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the wolf inside is breaking free
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Ich zog mir schnell eine neue Hose und 'nen anderes Shirt über, ehe ich wieder in meine dünne Jacke schlüpfte und mit einer Tüte voll Süßigkeiten zu den Shelbys marschierte. Mal wieder konnte ich gar nicht die Klingel betätigen, da hatte man schon die Tür geöffnet.
„Mister Shelby, Guten Tag", sagte ich überrascht, weil ich ihn erst sehr selten gesehen hatte.
„Hallo Valeria, komm doch rein. Und bitte nenn mich Holt", sagte er und machte eine einladenden Geste. Ich lächelte und drückte mich an ihm vorbei ins große Haus.
„Jace ist oben und Remus noch unterwegs, also willst du vermutlich zu Jace?"
„Ja, er hatte sich ja verletzt und da wollte ich etwas Krankenpflege machen", erklärte ich und hielt die Tüte hoch.
„Ihm geht es zum Glück schon besser, aber er wird sich sicherlich freuen."
Schnell ging ich die Treppe hoch und versuchte mich zu erinnern, welches Zimmer das von Jace war.
„Dritte Tür rechts", vernahm ich gedämpft Jace Stimme und ging zu der Tür.
„Woher wusstest du, dass ich da bin?", fragte ich lächelnd und warf ihm die Tüte entgegen.
„Ich hab deine Schritte gehört und dann sind sie verstummt", erklärte er und zuckte mit den Schultern.
„Wie geht es denn unserem Patient?", fragte ich besorgt und schmiss mich neben ihn aufs Bett.
Die Rollos waren zu und eine Nachtischlampe erhellte ein wenig das Zimmer. Auf dem Fernseher leuchtete schon das Netflix Logo und zwei Flaschen Wasser standen neben dem Bett.
Er zog sein Shirt etwas hoch und zeigte auf den frischen Verband.
„Meine Mutter ist eine Meisterin in diesen Sachen."
„Oh ja", pflichtete ich ihm bei und hob meine ehemals verletzte Hand, die Monique verarztet hatte.
„Was ist denn eigentlich passiert?", fragte ich und augenblicklich wurde sein Gesichtsausdruck finsterer.
„Du musst es mir nicht sagen", sagte ich daher schnell und sah auf meine Finger.
„Tut mir Leid", meinte er nur.
Nach einem Moment des Schweigens startete er einen Film, den wir im Vorfeld ausgesucht hatte und begann alles aus der Tüte zu holen.
„Du bist mir ein Mädchen, wie ich es gern hab", sagte er lächelnd, als er die Unmengen an Süßigkeiten sah.
„Danke für das Kompliment", erwiderte ich lachend und machte es mir bequem.

Nach einer Weile musste ich aufs Klo und wollte auf dem Wege noch etwas zu trinken aus der Küche holen, da Jace die beiden Flaschen fast leer getrunken hatte.
„Also entweder stehen noch welche da rum, oder in der Garage. Am besten ich gehe selbst", meinte Jace, doch ich zwang ihn dazu im Bett zu bleiben. Immerhin war er der Verletzte hier.
„Ich bin gleich wieder da!"
Ich ging aufs Klo und danach in die Küche.
Das Haus schien leer zu sein, nicht mal ein Mucks war zu hören. Gerade als ich nach der Flasche auf der Theke griff, legten sich zwei Hände auf meine Hüften und ein warmer Körper presste sich gegen meinen. Erschrocken stützte ich mich auf der Platte ab und ließ die Flasche los, die polternd von der Theke zu Boden fiel.
„Hallo Rotkäppchen, du hast mir schon gefehlt", erklang Remus Stimme an meinem Ohr und kurz darauf spürte ich seine Lippen an meinem Hals.
„Remus", flüsterte ich erschrocken.
Etwas Angst, dass doch noch jemand hier sein könnte und uns so sah, überkam mich, wurde jedoch sofort von dem berauschenden Gefühl seiner Berührung betäubt. Er strich meine Haare aus meinem Nacken und verteilte Küsse darauf, während seine Hände meine Oberschenkel auf und ab streichelten.
Ich versuchte es zu genießen und die aufkeimende Unruhe zu verbannen, doch schlussendlich musste ich mich von ihm wegschieben, was er zum Glück geschehen ließ.
„Was ist?", fragte er verwirrt und seine grünen Augen blitzten im Sonnenlicht, das durch die Fenster herein schien.
