannst du mich ja da auf den 69er Cocktail einladen."

"Da hast du was falsch verstanden. Ich habe die Wette gewonnen, du zahlst also."

"Wer hätte schon damit gerechnet, dass du mich so lange aushältst."

"Ich glaube nicht einmal ich."

"Okay, ich bin aus dem Bühnenbereich raus. Der Gang ist aber voller Menschen."

"Ich warte am Ausgang."

"Okay."

"Oh, aber du weißt doch gar nicht, wie ich aussehe!"

"Doch. Schwarzes, längeres Haar, das weiße Hemd, das hohe Trinkgeld."

"Woher-"

"Der 69er Cocktail hat dich verraten. Also als du ihn als Gewinn für die Wette vorgeschlagen hast. Da hat es plötzlich Klick gemacht."

"Aber wie kamst du darauf?"

"Eine Woche zuvor hattest du schon mal am Tresen gegessen und erzählt, du seist Tourist. Und dann tauchst du wieder auf und hast deinen Ausweis vergessen? Als 20-jähriger Mann? Als Tourist? Du konntest ihn mir bloß nicht zeigen, weil ich dann deinen Namen rausgekriegt hätte."

"Du bist so verdammt gut."

"Du sahst so verdammt gut in dem weißen Hemd aus."

"Meinst du das ernst?"

"Ja."

"Ich bin nur überrascht, weil du normalerweise nie etwas ernst meinst."

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