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Not evil, just hurt
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Ich hatte tatsächlich nach dem dritten Anruf erneut Glück bei Mister Adisson und schaffte es mich mit ihm für den nächsten Tag zu verabreden. Er hatte sich erst geweigert, aber da ich drohte ihn mit Anrufen und Briefen zu belagern, gab er nach.
„Erwarten sie nicht, dass sie viel mehr erfahren werden, als in dem Artikel steht", hatte er noch gesagt und schließlich wieder aufgelegt.
Für mich war es das wert, denn mich ließ der Verdacht nicht los, dass da noch mehr hinter steckte. Auch wenn ich Remus und mir tatsächlich eine Chance geben wollte, musste ich erst wissen, ob die Familie Shelby bei der Sache ihre Finger im Spiel hatte.
Mich beschlich ein ziemlich schlechtes Gewissen, weil ich Remus die Chance geben wollte, mir nach und nach alles zu erzählen. Genauso wie ich ihm einiges zu erzählen hätte, wenn das Vertrauen erst mal da wäre. Aber das dauerte mir zu lange. Bei so etwas tiefgreifenden musste ich wissen ob es stimmte oder nicht, bevor ich mich auf ihn einließ und ernsthaft Gefühle entwickelte.

Am Morgen warteten Jace, Remus und Ric auf mich, bereit mit mir zu laufen und nicht Auto zu fahren. Etwas unsicher, weil ich nicht wusste wie ich Remus begrüßen sollte, ein Kuss war mir definitiv zu früh, begrüßte ich alle mit einem 'Hey' und lief dann einfach los.
„Wie war der Wandertag bei euch eigentlich?", fragte ich Jace nach einer Weile, da er zu mir aufgeschlossen hatte.
„Langweilig. Wir haben ein paar Museen besucht und waren danach noch zusammen essen", erklärte er und lachte.
„Wie gehts eigentlich deiner Hand. Das ist ja jetzt auch schon etwas her", sagte er auf einmal.
Ich zeigte ihm den Schnitt, der noch einige Zeit zu sehen bleiben würde, jedoch schon weitaus besser aussah, als noch vor zwei Wochen. Er war leicht rot und etwas verkrustet, aber nicht mehr so dick und blutig.
„Da hast du echt noch mal Glück gehabt. Nächstes mal gehst du gleich zum Arzt!", meinte er drohend und lachte dann.
Ich wollte gerade etwas erwidern, als mir ein größer werdender roter Fleck an seinem Shirt auffiel.
„Ich will ja nicht neugierig klingen, aber hast du dich verletzt?"
Ich blieb unbewusst stehen und griff nach seinem Shirt, um es etwas hochzuziehen. Jace konnte nicht schnell genug reagieren, denn ich hatte die Mullbinde, die Blutgetränkt war, schon gesehen.
„Oh verdammt, was ist passiert?", fragte ich erschrocken.
„Warum heilt es nicht!", knurrte Remus und trat ebenfalls neben mich.
Er zog das Pflaster an einer Ecke ab und zum Vorschein kam eine Wunde, etwa so breit wie eine Pfeilspitze.
„Hat jemand auf dich geschossen? Ich glaub ich dreh gleich durch!"
Ich musste den Blick abwenden und tief durchatmen, da ich schon spürte, wie sich meine Lungen verkrampften.
„Ihm gehts gut, Ric bringt ihn nach Hause", erklang Remus Stimme und er ergriff meine Schulter.
Sanft fasste er auch mein Kinn und sah mir tief in die Augen.
„Es wird alles gut."
Ich schüttelte den Kopf und ging wieder zu Jace, der sich auf Ric abstützte und eine Hand auf die Wunde presste.
„Er muss sofort ins Krankenhaus!", schrie ich beinahe und kramte nach meinem Handy.
„Nein, er geht nach Hause!", befahl Remus und nahm mir mein Handy weg.
Erschrocken presste ich meine Hände an meine Brust und sah schwer atmend von ihm zu Jace. Remus seufzte und fuhr sich durchs Haar.
„Tut mir Leid, aber unsere Mutter weiß was zu tun ist. Ric, bring ihn schnell zurück!"
Ich ließ zu, dass Remus mich zu sich zog und weiter den Weg entlang ging zur Stadt hinunter. Meine Gedanken kreisten um Jace und die Wunde, die gar nicht gut ausgesehen hatte.
„Er wird schon wieder, mach dir nicht so einen Kopf", erklang Remus Stimme und er legte einen Arm um meinen Körper und zog mich zu sich.
Schweigend gingen wir neben einander her und versuchten beide mit der Situation umzugehen.
„Wieso hast du gefragt, weshalb es nicht heilt? Was meinst du damit?"
Er schwieg einen Moment und mich beschlich der Verdacht, dass er sich erst eine Lüge zurechtlegen musste.
„Irgendwann setzt ja die Wundheilung ein, eine Kruste entsteht und so weiter. Meine Mutter hat mir das mal alles erklärt. Vermutlich hat er sich zu ruckartig bewegt und es ist wieder aufgerissen", sagte er schließlich.
„Hauptsache er wird wieder", erwiderte ich, da ich mir denken konnte, dass eine weitere Diskussion keinen Sinn ergab. Jace wurde von etwas getroffen und es sah an dieser Körperstelle eher weniger nach einem Unfall aus.
Schweigend erreichten wir das Schulgebäude und unsere Wege trennten sich wie von allein. Ich wurde sofort von Madison in Beschlag genommen, die erst von Remus tollem Haarschnitt sprach und danach von einem Jungen aus unserem Mathekurs, der so schöne Augen hatte.
„Hast du nach der Schule schon was vor, oder wollen wir ins Moon?"
Wir saßen in der Mensa vor unseren Essen und redeten über belanglose Dinge. Vor allem aber über Jungs. Zumindest Madison.
„Ich kann leider nicht, muss noch an meinen Geschichtshausaufgaben arbeiten. Aber wir können am Wochenende was machen", schlug ich vor und dachte an das kommende Gespräch mit Mister Adisson.
„Ja okay, lass uns dann noch mal schreiben!"
Ich lächelte zustimmend und versuchte noch etwas zu essen. Allerdings war ich sehr aufgeregt wegen des Gesprächs und auch wegen Jace. Er hatte mir zwar noch mal geschrieben, dass alles okay sei, doch ich hatte mich schon für heute Abend mit Filmen und Süßigkeiten angemeldet und er versprach sich zu schonen. Ich wollte mir selbst ein Bild von seinem Gesundheitszustand machen. Vielleicht könnte ich den Filmabend auch nutzen, um noch etwas über sie herauszufinden, falls Mister Adisson mich auf eine heiße Spur bringen sollte.

Der 𝕽𝖚𝖋 des WolfesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt