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Taehyung

Während Jungkooks Vater seine Worte an uns gerichtet hatte, war mir gar nicht aufgefallen, dass sich eine einzelne Träne den Weg über meine Wange bahnte. Sonne und Mond, niemals füreinander bestimmt, aber doch auf ewig verbunden. Ich wusste es... ich hatte es die ganze Zeit gewusst, aber es jetzt noch einmal von einer anderen Person zu hören, tat weh.  Es tat so unglaublich weh, dass mein Herz drohte zu zerreißen.

Hastig wischte ich mir die Träne mit meinem Ärmel trocken ehe ich aus dem Augenwinkel erkennen konnte, wie Jungkook seine Hände zu Fäusten ballte. „Nein", kam es ihm zornig über die Lippen und als ich meinen Kopf zu ihm drehte, konnte ich die Wut in seinen Augen lodern sehen, „nein, das werde ich so nicht akzeptieren!"

Mit großen Augen betrachtete ich den Jungen neben mir, dessen Miene sich  immer weiter verfinsterte. „Ich gebe einen Scheiß auf die Regeln und unser Schicksal!", zischte er und trat einen Schritt auf seinen Vater zu. „Ich werde das nicht zulassen. Ich werde mein Schicksal... unsere Zukunft... selbst in die Hand nehmen!" „Aber Jungkook", seufzte sein Vater geschafft auf und fuhr sich fahrig durch die Haare. Doch sofort  schallte die Stimme seines Sohnes wieder durch den Raum und schnitt ihm das Wort ab: „Nichts ‚aber'!"

Mit blitzenden Augen starrten die Beiden sich an, wobei sich eine angespannte Stille über ihre Köpfe legte. Wahrscheinlich waren sie kurz  davor aufeinander loszugehen, doch ich konnte das nicht zulassen. Sie hatten doch gerade erst zueinander gefunden. Und auch wenn ich es genauso wie Jungkook nicht wahrhaben wollte und am liebsten all diese elenden Regeln über das Schicksal aus den Angeln heben wollte, wusste ich, dass sein Vater trotzdem Recht hatte. Und noch viel mehr wusste ich, dass in diesem Moment etwas anderes weitaus wichtiger war als meine Zukunft mit Jungkook.

Und zwar die Zukunft meines Volkes. Die Zukunft einer Welt, die vor dem Abgrund steht und kurz davor ist, eine andere Welt ebenfalls von der Klippe zu stürzen.

„Jungkook", wandte ich mich mit sanfter Stimme an den Dunkelhaarigen und  konnte sehen, wie er sich bei ihrem Klang noch weiter verkrampfte, „es ist okay." Langsam schlich ich mich von hinten an ihn heran und schlang meine Arme um seine Taille. Zuerst spürte ich, wie sich seine Muskeln verhärteten, doch nach einigen Sekunden entspannte er sich merklich und ein Seufzen entkam seinen Lippen.

„Wir haben wenig Zeit und sollten erstmal unseren Plan in die Tat  umsetzten", hauchte ich in sein Ohr und erntete ein zögerliches Nicken  seinerseits. Der Mann vor dem leuchtenden Bildschirm, zwang sich bei  unserem Anblick ein Lächeln auf, welches jedoch seinen wehleidigen,  schmerzvollen Charakter nicht verlor, richtete seinen Blick dann aber zurück auf den Bildschirm und fing an mit seinen Fingern darüber zu tippen.

„Du hast Recht", schnaufte Jungkook, umgriff meine Handgelenke und löste  sich von mir, „zuerst müssen wir deine Welt retten, das hat oberste Priorität." Für einen Moment schloss er seine Augen und nickte sich selbst zu ehe er zu den Sachen griff, die ich auf dem Stuhl neben mir  abgelegt hatte.
Ich war froh darüber, dass er sich endlich aufgerafft hatte und zurück auf das Wesentliche konzentrierte, aber dennoch blieb mir sein entschlossener Blick im Gedächtnis, während das Wort „zuerst" wie ein Echo in meinen Ohren hallte.

Er würde mich nicht aufgeben. Das würde er niemals.

Und ich wusste, dass ich es auch nicht wollte. Aber ich musste es tun, früher oder später.

„Ich hab's", riss mich plötzlich sein Vater zurück in die Realität und blickte uns triumphierend entgegen, während er sein Smartskin durch die Luft schwenkte, „das Virus ist drauf."
Augenblicklich spannte sich mein Inneres wieder an und die Nervosität kroch zurück in meine Glieder. Dort wo soeben noch Trauer und Schmerz war, prangte jetzt starke Aufregung und auch Angst, denn nun würde es ernst werden.

Moonchild {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt