|38|

574 44 15
                                    

And if we should die tonight
Then we should all die together
—————

Darcan wollte mich scheinbar nun endgültig töten, denn sein Kampfschrei und das ausgerichtete Messer sprachen für sich. Noch im Lauf auf mich zu wurde er von einem Wolf erfasst und zur Seite gestoßen. Okay, vielleicht hatte Jace recht und ich sollte hier nun verschwinden. Ich konnte mich nicht verwandeln und auch sonst hatte ich keinerlei Kampfskills. Es wäre für alle leichter, wenn sie nicht permanent ein Auge auf mich haben müssten.
Ich rappelte mich auf und suchte nach einem Weg hinaus, ohne mit Kämpfenden zu kollidieren. Aber das Licht war hell und ließ mich kaum etwas erkennen. Blindlings rannte ich in die Richtung, in der ich die Schule vermutete und atmete erleichtert auf, als ich das Gebäude erkannte.
Ich stoppte erst, als ich den Schulhof fast komplett überquert hatte und drückte mich an die Wand des Schulhauses hinter den Treppen, die hinein führten. So war ich zumindest etwas geschützt und konnte ab und zu einen Blick auf den Beginn des Feldes werfen. Als Außenstehende konnte ich nun auch besser etwas erkennen, da mich das Licht nicht länger blendete. Es waren zehn oder elf Kampfpaare und ich glaubte tatsächlich auch jemand regungslos auf dem Boden liegen zu sehen. Mein Puls schoss noch weiter in die Höhe und Angst kroch erneut durch meine Venen. Was passierte hier nur?
Tränen brannten in meinen Augen und ich fühlte mich so erbärmlich, dass ich nicht helfen konnte. Ich brauchte nur irgendeinen Gegenstand, eine Waffe oder ähnliches, mit dem ich aus dem Hintergrund agieren konnte. Erschöpft rappelte ich mich wieder auf und überlegte. Vielleicht fand ich etwas in der Kammer des Sportlehrers. Er hatte nämlich eine zusätzlich an den Zuschauertribünen, um während des Trainings nicht bis ins Gebäude laufen zu müssen.
Ich atmete ein paar mal tief durch und sammelte mich. Hier ging es um mehr als um mich oder Remus. Diese Jäger waren bereit zu töten und ihre Brutalität kannte keine Grenze, wenn sie sogar unschuldige wie Madison einbezogen.
Ich beeilte mich die Kammer zu erreichen und verschwendete keine Zeit daran mich zu wundern, weshalb sie nicht abgeschlossen war. Es war unaufgeräumt und voller Zeug, was die Welt nicht brauchte. Ein Baseballschläger erweckte jedoch meine Aufmerksamkeit. Könnte ich damit wirklich jemanden verletzten?
Ich gehörte nicht gerade zu den mutigen Menschen, aber ich musste es versuchen. Mit wackeligen Knien schlich ich also wieder um die Tribüne herum und beobachtete die Lage.
Es war dieser Erasmus, der mir als erster ins Auge fiel. Er stand etwas abseits, sodass er perfekte Schussfreiheit hatte. Ihn musste ich definitiv erwischen, da er das Rudel schwächte, in dem er ihnen Pfeile ins Fleisch schoss.
Es war nebelig in dieser Nacht, was die Sicht noch mehr verschlechterte, mir aber auch etwas Schutz verschaffte. Ich konnte kaum Atmen, als ich hinter Erasmus trat und mit dem Schläger ausholte.
Für einen Moment fühlte ich mich tatsächlich stark und alles woran ich denken konnte war Remus, als ich den Holzschläger auf den Rücken des Jägers sausen ließ. Er fiel nach vorn und atmete zischend ein.
Geschockt von meiner Tat ließ ich den Schläger fallen und sah nach vorn, auf sein nächstes Ziel. Es waren Remus wölfische Bernstein Augen, die mich vertrauensselig ansahen. Ich musste lächeln, es ließ sich nicht verhindern. Jegliche Anspannung wich bei seinem Anblick von mir ab und ich glaubte, dass uns nichts mehr aufhalten könnte.
Das war bevor ein lauter Schrei erklang. Er war ohrenbetäubend und ging durch Mark und Bein. Es war mein Schrei, als ein stechender Schmerz in meiner Schulter explodierte und innerhalb weniger Sekunden meinen ganzen Körper erfasste.
Ich taumelte durch die Wucht des Schusses, doch ich ließ wehrte mich auch nicht gegen den kommenden Sturz. Dafür war ich zu sehr gelähmt vom Schmerz. Remus Augen blickten in meine und das war es, was ich sehen wollte, nichts anderes. Auch als ich die Augen geschlossen hatte und mich dem Schmerz, der nun auch in meinem Kopf pochte, hingab, sah ich ein grünes und ein bernsteinfarbenes Auge vor mir und wusste, dass alles richtig war.
-
Allwissender Erzähler p.o.v

Manch einer würde sagen, dass es vorhersehbar war. Zumindest James Darcan war sich dessen sicher. Er hatte darauf gesetzt, dass es passieren würde. Schließlich wollte er sie alle tot sehen. Den Alpha der Alphas zu töten war da der beste Anfang.
Nur hatte es eine List gebraucht, um ihn hervor zu locken. Valeria Nicholson war sein Köder und er war in die Falle gegangen, zumindest glaubten das die Jäger.
Mit Valerias Fall waren die Kampfhandlungen zum Erliegen gekommen und ein jeder lauschte dem Nachhall der Waffe. Als würden sie darin die Wahrheit hören.
Der Jäger James Darcan war der erste, der sich wieder fing. Immerhin war er derjenige, der abgeschossen hatte und dessen Plan allmählich in Erfüllung ging. Doch es war nicht der Alpha, den er jagte von dem das bestialisches Brüllen kam, das von Schmerz gepeinigt einen jeden in die Knie zwang. Es war niemand anderes als Remus Shelby, der, zurück in menschlicher Form, zu dem jungen Mädchen rannte und neben ihr nieder sank.
„Ihr werdet alle sterben!", stieß Darcan aus.
Sein Blutdurst war noch lange nicht gestillt und der Größenwahn würde ihn vermutlich noch das Leben kosten, das er so sehr verabscheute. Und trotz dieses Hasses gab er nie auf, sondern kämpfte ums Überleben, denn nur lebendig konnte er noch mehr Werwölfe töten. Doch sie war kein Werwolf. Sie war ein Mädchen, das niemanden geschadet hatte und das ließ die anderen Jäger stocken. Sie vertrauten ihrem Anführer, aber damit war er zu weit gegangen.
„Vertraut mir, es war richtig. Sie ist nicht unschuldig und nur so können wir ihn aus der Reserve locken", versuchte Darcan es ihnen zu erklären, denn scheinbar wusste er mehr als sie.
Mit ausgestreckter Waffe ging er auf Remus zu und schoss ohne zu zögern in seinen Rücken. Auch er ging zu Boden, wobei er sofort versuchte wieder aufzustehen. Die Kugeln waren jedoch in Wolfswurz getränkt, weshalb die Wunde nicht heilen konnte. Darcan zog sein Messer hervor und zog Valerias Körper mit der anderen Hand hoch, sodass sie halb auf seinem Arm lag. Die Wölfe, die noch bei Bewusstsein waren, begannen zu knurren und nur widerwillig nahmen die Jäger wieder ihre Positionen ein.
„Sie muss nur noch ein Mal für mich schreien", sagte Darcan und lächelte das schöne Mädchen an.
Ihre geschlossenen Augen waren von langen Wimpern umrahmt und etwas Blut bedeckte ihre Wangen, die unzählige Sommersprossen zierten. Ihr perfektes Gesicht, mit der geraden Nase und den leichten Wangenknochen, endete in Lippen, die zum Küssen einluden. Für einen Moment war Darcan mehr als abgelenkt und verzaubert von ihrem Anblick. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, ihr nicht schon vorher zu verfallen, doch nun hatte sie ihn in ihrem Bann. Lediglich die Ohnmacht verhinderte, dass er ihr vermutlich hörig geworden wäre.
„Fasst sie nicht an!", schrie Jace.
Der Zwilling, der den edlen Ritter spielen wollte, konnte nur schlecht verbergen, dass sein Herz ebenfalls für die rothaarige Schönheit schlug. Er war zu spät gekommen, sein Bruder hatte erst ihre Gedanken und dann ihr Herz für sich gewonnen und dennoch konnte sich Jace nie ganz von ihr lösen. Auch jetzt kamen ihm die Gedanken sie zu retten und dann zu küssen, doch er wusste, dass das momentan keine Bedeutung hatte. Er musste sein Rudel beschützen.
James Darcan hatte jedoch keine Angst vor ihm oder einem seiner Familienmitglieder. Sie waren gleich stark, die Jäger und Wölfe, und beide Seiten hatten inzwischen gleich viele Verluste einstecken müssen. Doch er würde sich diesen letzten Triumph nicht nehmen lassen.
Beinahe genüsslich, als gäbe es nichts anderes, was er tun wolle, stieß er die Klinge in Valerias Bauch und riss sie aus der Ohnmacht. Wie er es gewollt hatte schrie sie noch einmal laut auf, sodass die Vögel aus dem Wald aufstoben und danach ein Piepen in den Ohren der anwesenden erklang. Es war wie ein Zeichen, um erneut mit dem Kampf zu Beginnen und tatsächlich konnte man nicht behaupten, dass eine Seite angefangen hätte. Sie hatten alle zur selben Zeit den selben Gedanken und ließen daraufhin Taten sprechen.
Aber nicht nur die Kämpfenden setzen sich wieder in Bewegung. Auch der Alpha, den Darcan hatte anlocken wollen, hatte nun ihren Schrei gehört und sich augenblicklich verwandelt. So schnell wie seine Beine ihn trugen, preschte er durch den Wald, scheuchte die Tiere im Unterholz auf und hinterließ dennoch keine Spuren. Er war einer der größten Alphas, den die Natur je hervor gebracht hatte und er war eben dieser Natur, von allen Werwölfen auf der Welt, am nächsten.
In seinen Schatten lauerte die Nacht, so tief schwarz, dass sie ihren eigenen Geschöpfen manchmal Angst einjagte. Er wusste darum und wusste dennoch, dass er sich nie so menschlich gefühlt hatte, wie in den letzten Wochen. Seit er sie sah, regte sich etwas in seiner Brust, von dem er sich seit jeher abgewendet hatte. Ihren Schmerzenslaut zu vernehmen brachte dieses Gefühl in ihm zum Erbeben und kurz glaubte er selbst diesen Schmerz zu verspüren. Seine Beine liefen noch schneller und man sah lediglich einen Schatten über den Boden gleiten.
Auch die Kämpfenden bemerkten ihn nicht sofort, weshalb er das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte und mit einem Angriff drei Jäger ausschaltete. Ein weiterer folgte sofort und augenblicklich sah er sich Darcan gegenüber. Das Blut von Valeria haftete an den Händen des Jägers und glänzte im Licht der Scheinwerfer.
„Da bist du ja", zischte Darcan und grinste.
Seine Hände hielten zwei Waffen umklammert und sein Gesichtsausdruck versprach Leid, sollte er den Alpha erwischen. Doch der Jäger hatte sich und seine Leute überschätzt. Sie waren erschöpft vom Kampf und noch dazu wackelte ihr Vertrauen in Darcan, nach dem was er Valeria angetan hatte.
„Du solltest um dein Leben laufen, sonst töte ich dich!", knurrte der Alpha und kurz wich Darcan erschrocken zurück.
Der Alpha war in seiner Wolfsgestalt und dennoch hatte er seine Worte verstanden, etwas eigentlich unmögliches. Es bedurfte nur noch weniger Angriffe und schon wären die Jäger besiegt und in die Flucht geschlagen, sofern sie noch laufen könnten. Auch Darcan schien unsicher und blickte über seine Schulter nach hinten. Der Alpha wollt ihn wirklich nicht entkommen lassen, doch als er wegrannte, konnte er ihm nicht folgen. Alles zog ihn zu der Rothaarigen und er musste sie vorsichtig auf seine Arme nehmen, nachdem er sich verwandelt hatte.
„Was tut ihr da?", fragte Remus brüchig, der sich noch zugut an das letzte Treffen mit dem Alpha erinnern konnte.
Für einen Moment war dieser von dem Anblick der Schönheit gefesselt, ehe er die Schultern straffte und über das Feld zum Wald schritt. Er würde sie endlich in Sicherheit bringen.
„Ich lasse nicht zu, dass meiner Braut noch mehr Leid zugefügt wird!"
-
-
-
Ende Gelände🙈

Aber keine Sorge, ihr hört noch mal von mir, wie es weiter geht😉😘

Der 𝕽𝖚𝖋 des WolfesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt