Kapitel 8

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Mir war so schwindelig. Nach meiner Heul-Attacke versuchte ich mich wieder zu beruhigen. Ich zitterte und atmete immer noch hektisch und unkontrolliert, aber ich hatte mich wieder ansatzweise im Griff. Ich lief den Flur weiter entlang. Die Wände waren weiß und trugen blaue Sprüche auf sich. Musste hier wirklich alles weiß und blau gehalten werden? Blau war eine schöne Farbe, keine Frage, aber ich bevorzugte doch Weinrot. Das ist eine richtig schöne Farbe. Viele dunkle Holztüren folgten sich in Abständen von immer 3 Metern. Ich fragte mich, was dahinter war. Jedoch wollte ich nicht einfach reinplatzen, wenn sie sich nachher als private Zimmer rausstellten. Ich bog um eine Ecke und fand mich einer dicken und schweren Tür gegenüber. Sie war aus Stahl und ich fühlte mich vor ihr, wie eine kleine Wanze. Ich wurde neugierig und schritt langsam auf die Tür zu. Ich legte eine Hand auf den eiskalten Türgriff und wollte sie gerade herunterdrücken, als ich zusammenzuckte. Ein Schrei voller Qual und Schmerz schnitt mir die Luft ab. Ich bekam Gänsehaut und stellte mir mögliche Szenarien vor: Folter, Satanismus. Ich drehte mich um und rannte den Gang zurück. Ich lief direkt in die Arme von John. Der hat mir ja gerade noch gefehlt. Die, die ihm vor wenigen Minuten noch angeschrien und zur Schnecke gemacht hatte, stand jetzt verheult und wie ein kleines Kind vor ihm. Doch anstatt mich auszulachen und zu verspotten, wie ich es erwartet hatte, nahm er mich in die Arme und tröstete mich. " Alles wird gut." Ich beruhigte mich langsam. Meine Atmung wurde wieder kontrollierter und das Zittern hörte auch auf.

Nach einer gefühlten Ewigkeit entzog ich mich ihm und sah ihn an. Er trug seinen weißen Arztmantel, den hier irgendwie jeder trug. Ich fand das ein absolutes No-Go. Aber wenn es so sein musste, arangierte ich mich damit. Darunter trug er einen weinroten Pullover mit einer schwarzen Jeans. Es sah zu alt für ihn aus, aber die Farben passten perfekt zu ihm und seinem weichem Gesicht. Und seine Augen waren wunderschön. Ein warmes und herzliches braun. Ich verlor mich für kurze Zeit in ihnen. Doch als ich merkte, dass er mich so ansah, wie jemand seine Freundin ansah, drehte ich mich mit leichtem Bedauern um. Ich konnte mich jetzt nicht auch noch in ihn verlieben. Das passte alles nicht in meine jetzigen Aufgaben. " Ich muss zu Kahlan", sagte ich, während ich von ihm wegmarschierte. Ich hatte mich jetzt wieder voll unter Kontrolle und makierte die Anführerin. Ich war nicht für diese Rolle geschaffen, aber einer musste ja sagen, wo es lang geht. Zum Glück konnte ich gut schauspielern, sodass ich mich meist in Situation gut einfinden konnte. " Warte, ich bring dich zu ihr. Du wirst wohl kaum wissen, wo lang du musst." Da hatte er Recht. Und seine Stimme verschaffte mir eine Gänsehaut. Ich blieb stehen und wartete auf ihn. Er ging ohne weiteres an mir vorbei und steuerte zielstrebig auf den Kontrollraum zu. Ich bremste abrupt ab. Ich konnte da nicht reingehen. Nicht nach meinem Auftritt von vorhin. John bemerkte mein zögern und sah mir in meine verängstigten Augen. " Als Sucherin hat man nicht immer leichte Entscheidungen zu treffen. Und das hier wird ein Klacks sein im Gegensatz zu dem, was du sonst noch vor dir hast." Er nahm meine Hände in seine. Um nicht wieder schwach zu werden, schaute ich weg. Doch er drehte meinen Kopf so, dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als ihm in die Augen zu schauen. Er lächelte mich an. Sein Lächeln war so hinreißend. Jetzt nicht schwach werden! Ich versuchte mir einzureden, dass ich stark bleiben musste. " Du schaffst das!", flüsterte er mir leise und leicht verführerisch zu. Dann bewegete er sein Gesicht näher zu meinem. Ich dachte er wollte mich küssen und bereitete mich darauf vor. Doch dann wich er leicht zur Seite aus und gab mir einen leichten Kuss auf die rechte Wange. Während ich noch verwirrt über die Situation darstand, ging er in den Gang zurück, aus dem wir gekommen waren, und bog später um eine Ecke ab. Was machte ich hier bloß? Ich war gerade mal paar Minuten hier und wollte schon was mit einem Typen anfangen, von dem ich absolut nichts außer seinen Namen wusste. Ich schüttelte kurz meinen Kopf, um die Gedanken an John los zu werden. Ich beschloss, später noch einmal mit ihm zu reden.

Als ich nach Links schaute, sah ich mich meinem Spiegeldbild gegenüber. Ich sah fürchterlich aus. Meine Haare waren durcheinander und leicht verfilzt. Sie standen in alle Richtungen ab. Mein Gesicht war voller Ruß und meine grünen Augen sahen aus, wie die einer Schlange. Mein geschockter und entsetzter Blick wanderte weiter nach unten. Meine Kleidung hatte viele Löcher und war manchmal auch angerissen. Bei meiner blauen Jeans fehlte ein Stück von ihr am Knöchel. Und als ob das alles schon nicht schlimm genug gewesen wäre, klebte überall noch Blut. Von wem alles, wollte ich nicht wissen. Ich sah insgesamt einfach nur Furcht erregend aus.

Als ich mir so gegenüber stand, huschte eine kleine Frau an mir vorbei. Sie trug auch einen Arztkittel, doch ihrer war türkis und von oben bis unten zugeknöpft. Ich tippte sie vorsichtig an der Schulter an. Sie blieb stehen und schaute mich fragend an. " Weißt du, wo ich mich einbisschen frisch machen kann?", fragte ich sie freundlich. Sie lächelte kurz und nickte. Sie erklärte mir den Weg mit ihrer so lieblichen Stimme, dass ich sie für eine kleine Fee hätte halten können: " Du musst nur den Gang entlang geradeaus und dann die dritte Rechts und stehst dann vor einer leicht goldenen Flügeltür. Da ist deine Suite." " Meine Suite?...", wollte ich fragen, doch die Frau war schon weitergegangen und längst weg.

Ich folgte ihrer Beschreibung. Doch bei dem Abbiegen war ich mir nicht so sicher. Ich stand in einer kleinen Kreuzung mit 5 abgehenden Gängen. Ich wählte den zweiten Gang zu meiner Rechten. Sie hatte doch rechts gesagt, oder? Ich wusste es nicht mehr ganz genau. Ich folgte dem hellen, weißen Gang. Bei seinem Ende war eine große Stahltür. Das war die Tür, wo ich vorhin vorbeigekommen war, stellte ich überrascht fest. Ich entdeckte ein kleines, rotes Schild, wo mit weißer Schrift geschrieben war: Zutritt für Unbefugte verboten! Damit konnten sie schlecht mich meinen, denn ich war ja die Sucherin. Ich ging durch die Tür, wo mir vor einigen Minuten, oder einer Stunde, keine Ahnung, ein Schrei entgegenkam. Bei dem Anblick, der sich mir bietete, blieb ich erstarrt stehen. Vor mir war ein Soldat, an Fesseln gekettet, blutverschmiert  an der Decke befestigt worden. Überall standen sämtliche Folterwerkzeuge. Doch was ich am schlimmsten fand, war, dass eine im schwarzen Kittel gehüllte Person mit Kapuze auf eine ebenfalls blutverschmierte Peitsche in der Hand hielt. Als die Person ihren Kopf hob, erkannte ich, dass es Louis war. Mein Ex-Freund....

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Ich hoffe, euch hat dieses Kapitel gefallen. Ich würde mich endlich wieder über eure Kommentare freuen. Ich wüsste gerne, ob euch der Verlauf meiner Geschichte gefällt, also schreibt doch kurz einen Komi und ich werde garantiert antworten. Danke fürs Lesen und einen schönen zweiten Tag im neuen Jahr!

Die Legende der Sucherin-BreatheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt