Kapitel 23 - Zu viele Gedanken

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  "Wieso hat er Schluss gemacht?", fragte ich.

  "Ich hab ihm an den Kopf geworfen, dass er keine andere küssen würde, wenn er mich wirklich lieben würde. Und er hat mir einfach zugestimmt." Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

  "Oh Nessi-" 

  Ich wollte sie in den Arm nehmen, aber sie wich mir aus. "Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich will, dass du verschwindest!", schrie sie mich an. 

Ich rührte mich nicht vom Fleck. Ich konnte sie auf keinen Fall verlieren. Nicht schon wieder, nicht wegen irgendwelcher Kerle.

  "Ich konnte nichts dafür!", versuchte ich, mich zu erklären. "Er hat mich geküsst, nicht ich ihn. Ich schwöre, ich wollte das nicht-"

  "Ich weiß!", explodierte sie. Die Tränen liefen ihr jetzt die Wangen hinunter. "Das ist ja das, was mich so ankotzt! Wenn wenigstens du ihn  geküsst hättest, wären wir irgendwie quitt wegen dem mit Volkan. Aber es kotzt mich an, dass er dich mehr will als mich. Dass dir alle Typen immer hinterhergeiern - bevor du mit Volkan zusammen gekommen bist, hat mich Musti bestimmt wöchentlich gefragt, ob ich ihm deine Nummer gebe. Und natürlich bekommst du den begehrten Rapper ab. Und solche tollen Typen wie Paul - ja ja, ich weiß, er hat dich mitten im Nirvana stehen lassen, aber weißt du, mich hat noch keiner irgendwo stehen lassen, weil mich keiner überhaupt nach einem Date fragt!" Ihre Unterlippe zitterte. 

  "Ist das  dein Problem?", fragte ich verblüfft und konnte nicht verhindern, dass ich laut lachte. Sie funkelte mich an. Ich packte sie an den Schultern und sah ihr eindringlich in die Augen. Ich ignorierte, dass sie mich abzuschütteln versuchte. "Nessi, weißt du, warum die Jungs dich nicht anbaggern? Weil die alle wissen, dass Sasan schon ewig auf dich steht! Wenn du wüsstest, wie die dir auf den Arsch gucken, sobald du dich umdrehst!" 

Nesrin hörte auf, sich gegen meine Berührung zu wehren. "Echt?", fragte sie leise. "Ach, egal, das macht das mit Sasan auch nicht besser", jammerte sie dann.

  "Ich weiß", sagte ich. "Aber bitte, lass mich nicht wieder allein. Wir stehen das zusammen durch, okay?"

  Sie nickte betreten. "Tut mir leid. Ich bin auch gar nicht sauer auf dich, die Situation ist nur scheiße."

Wir gingen beide zu ihrem Bett und setzten uns nebeneinander darauf. Sie umschlang ihre Beine mit den Armen und stützte das Kinn auf ihren Knien ab. "Was sagt eigentlich Volkan dazu?", fragte sie. 

  "Keine Ahnung. Hatten gerade anderes zu tun, als darüber zu reden."

  "Oh?"

  "Ist jetzt nicht wichtig." Ich strich ihr einmal über den Arm und stand auf, um in die Küche zu gehen. "Jetzt gibt's erstmal heiße Schokolade für dich."

* * *

Ich fühlte mich, als sollten all die Anspannungen der letzten Wochen mit einem Mal von meinen Schultern abfallen. Ich war mir sicher, dass aus Miriams Richtung nichts mehr zu erwarten war. Ich war mir außerdem inzwischen völlig sicher, dass Volkan mich nicht mit ihr betrogen hatte - davon hätte sie doch garantiert heimlich ein Video gedreht und mir zugeschickt. Seine Tour war vorbei. Die Freundschaft mit Nesrin hatte ich ja auch endlich wieder - sie machte mich zum Glück nicht weiter dafür verantwortlich, was mit Sasan passiert war. Für die beiden schien allerdings keine Hoffnung mehr zu bestehen. Selbiges schien für die Freundschaft zwischen ihm und Volkan zu gelten. So viel ich wusste, hatten sie sich nur noch einmal getroffen, Sasan hatte gebeichtet und Volkan ihn angeschwiegen - seitdem herrschte Funkstille. Ich hoffte, Volkan würde es ihm irgendwann verzeihen.

Bitte, Baby, brich mir nicht das HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt