"Beschreibe mir das Träumen!", rief Zuni Norik hektisch zu, als sie wie ein wildgewordener Wirbelsturm in sein Zimmer geplatzt kam. Norik drehte sich auf einem Fuß panisch um und sogleich lief sie rot an, wie eine Tomate. Sie hatte ja ganz vergessen, dass sie sich eigentlich anziehen und fertigmachen wollten, was Norik nach seinem nur halb über den Kopf gezogenem Hemd zu urteilen, wahrscheinlich auch gerade vorgehabt hatte.
"Was? Warum willst du das denn überhaupt wissen, Zunichen?", grinste er sie spöttisch an. Doch dann trat ein Blick des Wissens auf seine braunen Augen. "Hast du jetzt auch mal gecheckt, dass du wahrscheinlich nur schlecht geträumt hast und...", er konnte seinen Satz erneut nicht beenden, denn nun fiel Zuni ihm ins Wort:
"Sag mir einfach, wie es ist zu träumen!", verlangte sie aufdringlich.
"Du tust so, als hättest du das noch nie getan!", fiel er sie an und verdrehte die Augen. Und natürlich hatte sie schon geträumt. Sie wusste wie es war, zu träumen. Genauso wie in ihrem Leben zuvor, hatte sie in diesen Träumen keine Schmerzen verspüren können. Sie hatte gedacht, es wäre normal, da sie ja, wenn sie wach gewesen war, nichts anderes wahrgenommen hatte. Und ihre Vermutung dessen, konnte sich nur bestätigen, wenn Norik nur diese eine Frage beantwortete:"Wie. Ist. Es. Zu. Träumen?", fragte sie erneut, jedes Wort kam betont zum Vorschein.
"Na schön, du willst es wirklich wissen oder?", hakte Norik weiter nach, sein Grinsen verblasst.
"Natürlich du Idiot, was meinst du, wieso ich die ganze Zeit frage?!", funkelte Zuni ihn wütend an.
Norik nahm seine Worte wieder auf und fing an zu sprechen:
"Ein Traum besteht meist aus der Fantasie des Unterbewusstseins und der Wirklichkeit. Diese Vorstellungen können manchmal furchtbar schön, oder schrecklich sein. Aber alles hat irgendwo seinen Ursprung", er legte eine längere Pause ein und zog sich endlich sein Hemd vollständig, über seinen bisher nackten Oberkörper, "Oft fühlst du nur die Dinge, die du wirklich fühlen willst. Wenn du in deinem Traum einen Hund streichelst, kannst du bestimmt sein Fell spüren, oder? Wenn du dich, an einem Stein stößst, wirst du vielleicht auf und ab hüpfen, aber nichts von deinen Schmerzen merken, da du nicht bereit bist, sie zu fühlen.", er sprach nicht weiter, sondern grinste sie nur wieder unverhohlen an."Mehr kann ich dir darüber nicht erzählen. Das sind meine Vorstellungen davon, was passiert, wenn ich träume oder es zumindest glaube. Daran kann zumindest ich, einen Traum erkennen, wenn ich ihn bekomme.", bemerkte er mit einem Achselzucken.
"Na hat's dir die Sprache verschlagen, meine Gute? Hast du jetzt endlich verstanden, dass diese komische Familie von der du geträumt hast, diesem Brunnen und das von dem du noch alles erzählt hattest, zwar in der Fantasie deines Unterbewusstseins existiert, aber nicht in der Realität?", fragte er sie, nicht gerade besonders sanft, nach ihrem Geschmack, weshalb diese Worte sie wie einen Schlag auf's Auge trafen.
Sie wusste, dass er Recht hatte. In diesen Gedanken vor der Kommode, hatte sie darüber nachgedacht, wie ihre Familie Schmerzen empfunden hatte, aber sie nicht. Wie sie in diesem Traum von ihrem nicht existierenden Leben, ebenfalls geträumt hatte und dort solch merkwürdige Dinge passiert waren, die ihrem geführten Leben dort, verdächtig ähnlich sahen. Und diese Erkenntnis, dass sie in diesem Traum nie einen Namen bekommen hatte... Sie hatte ihren Kindern einen Namen gegeben, ihr Mann und auch sie hatten allerdings keinen gehabt.
Es war ihr schon so verdächtig komisch vorgekommen, dass Zuni fast genauso aussah wie sie. Oder, dass sie ihre Schmerzen, als diese definieren konnte. Und dann waren da diese plötzlichen Gedanken vor dieser Kommode gewesen, die sie fast selbst zu einer halben Verrückten machten.
Sie hatte alles vergessen. Vergessen wer sie wirklich war, vergessen wo sie war. Sie hatte ihr ganzes Leben vergessen. Sie musste aus diesem Traum erwachen! Erwachen aus einem Traum, der gar keiner war. Zumindest nicht nach Noriks Wissen. Aber was war wenn auch er nur ein Traum war? Auch wenn sie aus irgendeiner Quelle, aus irgendeiner Stimme heraus wusste, dass dem nicht so war.
Ihr Kopf schmerzte. Ein Anzeichen eines nicht vorhandenen Traums. Langsam konnte sie sich nicht mehr ausmahlen, was Traum war und was zur Wirklichkeit gehörte.
Sie stand hier in dieser Welt, die sich anscheinend Realität nannte und wusste einfach nicht mehr weiter. Zuni hätte es vielleicht gewusst, aber Namenlos tat es nicht. Ja, so würde sie sich absofort nennen, das war ihr Name. Namenlos. Es war der richtige Ausdruck für das, was sie erlebt hatte. Das Leben, das sie gelebt hatte, oder auch nicht.
Und auch wenn sie nicht glauben konnte, dass die Wirklichkeit, wirklich wirklich war, sie war es. Und das konnte sie nicht akzeptieren.
Sie hatte schon völlig vergessen, dass sie noch immer in Noriks Zimmer stand und ihn wahrscheinlich nun ausdruckslos anstarrte. Sie wusste es nicht. Sie sah einfach nichts, fühlte nichts. War das also nun wirklich die Wirklichkeit oder ein Traum? Aber es war genug um zu wissen, was sie als nächstes zu tun hatte.
Langsam klärte sich ihr Blick und sie sah einen grinsenden, aber doch besorgten Norik vor sich stehen. Stand er näher bei ihr, oder kam es ihr nur so vor?
Er schaute ihr tief und starr in die Augen, doch sie hielt seinem Blick stand.Anmutig hob sie den Kopf und sagte mit fester Stimme:
"Dieser Traum, war meine Wirklichkeit. Und ich werde sie suchen."
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Der Traum des Lebens | PAUSIERT
ParanormalHast du schonmal darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn dein ganzes Leben, in das du geboren wurdest, was du gelebt und aufgebaut hast, in dem du gelacht, geweint und geflucht hast, wo du geliebt und gehasst hast, nur ein Traum gewesen wäre? Zuni ha...