Kapitel 8~ der Wind

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Das saftige grüne Gras wiegte und flatterte im kräftigen Wind. Und in ihm ein kleines Mädchen, so stürmisch und wild, dass man es auf der großen weiten Wiese, erst auf den zweiten Blick von ihm unterscheiden konnte.
Es hastete über die Lichtung wie gejagt und schrie dabei aus voller Kehle. Es war so viel Schrei, wie Lachen zugleich. Wild und unbezwingbar.

Sie rannte vor nichts davon, nur vor dem Wind selbst. Er jagte sie, spielte mit ihr.
Eine Windböe zerrte an ihrem Kleid, zog sie zur Seite. Dann eine andere, von der anderen Richtung.

Es erklang ein helles Lachen, ob von ihr, oder dem Wind selbst, war nicht zu erkennen. Das kleine Kind schlug spielerisch um sich und warf sich ins weiche Gras. Das helle Lachen erklang erneut.

Es ertönte ein süßer Schrei, ein Mann kam aus dem hohen Gras gesprungen und stürzte sich auf das Mädchen. Sie lachten zweistimmig und warfen sich gegenseitig herum. Rechts und links, rechts, links, rechts, links...

Der Mann begann sie sanft am Bauch zu kitzeln und ihr einen fetten Kuss auf die Wange zu geben. Dann bekam er sie unter den Achseln zu fassen und setzte sie sich auf seine breiten Schultern.

"Na komm meine Kleine, Mama hat lecker Eintopf gemacht!", rief er ihr gegen den Wind über seine Schultern nach oben zu. Er nahm ihre kleinen Füßchen in seine gewaltigen, wuchtigen Hände und begann über das hohe Gras auf einen kleinen Hügel zuzusteuern.

Die Kleine hielt sich am kräftigen Hals ihres Vaters fest und steckte ihre minimale Zunge heraus.

"Bäh!", beschwerte sie sich, worauf er nur mit einem verzerrtem Gesicht und rollenden Augen reagierte.

"Nicht bäh! Lecker, lecker mmhmmm!", meinte er mit beruhigender Stimme.
Nun war es an ihr die Augen zu rollen und ihrem Vater ihre zarte Hand, ins Gesicht zu klatschen.

Beide fingen sofort an loszuprusten und lauthals zu lachen. Aber nach einem kurzen Moment verstummten sie und legten ihren Weg wortlos fort. Es waren nur die Geräusche des Waldes, des stürmischen Windes und der rauschenden Wiese zu hören. Grillen fingen in der langsam einbrechenden Dämmerung an, ihr abendliches Lied zu singen.

Das kleine Mädchen schaute sich neugierig auf der Lichtung um. Am Rande des Waldes zischten kleine Gestalten zwischen den Bäumen hin und her. Genisen, die sich nach dem Wohlbefinden ihres kleinen Schützlings erkundigten.

Und so traten die beiden über den Hügel und damit ihrem Leben entgegen.

Der Traum des Lebens | PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt