Kapitel 9 - Anders

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V O L K A N

Ich wachte auf und hatte ein Bündel Haare im Gesicht. Ich wusste nicht, ob es meine eigenen oder die von Lisa waren. Sie lag auf meinem Arm, der schon völlig taub war, und ihr Hintern war an meine Hüfte gepresst. Sie schnarchte leise. Ich musste lächeln - wenn ich ihr erzählte, dass sie manchmal schnarchte, würde sie aus Peinlichkeit wohl nie wieder bei mir schlafen. Vorsichtig zog ich meinen Arm unter ihr hervor, ohne sie zu wecken. Ich musste unheimlich dringend aufs Klo, aber mit einer Morgenlatte macht sich das immer beschissen, also nahm ich stattdessen mein Handy vom Nachttisch. Ich hatte eine Nachricht von Julian. 

bausashaus: Foto

bausashaus: was habe ich dir gesagt? 

Ich rieb mir die Augen. Ich musste mir den Text auf dem Bild ein paar Mal durchlesen, bis ich verstand, worum es ging. Es war anscheinend eine Presseanfrage. Das meiste war sinnloses Gelaber. Julian hatte mir die relevante Stelle mit Textmarker hervorgehoben;

'... in Erfahrung gebracht, dass sich der unter Ihrem Label (Two Sides GbR) unter Vertrag befindliche Künstler, Apache 207, derzeit in einer Beziehung befindet. Können Sie diese Information von offizieller Stelle bestätigen? Unsere Leser würden sich außerdem sehr für ein Interview mit dem Künstler selbst interessieren. Bitte senden Sie uns mögliche Gesprächstermine zu, gern per E-Mail an...'

Oh, klasse.

apache_207: von wem kam das?

Schwerfällig stand ich auf und schleppte mich ins Bad. Ich zog mir meine Unterhose aus und ließ sie auf den Boden fallen. Bevor ich unter die Dusche ging, sah ich eine neue Nachricht auf meinem Handy aufleuchten. 

bausashaus: irgendein  winziges Käseblatt. aber du kannst sichergehen, dass die darüber schreiben, auch wenn wir nicht antworten. genau das meinte ich letztens. wenn wir nicht aufpassen, steht das bald noch in der BRAVO. keine sorge, ich lass das mal von den anwälten checken.

Als würden wir hier Staatsgeheimnisse hüten. Mich nervte es ja auch, aber eher, weil ich keinen Bock hatte, dass mein Liebesleben öffentlich ausgeschlachtet wurde. Es stand so schon viel zu viel Scheiß über mich im Netz. Wenn es Julian wenigstens darum gehen würde - aber der  hatte ja nur die Groupies im Kopf, die (Gott bewahre) - vielleicht keine Tourtickets  mehr kaufen würden. Lächerlich.

apache_207: sei doch froh. DAS ist doch gute promo für die tour. 

Ich verkaufte schließlich meine Musik, nicht meinen Körper. Julian wäre es wahrscheinlich lieber, ich würde beides tun. Manchmal ging es den Leuten nur um die Kohle. 

* * *


L I S A

Ich tastete hinter mir das Bett ab und fand es leer vor. Ich drehte mich um und rieb mir dabei den Schlaf aus den Augen. Aus dem Badezimmer klang das Rauschen der Dusche. Gähnend stand ich auf, streckte mich und tapste in Richtung Bad. Im Flur stolperte ich über Volkans Shirt, das er gestern achtlos hier liegen gelassen hatte - ich hob es auf und betrachtete die Flecken genauer. Eindeutig Blut. Ich hatte keine Lust zu fragen, was gestern bei ihm abgegangen war. Es lag ohnehin so gut wie auf der Hand - aber wenn ich jetzt darüber nachdachte, würde ich einen Streit anfangen, und das wollte ich lieber vermeiden.

Durch das Milchglas der Dusche sah ich die schemenhaften Umrisse von Volkans nacktem Körper. Leise zog ich mir meine Schlafsachen aus (der Satin-Schlafanzug lag immer noch neben dem Bett, ich hatte es vorgezogen, mir etwas bequemeres überzuziehen)  und schlüpfte vorsichtig in die Dusche. Ich schlang von hinten die Arme um ihn. Das heiße Wasser brannte auf meiner Haut. Volkan drehte sich zu mir um und ich wollte zu ihm hochsehen, musste aber die Augen zusammenkneifen, als mir das Wasser ins Gesicht lief. 

Bitte, Baby, brich mir nicht das HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt