Kapitel 6 - Süß, wie sie mir jetzt alle schreiben

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Als meine Finger schrumpelig und meine Beine vom sprudelnden Wasser langsam taub wurden, stieg ich aus dem Whirlpool und schnappte mir einen Bademantel, der auf einem Hocker bereitlag. Volkan folgte meinem Beispiel, stellte die Düsen des Pools ab und pustete die restlichen Kerzen aus, die noch nicht heruntergebrannt waren. Auf leicht zittrigen Knien ging ich rüber ins Zmmer und ließ mich seitwärts zwischen Volkans Sachen, die er hier abgelegt hatte, auf das weiche Himmelbett fallen. Ich stützte meinen Kopf auf einer Hand ab und beobachtete Volkan dabei, wie er gegen die Wand gelehnt dastand und auf sein Handy schaute. 

  "Für wie lange hast du das Zimmer gebucht?", fragte ich ihn. 

  "Eine Nacht. Wir können gerne hier bleiben."

Ich nickte zustimmend. Das Bett war so weich und gemütlich, und es fühlte sich hier ein bisschen wie Urlaub an. Ich hatte schon öfter Uni geschwänzt, da kam es auf einen Tag mehr auch nicht an, wenn wir morgen ausschlafen wollten... ich nahm seine Sonnenbrille von seinem Klamotten-Haufen und setze sie mir spaßeshalber auf. Ich schob sie mir bis zur Nasenspitze runter und schaute über den Brillenrand zu Volkan.

 Er lächelte, warf sein Handy vor mir aufs Bett und ging zur Minibar. 

  "Bock auf 'nen Drink?", fragte er mich. 

  "Was gibt's?"

  "Bombay. Das gute Zeug. Ich mach dir 'nen Gin Tonic."

Ich nickte. "Wie spät ist es eigentlich?", fragte ich, wartete aber nicht seine Antwort ab, sondern schaute stattdessen auf sein Handy. Überrascht bemerkte ich das Bild, das mir auf dem Sperrbildschirm entgegenleuchtete. "Süß, du hast uns als Hintergrund", sagte ich und ließ meine Stimme absichtlich desinteressiert klingen. In Wirklichkeit schmolz ich gerade dahin. 

Volkan zuckte bloß mit den Achseln. Ich holte mein eigenes Handy aus meiner Handtasche und scrollte durch meine Galerie. An dem Abend damals hatte Sasan so viele Bilder in unsere Gruppe geschickt, dass mir dieses gar nicht so aufgefallen war. Ich betrachtete es und stellte fest, wie sehr ich es mochte. Ich sah zwar dezent scheiße aus, wie ich da so übertrieben lachte. Aber Volkan war dafür umso schöner. Er hatte seine Sonnenbrille auf - ich bevorzuge eigentlich Bilder, auf denen er ohne zu sehen war - aber er schmunzelte so süß und hatte seinen Arm beschützend um mich gelegt.

  "Ich glaube, das poste ich auf Insta", sagte ich. Volkan setzte sich neben mir aufs Bett und schaute mir über die Schulter. Er stieß einen überraschten Laut aus. "Darf ich? Ist okay, wenn nicht", sagte ich. 

Er zögerte. 

  "Ich muss auch nicht."

  "Markier mich", sagte er nur, und ich wusste nicht, ob er es ernst meinte. 

Ich lud es hoch. Als Bildunterschrift schrieb ich 'Nur du und ich, Baby', ein Zitat aus einem seiner Songs. Wenn Volkan mehr Romantik von mir wollte, konnte er das haben. Hoffentlich würden es die Leute, die das sahen, eher sarkastisch auffassen, und nicht denken, dass ich jetzt einen auf ach so süßes Couple machen wollte. Irgendwie war ich mir nicht ganz sicher, warum ich es überhaupt posten wollte. Irgendwo in meinem tiefsten Innern regte sich mein schlechtes Gewissen, das sehr wohl meine Beweggründe kannte - ich konnte mich über all die Leute, die nur Kontakt zu mir suchten, weil ich Apache kannte, beschweren, so viel ich wollte. Zumindest zum Teil genoss ich einfach die Aufmerksamkeit. Würde es nicht jedem so gehen? Oder war ich einfach nur eine Heuchlerin?

Während Volkan uns Getränke mixte, fiel mir der kleine Beutel ein, der neben meiner Handtasche lag. "Ich bin gleich wieder da", sagte ich und versuchte, ihn unauffällig mit ins Bad zu schmuggeln. 

Im Badezimmer zog ich mir den roten Spitzen-Body an. Ich betrachtete mich in dem riesigen Spiegel an der Wand. 

Gewagt. Sehr gewagt. 

Bitte, Baby, brich mir nicht das HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt