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Taehyung

Ich spürte, wie etwas meine Nasenspitze kitzelte, weshalb ich meine Augen zusammenkniff und mir die Decke über das Kinn zog. Neben mir spürte ich diese beständige Energie, dieses alles einnehmende Strahlen, was mein Inneres erfüllte und mir den ganzen Tag über so viel Kraft gegeben hatte. Noch nie war ich einem Menschen so nah gekommen wie Jungkook. Noch nie hatte ich solche Gefühle erlebt und diese so stark in meinem Herzen wahrgenommen.

Gestern hatte ich tatsächlich geglaubt, ich wäre ohne ihn besser dran und er ohne mich. Ich hatte wirklich geglaubt, dass ich ihm Schaden und mit in meine kaputte Welt reißen würde. Aber er hatte doch vollkommen Recht... unsere Welten waren nicht mehr getrennt. Sie waren verbunden, genauso wie wir beide. Und nur diese Bindung, diese Nähe zu Jungkook hatte mir meine Kraft zurückgegeben.

Meine Oma... sie war gestorben.

Ihre Seele war zu den Sternen gewandert und ihre Gabe zurück in den Taufbrunnen, für einen neuen Zyklus. Bei dem Gedanken daran drohte mein Herz für einen kurzen Moment erneut zu zerreißen, aber dann spürte ich ein weiteres Mal den warmen Arm um meiner nackten Taille.

Etwas mühsam drehte mich darin zu Jungkook herum, behutsam, um ihn nicht zu wecken. Der Mondschein blitzte durch das runde Fenster in der Decke des Mondhäuschens, umrahmte sein schönes Gesicht und brachte die dunklen Strähnen zum Glänzen. Seine langen Wimpern schmückten die leicht rosa schimmernden Wangen und seine Lippen waren ein wenig geöffnet.

Diese rosa Lippen, von denen ich nie genug kriegen würde, die mir den Verstand raubten und mich all das vergessen ließen, was mein Inneres zu zersprengen drohte. An diesem Tag hatte Jungkook mich in den Himmel befördert – einen Himmel voller Sterne, der eine schöner als der andere. Sie alle zusammen bildeten die schönste Galaxie mit endlosen Weiten und unentdeckten Räumen, die all die Gefühle verbargen, von denen ich nicht einmal zu träumen gewagt hatte.

Wir hätten uns wohl nicht näher als vor einigen Stunden kommen können und auch, wenn ich anfangs die Befürchtung hatte, es wäre nicht richtig, nicht jetzt, war es das komplette Gegenteil gewesen.

Behutsam legte ich meine Hand an die warme Wange des Sonnenkindes. An diesem Tag waren Mond und Sonne tatsächlich eins geworden. Es war eine Einheit entstanden, in der beide Teile die Nähe des anderen in vollen Zügen genossen hatten und vor allem auch brauchten.

Bei diesem Gedanken wurde mein Herz ganz schwer.

Wir brauchten uns, wir konnten nicht ohne einander und wir waren auf ewig verbunden. Doch diese Ewigkeit gab es nur im Hier und Jetzt. Unsere Zukunft war ungewiss und ich war mir erschreckend sicher, dass es für uns beide keine Zukunft geben würde... ich war mir sicher, dass unsere Ewigkeit keinen Platz hatte. Denn zu welcher Welt sollte sie gehören?

Es gab keine Welt, die uns beiden einen Platz bot und das würde mir früher oder später das Herz brechen, es in tausend Teile zersplittern lassen, so klein, dass man sie niemals mehr wieder zusammensetzen könnte.

Aber in diesem Moment wollte ich das alles nicht wahrhaben. Ich wollte die Zeit mit Jungkook auskosten. Ich wollte ihm nah sein, ihn berühren, ihn fühlen und noch einmal lieben.

Schleichend näherte ich mich den rosa Lippen, während ich mit meinem Daumen langsam über sie strich. Doch gerade, als ich die meinen auf seine legen wollte, all meine Sorgen, die Gedanken an die Zukunft und vor allem auch an die Trauer um meine Großmutter vergessen wollte, räusperte der Dunkelhaarige sich etwas bevor er anfing mit den Lidern zu klimpern.

Verschlafen öffnete er seine Augen einen Spalt breit, riss sie jedoch augenblicklich weiter auf, als er erkannte, was ich im Inbegriff war zu tun.

Moonchild {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt