Kapitel 24

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Collin

"Komm runter Collin!" ertönte die krechzende Stimme von Lucia.
Sie war nicht nur unser Hausmädchen, sondern auch so etwas wie der Mutterersatz, den mein Vater alle drei Wochen neu für mich aussuchte.

Diese Tatsache ließ mich plötzlich stark daran zweifeln, dass ihr Name überhaupt Lucia war.

Ich knüpfte mein dunkles Hemd richtig zu und öffnete den schwarzen Nachtschrank, um meine Rolex raus zu holen.
Ich hasste das Teil.
Es war viel zu kloppig für meinen Arm.
Doch mein Vater wollte, dass ich sie trug.

Zu Jedem.Einzelnen.Dinner.
Dämliche Uhr!

Meine Hand versteifte sich, als ich den Zettel erblickte, den ich heute früh unter meiner demolierten Tastatur gefunden hatte .

Vorsichtig griff ich danach.

"Na wirds bald!" plärrte Hausmädchen Nummer 67 aufgebracht vom Türrahmen aus.

Ich erschrak mich nicht nur, sondern knüllte dabei auch noch erwischt das Papier zusammen.
"Dein Vater will, dass du zum Dinner kommst!"

"Ja, ist ja gut! Ich komme gleich...Lucia."

"Du kommst sofort runter Bengel! Sonst gibt's was auf die Mütze für dich und für mich eine Gehaltskürzung. Und das wollen wir beide nicht! Haben wir uns verstanden?! " führ sie mit ihrer röchelnden Stimme fort.

Oh Gott.
So eine alte Schreckschraube.
An wen erinnerte sie mich bloß?

"Ach und ich heiße nicht Lucia sondern Cynthia!"
Das waren ihre letzten Worte, bevor sie kehrt machte und stapfend im Flur verschwand.

In dem Moment galt mein Hass aber nicht ihr, sondern meinem Vater.
Er war es gewesen, der mir diese Torture bescherte.
Tag für Tag.
Ich hasste ihn einfach.

Der Zettel in meiner Hand war allerdings etwas gewesen, was meine Tag verbessert hatte.
Mehr oder weniger...
Auch, wenn die Nachricht darauf nicht die beste war.

Mr. Möchtegern Hacker,
Du kannst mich mal.
Schieb dir deine blöden Sprüche sonst wo hin, denn es interessiert mich nicht, was du hier so treibst.
Alles, was du tust ist so abnormal lächerlich, dass man glatt ein Buch darüber schreiben könnte.
Nichtmal Niveau haben deine Taten.
Kein Wunder, dass dich nur die Schüler feiern.
Irgendwann wirst du auffliegen.
Das verspreche ich dir!

Ha! Von wegen.

Da kannte mich jemand einfach zu schlecht.

"Collin!!!" ertönte ein weiterer gälender Schrei aus dem Flur.

Diese Frau sollte mal ihre Base chillen.

MeinVater würde sie eh bald feuern.
Also gab es auch keinen Grund so heftig zu eskalieren.

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Warum ich hier nun saß und mit der Gabel in den Erbsen herumstocherte - die nebenbei bemerkt überhaupt nicht nach Erbsen schmeckten - wusste ich auch nicht.

Mitlerweile war es eigentlich Erbsenbrei mit brauner Fleischsoße.
Mein Magen machte einen Rückwertsalto.

Mir gegenüber waren zwei gedeckte Plätze, doch ich wusste nicht für wen.
Warscheinlich für irgendwelche Collegeberater, von denen ich langsam einfach nur noch die Schnauze voll hatte.

Aber mein Vater, den das nicht zu jucken schien, kaute zivilisiert an seinem Hänchenschnitzel herum, während Cynthia mit einer Kanne Wein um den Tisch ging, um genau 4 Gläser zu füllen.

Mr. AnonymWo Geschichten leben. Entdecke jetzt