Kapitel 10

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Gardner

"Diese dämliche Schlampe!"

"Kimi!" fuhr ich sie an.

"Ne ey, die kann mich mal. Soll sie doch verrecken gehen."

Kimi fluchte schon den ganzen Nachmittag. Ununterbrochen wollte sie, dass ihre Schwester starb.

"Jetzt komm mal runter von..." ja wovon eigentlich? Sie war ja seid heute offiziell nicht mehr in der Pflanzen AG.
Nach drei Tagen übrigens.

"Du brauchst mir nichts zu sagen, Gardi. Und wieso sind wir hier überhaupt schon wieder in diesem Ranzcaffe?"

"Weil du hier hin wolltest?"
Ich zog eine Augenbraue hoch.

Wir standen in einer Schlange voller - dreimal dürft ihr raten - Siebtklässler, die allesamt über irgend einen Martin Bäcker tuschelten und sich ihre neuen Aldi Eyeliner austauschten.

So eine komische Generation.
War es bei mir auch so schlimm gewesen?
Wohl kaum.
Mum hatte mir sogar Lippenstift verboten gehabt, was mich nie davon abgehalten hatte ihn trotzdem zu nutzen.
Aber als ich dann so ausgesehen hatte wie Horrorclown Mendes (mit dem ich morgen wieder Mathe in der 6. Stunde haben würde), hatte ich es gelassen gehabt.

"Ja aber wer konnte denn ahnen, dass diese Teufelsbraten hier alle rumhängen würden."

Sie zeugte gestikulierend durchs Caffee wo halt wirklich nur Siebtklässler saßen.
Was machten die Achtklässler alle?

"Macht mal Platz da, ihr Assis."
Kimi zog mich durch die maulende Menge bis vor zur Theke.

Wenn ich sie hier an diesem grässlichen Ort nicht hätte..hust...hust.
Nein wirklich. Sie war meine Rettung.

"Ey, du ..."

"Sei ruhig..." Kimi gab dem Mädchen mit den pinken Haaren einen 20 Euro Schein.
Soviel zu den ganzen RichKids hier.

Das Mädchen schwieg sofort und ließ uns vor.

"Das selbe wie immer?"

"Ja zweimal bitte"

Als würden sich Kimi und die etwas stämmige Bedienung schon Ewigkeiten kennen.

Doch dann schob die Mitarbeiterin des einzigen Caffee Shops im Radius von 20 Kilometern uns "das selbe wie immer" über die Theke.
Wtf.

"Wie...?"

"Kontakte meine Liebe...Kontakte."
Kimi zwinkerte mir bei diesen Worten zu, als wäre ihr eine Fliege ins Auge geflogen.
Dann steckte sie der Bedienung nochmal 20 Euro hin.

Wir sagen uns um.

"Gehen wir damit zurück?"

Fragend zeigte ich auf die beiden Becher mit rosanem Milchgemisch, was aus Babajagas Küche stammen konnte.
Außerdem war der Milchschaum leicht grünlich.
Wie lange hatte "das selbe wie immer" da schon gestanden?

"Was? Nein du Pflaume...lass uns hoch gehen.
Als ob ich den Caffee in der Gegenwart meiner Geistesgestörten Schwester trinken würde. Also wirklich."

"Hoch?"

"Ja, hoch."

Erneut zog mich Kimi zu einer Treppe, die wir gemeinsam hochgingen.

"Oh,wow!"

Hier war es nichtmal halb so voll wie unten und vorallem saßen hier keine lästigen Kindergarten Kiddings.

"Oh ja! Der Platz ist frei!"

Kimi hielt noch immer meine Hand, die langsam klebrig wurde.

Sie zog mich hinter zu einer großen Panoramascheibe, welche hinunter auf die atemberaubende Stadt zeigte.

Ja...das Kaffee stand höher gelegt auf einem Abhang vor der Stadt.

"Wow"
Wahnsinn...was war nur mit diesem Ort los?

"Was du nicht sagst...setz dich."

Das tat ich auch.

"Gardi...ich bin so so so so froh, dich als Freundin zu haben. "
Und da war es wieder. Dieses quitschende Jodeln in ihrer Stimme

"Wir gegen den Rest der Welt."

"Ja also eher gegen diese kranke Lernanstalt." seufzte ich.
Der Tag war mal wieder katastrophal gewesen.
Schon der Morgen mit Mrs. Silke, die mit uns einen Spontanaufsatzt geschrieben hatte.
So langsam aber sicher fragte ich mich, ob es in diesem kranken Laden auch noch Regeln gab.

"Oh.mein.Gott!"

Was war denn nun schon wieder.

Ich sah Kimi fragend an. Sie schaute jedoch an mir vorbei.

"Schnitzel auf 12 Uhr!"

"Schnitzel?"

Doch sie antwortete mir nicht.

"Hey Kimberly, hey...Gardner...na was geht?"

Es war Collin McAyer, der seinen noch dampfenden Cappuccino da gerade neben meinen ranzigen Milchcaffee stellte...

...und sich direkt neben mir fallen ließ.

Heilige Scheiße

Ich sah zu Kimi und erhaschte mir dadurch einen Tritt unterm Tisch.

"Aua!"

"Alles okay?" fragte Collin und betrachtet mich.

Ich rückte ein Stück ab, denn die Bank, auf der wir saßen war gewölbt, sodass man rund herum rutschen konnte.
Was ich nicht vorhatte...aber neben mir saß halt ein Typ...und ja...

"Ja, Gardi geht es gut."

Jetzt hasste ich Kimi.

"Gardi?" Sexy Collin zog eine Augenbraue hoch und oh mein Gott.
Irgendwie sah er wirklich attractiv aus.

Ich erinnerte mich an die Begegnung im Fake Park und sofort wurde mir etwas wärmer.

Bloß nicht rot werden, Gardner.

"Ja, also so kannst du sie auch nennen. "

Mach es nicht noch schlimmer Kimi, bitte halt einfach den Mund.

Er betrachtete mich ganz kurz und da war es wieder. Dieses gefährliche Blitzen in seinen tiefgrünen Augen.

"Mensch Collin! Wir suchen dich schon ne halbe Ewigkeit man." 

Das war mal ausnahmsweise nicht Cody, sondern ein anderer Typ mit schwarzen Haaren.

"Tristan...hey...warum seid ihr hier."

"Alter wir sind zusammen hier her gekommen."

"Ja, leider." flüsterte Collin fast unmerklich.
Ich musste grinsen, was Collin bemerkte.

"Jungs! Kommt hoch. Collin hat sich schon einen Platz gesucht. "

"Nein, komm lass uns woanders hin gehen." entgegnete Collin genervt.

Sofort breitete sich ein Gefühl in mir aus.
War es Enttäuschung?
Nein!
Warum sollte ich enttäuscht sein?

"Spinnst du Junge? Das ist der geilste Platz in dieser Bude!"

Das holprige Brülln kam von Cody, dessen Kopf auf der Treppe auftauchte.
Er sah zu uns und sein Lächeln wurde breiter.
Oh nein...

Außerdem hatte sein Rumgebrülle die Aufmerksamkeit der ganzen Schüler auf sich gezogen.
Was anderes trieb sich hier auch nicht rum außer trinkgeldgeile Studenten, die kellnerten.
Mir wurde bewusst warum.

Na super...auch das noch.

Jetzt kamen alle Jungs von Collins Truppe zu uns.
Und Kimi war außer sich vor Freude.

Mr. AnonymWo Geschichten leben. Entdecke jetzt