„Du solltest nicht so forsch sein", antwortete ich und grinste frech, um meine Nervosität zu verbergen.
Er schien mich jedoch zu durchschauen und kam näher.
„Du bist wunderschön", sagte er und strich beruhigend über meine Wange, ehe er einen Kuss auf meine Lippen hauchte.
„Jetzt geh und kümmere dich um Jace, der fragt sich sonst wo du bleibst", sagte er und drückte mir eine neue Wasserflasche in die Hand.
Ich lächelte und blickte noch einmal in seine Augen, die mich an den grünen Wald erinnerten, ehe ich mich an ihm vorbei drückte.
„Warte, du hast etwas verloren!", rief Remus, als ich schon fast an der Treppe war.
Mein Handy hatte ich oben gelassen, was sollte es also sein?
Remus blieb einige Meter vor mir stehen, als er etwas in seiner Hand betrachtete.
„Was ist es denn?", fragte ich verwirrt und ging auf ihn zu.
Ich stoppte jedoch, als ich sah wie er seine andere Hand zur Faust ballte und sein ganzer Körper sich verkrampfte.
„Remus?" Ich machte beinahe zaghaft einen weiteren Schritt, blieb dann jedoch erneut stehen.
Irgendetwas stimmt nicht und er sah mich plötzlich so finster an, dass mein Herz schneller schlug. Er machte mir Angst. In meiner Brust bildete sich ein Knoten und ich versuchte krampfhaft nicht wegzurennen.
„Woher hast du das?", fragte er und seine Stimme ließ meine Knochen beben, so kraftvoll war sie.
Jetzt konnte ich auch sehen was er in der Hand hatte. Es war die schwarze Visitenkarte mit den silbernen Lettern und dem Symbol, die mir Jim Adisson heute gegeben hatte. Ich hatte vergessen, dass ich sie in meine Jackentasche gestopft habe und vermutlich war sie eben rausgefallen.
„Antworte mir!", brüllte er beinahe und kalter Schweiß brach mir aus.
Ich wollte mich nicht erinnern. Remus war nicht er. Doch das Symbol und seine Wut ließen meine Lungen verkrampfen und mein Blickfeld verschwimmen. Ich hasste diese Schwäche und dennoch wusste ich nicht damit umzugehen, wenn es begann.
„Valeria!", hörte ich wieder Remus Stimme.
Er kam näher und ich stolperte schnell ein paar Schritte zurück.
„Woher hast du das?!"
Sah er denn nicht, dass es mir nicht gut ging? Ich wollte schreien, Luft holen und es erklären, aber ich schwieg. Meine Lippen waren wie versiegelt und der Schmerz in meiner Brust wurde immer stärker.
„Verdammt, ich muss es wissen!" Er stand nun genau vor mir und ich glaubte etwas in seinen Augen aufblitzen zu sehen, das ich mir nicht erklären konnte „Woher kennst du James Darcan? Wer gab dir diese Karte?"
Der Zorn glühte in seinen Augen und seine Hände stützte er, zur Faust geballt, neben meinem Kopf an der Wand ab. Mein noch immer verschwommener Blick fiel auf seinen Arm, der plötzlich von starken Adern durchzogen zu sein schien. Sie pulsierten und traten stark hervor.
„Remus, was hast du?", fragte ich völlig benommen und sah wieder in seine Augen.
Da war es wieder gewesen. Dieses blitzen, dieses gelb-braune Aufleuchten. Wie die Augen des Wolfs.
„Antworte!" Er schlug mit der Faust neben meinem Kopf gegen die Wand und ich hörte Stein zerbrechen. Ein Schrei entwich meiner Kehle und löste den Knoten in meiner Brust endgültig.
Die Erinnerung wurde zum Glück von Remus körperlicher Veränderung verdrängt und mein Blick schärfte sich wieder. Die Wand war eingebrochen und man konnte den Abdruck seiner Faust relativ gut erkennen.
„Remus!", erklang nun eine andere Stimme.
Es war Ric, der neben Jace am oberen Ende der Treppe stand.
„Sag es mir endlich", sagte Remus nun ruhiger und sah verbissen an mir vorbei auf die Wand, die er mit bloßer Hand eingeschlagen hatte.
„Ich glaube ich dreh durch", flüsterte ich, da sich ein gruseliger Gedanke in meinem Kopf formte.
Er widersprach jeglicher Vorstellung von Realität, doch langsam konnte ich mir das alles nicht mehr anders erklären.
„Valeria, komm her", sagte Jace beruhigend und ging ein paar der Stufen hinunter.
„Bleibt stehen!", befahl Remus und seine Worte endeten in einem bestialischen Brüllen.
Waren das spitze Zähne, die ich da in seinem Mund sah?
„Remus, du machst ihr Angst", sagte Ric, doch ich konnte meinen Blick von Remus nicht losreißen. Meine Neugierde war geweckt und mein Gedanke festigte sich immer mehr.
Aber es konnte nicht sein, oder doch?
Remus war schnell, sehr schnell sogar. Ich erinnerte mich daran, dass er mich angerufen hatte, als ich gerade den Weg nach Hause durchs Feld einnahm und nach wenigen Minuten schon vor mir stand, obwohl er vorher zu Hause war. Außerdem hatten seine Augen kurzzeitig die Farbe der Wolfsaugen gehabt.
Dann die Wölfe bei ihm in Garten, mit denen seine Mutter und er gesprochen hatten. Der Wolf vor dem Moon. Jeder war dort gewesen nur er selbst nicht. Was wenn er es war? Die Adern unter seiner Haut, die spitzen Zähne. Ich fokussierte mich wieder auf ihn und suchte nach einem weiteren Hinweis.
Ich hatte keine Angst. Mir wurde plötzlich so vieles klar und die letzten Wochen ergaben immer mehr Sinn. Oder ich drehte jetzt komplett durch. Aber eigentlich war ich mir sicher keine Wahnvorstellungen zu haben.
Remus hatte mir inzwischen den Rücken zugedreht, Jace und Ric standen noch immer auf der Treppe und mein Blick wanderte erneut zu der Wand.
Er war stark, unmenschlich stark.
„Remus", sagte ich sanft.
Noch nie war ich mir einer Sache so sicher und es fühlte sich verdammt gut an. Kein Schmerz, keine Angst oder Panik vor der Vergangenheit. Ich stellte mich vor ihn, sein Kopf war gesenkt, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Allerdings erblickte ich seine Hände, die mehr zu Krallen geworden waren, als noch menschlich zu sein.
„Sieh mich an", bat ich.
Mit einem Mal hatte ich das Gefühl ihn schon ewig zu kennen und als hätten wir uns nicht erst gestern das erste Mal geküsst, sondern schon vor Jahren. Meine Haut kribbelte, als ich meine Hand an seine Wange legte und ich musst einfach lächeln.
„Du würdest es nicht verstehen", erklang seine raue Stimme und obwohl es mich schmerzte, konnte ich ihn verstehen.
Wir kannten einander kaum und auch wenn ich das Gefühl hatte, ewig ein Teil von ihm zu sein, gab es noch viel unausgesprochenes. Nur wenn er hier und jetzt einen Rückzieher machen würde, dann würde ich ihm vermutlich nie von meiner Vergangenheit erzählen können.
„Glaubst du das wirklich?", fragte ich daher sanft und dirigierte seinen Kopf mit meiner Hand nach oben.
Endlich sah ich sein wahres Gesicht und mein Körper stand in Flammen, als ich seine wunderschönen Augen sah. Diese glühenden Bernsteine, die mir die Welt versprachen, zogen mich in einen tiefen Bann. Desto länger ich sie ansah, desto mehr hatte ich das Gefühl in eine andere Welt abzutauchen. Wir waren nicht mehr in seinem Haus, sondern standen im Wald, allein mit der Natur und völlig losgelöst von jeglichen Grenzen und Hindernissen. Mein Blick fiel nun auch auf seine Zähne, die ich durch seinen leicht geöffneten Mund erspähen konnte und auf sein verändertes Gesicht. Er sah sich selbst zwar noch ähnlich, hatte aber dennoch animalische Züge, die jedem anderen vermutlich nicht aufgefallen wären.
„Du bist wunderschön", wiederholte ich seine eigenen Worte und näherte mich ihm, um einen Kuss auf seinen Mundwinkel zu setzen.
Das Kribbeln wurde noch stärker und ließ mich beinahe trunken zu ihm hinauf schauen.
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Ein Tag Verspätung, I'm so sorry guys

Dafür haut das Kapitel ja mal voll rein, hallo, sie erkennt endlich was er wirklich ist😍 🐺

Aber wieso macht diese Visitenkarte Remus so sauer?
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Aber wieso macht diese Visitenkarte Remus so sauer?-

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Der 𝕽𝖚𝖋 des WolfesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt