Kapitel 8 - Das Blut an meinem Shirt ist nicht meins

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Ich saß in eine weiche Kuscheldecke gewickelt auf Nesrins Bett und nippte an dem Tee, den sie mir gekocht hatte. Meine Augen fühlten sich geschwollen an vom Weinen, ansonsten ging es mir aber wieder gut.

  "Wow, da hattest du ja echt Glück, dass ich gerade raus bin", sagte sie schockiert, nachdem ich ihr erzählt hatte, was passiert war. Sie reichte mir ein Stück Schokolade und ich nahm es dankend an. 

  "Wo wolltest du eigentlich hin? Ich will dich hier von nichts abhalten", sagte ich. Ich wollte ihr vor allem nicht zu sehr auf die Pelle rücken. Sie war gerade so nett zu mir. Das ich gar nicht verdient, nachdem ich die ganze Zeit so abweisend zu ihr gewesen war.

  "Zu Sasan. Ich hab ihm schon geschrieben, dass ich nicht komme, also kein Problem."

  Ich musste grinsen. "So spät noch? Netflix and Chill?"

  Nesrin lachte. "Ehrlich gesagt, ja. Aber wehe, du sagst irgendwas dazu!"

Kurz lachten wir zusammen, dann verfielen wir in betretenes Schweigen. Wir wussten beide nicht, wo wir hinsehen sollten, und als sich unsere Blicke trafen, lächelten wir uns unbeholfen an und schauten dann wieder weg. 

  Ich nippte am Tee. Es war so schön, wieder mit ihr zu reden, trotz der Umstände, die uns hierher geführt hatten. Ich würde es nicht aushalten, weiterhin getrennte Wege zu gehen. Ich fasste mir ein Herz. "Nesrin, es tut mir leid, dass ich dich in letzter Zeit ignoriert habe. Ich weiß, du wolltest mich nie verletzen, und ich war so eine Bitch zu dir..."

  "Ey, hör auf! Ich hab doch dich ignoriert", unterbrach sie mich. "Ich dachte schon, du willst nie wieder was mit mir zu tun haben!"

  "Und wie ich das will! Ich hab' dich so vermisst." 

Nesrin legte die Schokoladentafel beiseite und umarmte mich stürmisch. Mir schwappte ein bisschen Tee in den Schoß. 

  "Wieder Freunde?", fragte sie und ich sah, dass sie Tränen in den Augen hatte. 

  "Unbedingt", antwortete ich, ebenfalls den Tränen nahe, diesmal allerdings Tränen der Freude. Ich war verblüfft, dass es so einfach gewesen war - war das wirklich alles, was es all die Wochen gebraucht hätte, um wieder zueinander zu finden? Verdammt, ich war so dumm, dass ich nicht einfach eher mit ihr gesprochen hatte. 

  "Jetzt erzähl mal, was läuft nun zwischen dir und Sasan?", fragte ich, in dem Versuch, so schnell wie möglich wieder die alte Normalität zwischen uns herzustellen.

  "Oh, ich wünschte, ich wüsste es. Der Typ ist nicht zu fassen! Wo soll ich anfangen..."

Zufrieden lächelnd lehnte ich mich zurück und hörte Nesrin zu, wie sie mich über wochenlangen Gossip auf den neuesten Stand brachte.

* * *

  "Du solltest zur Polizei damit gehen!", rief Sasan entsetzt. Er, Nesrin, Volkan und ich saßen gerade bei Volkan zuhause. Die Jungs hatten sich zum Zocken getroffen, und Nesrin und ich waren nach der Uni rübergekommen, weil wir alle zusammen etwas essen und danach feiern gehen wollten. Nesrin und ich hatten den beiden gerade von dem Vorfall mit Conrad am Abend zuvor erzählt. Mir schauderte es immer noch, wenn ich daran dachte, aber mit etwas zeitlichem Abstand überwog doch die Freude darüber, dass ich ohne einen Kratzer aus der Sache herausgekommen war. Und irgendwie hatte es ja auch etwas Gutes gehabt - Nesrin und ich verstanden uns wieder, als wenn nie etwas gewesen wäre.

  "Oder wenigstens zum Studienrat oder so", meinte Nesrin zum wiederholten Male.

  Ich schüttelte den Kopf. "Ich will das nicht. Passt schon."

Bitte, Baby, brich mir nicht das HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt