Kapitel 17

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Gardner

"Warum genau bist du jetzt nochmal so angepisst?" fragte Kimi, die damit beschäftigt war, die Sachen ihrer Schwester zu durchwühlen.
Mal wieder...

Uff...girl!

Um ehrlich zu sein, ich wusste es auch nicht wirklich.
Es war einfach dieser ganze beschissene Tag gewesen.
Zuerst die frustrierende Informatikstunde, dann Mrs. Silke und schließlich auch noch die Tatsache, dass mein Bruder einfach so aus dem Nichts aufgetaucht war.
Dieser kleine Hosenscheißer.

Besagter lungerte jetzt auf dem freien Bett herum und aß genüsslich die Schlumpf Gummibärchen, die Kimi anscheinend doch nicht essen konnte.
Ihre Zahnspange eben...
Naja, solange sie ihm nicht die Colaflaschen gab, die sie Gestern gefunden hatte.

"Die ist immer so." antwortete Helmut für mich, als wäre ich nicht da.

So, jetzt reichte es mir.

"Entweder du sagst mir jetzt, warum Mum dich hier her geschickt hat, oder ich rufe sie persönlich an. Mal sehen, ob es ihr gefällt, dass du dich schon wieder in Schwierigkeiten bringst."

Er schaute ziemlich grimmig drein, was mich vermuten ließ, dass es ihn doch irgendwo beunruhigte, wenn ich Mum anrufen würde.
Tja...
Da hatte wohl einer was zu verlieren.
Dieses Muttersöhnchen!

"Mum hatte keine Zeit mehr...du weißt doch...die Arbeit. Und da hat sie mich...."
Na klar.
Hatte sie nicht immer Zeit für ihren Liebling gehabt?

"Auf ein Internat abgeschoben? Das kenne ich irgendwoher." säufste Kimi, während sie weiterhin durchs Zimmer tigerte.
Warscheinlich auf der Suche nach irgendwelchen Klamotten ihrer Schwester.

Ich sah wieder zu meinem Bruder.
Er saß an die Wand gelehnt mit diesem Unschuldsblick.
...und natürlich einem Stückchen Schlumpf im Maul.

Irgendwas war da im Busch.
Definitiv...
Doch ich wusste nicht, was es war.

"Seit wann bist du eigentlich hier?"
Kimi schien sich aufrichtig für ihn zu interessieren.
Kein Wunder.

Er hatte sich die ganze Zeit bei ihr eingeschleimt und letztendlich hatte sie ihn als niedliches Kerlchen bezeichnet.
Igit.
Er war genauso ein Schlingel wie die ganzen anderen Siebtklässler.
Wenn nicht sogar noch schlimmer.

"Ähm...seid Gestern. "

"Mum schickt dich Knirps einfach so ganz alleine auf dieses Internat ohne mir auch nur wenigstens bescheid zu sagen...warum sollte ich dir glauben?"

Er würde schon noch damit rausrücken.

"Weil du meine große Schwester bist und mich ganz dolle lieb hast...?"
Da war er wieder, dieser Welpenblick.

"Naww, Gardi. Er ist so süß. Du machst ihm nur unnötig Druck."

"Das ist seine Masche."
Ich klang sichtlich unbegeistert von ihrem Geschwafel.

"Ich wünschte meine Schwester hätte so eine Masche..." säufste sie nochmal laut auf.

"Sie ist nicht halb so schlimm wie der hier."
Ich zeigte auf meinen Bruder, der sich gerade eine Schlumpfine rein schob.

"Sie ist ein Flittchen, genauso wie Jenny."
So viel zum Thema Geschwisterliebe.

Helmut musste breit grinsen.
Er war ein typischer Siebtklässler.
Frech, nervig und mit schmutzigen Gedanken rannte er normalerweise draußen rum und ärgerte kleine Mädchen oder probierte seine Nervkollektion an irgendwelchen Erwachsenen aus.
Eigentlich passte er super an diese ehlendliche Schule.

"Ich werde nachher mit Dad telefonieren." sagte ich schließlich.

"Pff...mach doch. Der interessiert sich eh nicht für uns."

Ich ging nicht weiter darauf ein.

"Und anschließend mit Mum...mal sehen, was sie dazu sagen wird, dass ich dich hier einfach so aufgegabelt habe..." sagte ich selbstsicher und griff zu meinem Handy.

"Du bluffst."

Ich wählte die Nummer meiner Mum aus, die sich ganz unten auf meiner Liste befand.

Es fing an zu tuten.

Helmut sah mich ungläubig an.

Es tutete weiter.

"Ja, Spatz?" Das war Mum.

Eins, zwei, drei...
Schon sprang Helmut auf und kramte in seiner Hosentasche nach etwas.
Ich wusste genau, was das jetzt werden würde.

"Hey Mum, ich wollte dich fragen..."

Helmut hielt mir einen 50 Dollerschein vor die Nase und sah mich flehend an.

Hah,aufeinmal...
Ich griff nach dem Schein.

"Ich wollte dich fragen, ob es dir gut geht."

"Oh, das ist lieb von dir aber ich habe gleich ein Meeting."
Natürlich.
Ein Meeting.
Mal wieder.
Warscheinlich mit dem ach so tollen Chef.

Helmut ließ sich wieder aufs Bett fallen und beobachtete mich ganz genau.

"Ja, dann..."

"Hat mich gefreut. Bis bald."
Und schon hatte sie aufgelegt.
Aja.
Bis bald also.
Wohl eher nicht.

"Holy Shit. Läuft das immer so bei euch?"

Kimi, die uns beide mit offenem Mund anstarrte, ließ sich mit ihrem Handy in den harten Sitzsack fallen.
Plumps.

"Ja...?" Ich sah sie fragend an.
Dabei packte ich mein Handy weg.

"Und ich dachte, du wärst so ein braves Mauerblümchen, dass keiner Fliege etwas antun könnte."

Das dachte ich auch mal...

"Hallo? Er ist der Teufel von uns beiden!" rief ich aufgebracht, doch Kimi schüttelte nur den Kopf und schob sich einen ziemlich großen Snickers in den Rachen.

Mr. AnonymWo Geschichten leben. Entdecke jetzt