10. Kapitel

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Während sie aßen hatten sie nicht wirklich miteinander gesprochen, doch das lag mehr daran, dass sich beide voll und ganz auf ihr Essen konzentrierten. Als sie allerdings fertig waren stand Daichi auf, nahm beide Schüsseln und stellte sie in den Geschürrspüler. Anschließend fragte er: »Sollen wir wieder in mein Zimmer gehen?« Lächelnd nickte Suga und folgte seinem besten Freund, der gerade aus der Küche gegangen war.

»Oh, schon fertig?«, kam die verduzte Stimme von Daichis Mutter aus dem Wohnzimmer. »Das ging aber schnell. Hat es euch geschmeckt?« »Und wie!«, platzte Suga heraus, »Es war wie immer sehr lecker.« Und das meinte er wirklich so. Das Essen, welches Mrs. Sawamura zubereitete schmeckte ihm immer extrem gut. Bei sich zu Hause war keiner mit besonders guten Kochkünsten gesegnet worden, weshalb das Essen, dass er sich zubereitete, bei weitem nicht so gut schmeckte wie hier. Die mittlerweile im Türrahmen stehende Frau lächelte sanft zu den beiden Jungen. »Das freut mich.« Dann drehte sie sich wieder um und verschwand im Wohnzimmer.

Daichi und er gingen die Treppe nach oben und verschwanden wieder in Daichis Zimmer. Dort angekommen ließ sich dieser ins Bett fallen und bedeute Suga sich ebenfalls hinzusetzten. Der überlegte kurz, entschied sich dann aber doch sich zu seinem besten Freund zu gesellen. Was blieb ihm auch anderes übrig? Es war ja schon komisch, wenn er einfach nur dumm herum stand. »Bist du schon aufgeregt? Also wegen den Abschlussprüfungen.«, fragte Daichi ohne große Umschweife. Das würde auch nicht zu ihm passen, dachte Suga. Daichi war mehr so der direkte Typ. Aber als Captain war das vermutlich auch gut so. »Suga, bist du noch da?« »Ähh, klar.«

Wahrscheinlich machte der Kopf des grauhaarigen gerade einer Tomate Konkurrenz. Was musste er denn auch immer in Gedanken versinken? Wären es wenigstens relevante Dinge, aber nein. Er dachte über Daichi nach. Wie eigentlich in letzter Zeit andauernd. Man, er hatte echt ein Problem. »Also?«, hakte der schwarzhaarige nocheinmal nach, da sein Gegenüber immernoch nicht geantwortet hatte. »Ähm, also ne. Das heißt, natürlich, aber es geht. Also ich kann den Stoff weitestgehend und... Ich denke jeder ist aufgeregt, ist ja auch eine der wichtigsten Prüfungen für uns Drittklässler.« Wieso stammelte er denn jetzt so herum? Es war eine ganz simple Frage gewesen. Ein Ja oder Nein hätte vollkommen ausgereicht. Aber erst antwortete er gar nicht und dann stammelte er sich eine Antwort mit rotem Kopf zusammen. Also wenn Daichi bisher noch gedacht hatte, dass alles mit ihm in Ordnung war, dann merkte er wahrscheinlich spätestens jetzt, dass er nicht ganz dicht war.

Daichi ging auf Sugas Verhalten allerdings nicht weiter ein. »Du hast schon Recht. Ich bin echt ziemlich aufgeregt, aber ich denke das merkt man auch.« Moment. Daichi und aufgeregt? Wo gab es das denn? Verwundert schaute Suga den sonst so souveränen Kapitän an und suchte nach Anzeichen dafür, dass Daichi aufgeregt war. »Was?«, fragte dieser, der Sugas Blick bemerkte. »Um ehrlich zu sein... So richtig merkt man das nicht.«, kicherte er und wandte den Blick von seinem besten Freund ab.

Er wusste nur zu gut welchen Gesichtsausdruck sein Gegenüber gerade machte. »Was gibt es denn da zu lachen?« »Ach nichts.« »Und wieso lachst du dann immernoch?« Irgendwie klang das leicht gekränkt. Sofort warf Suga seinem besten Freund einen Blick zu. Das hatte er sich wahrscheinlich eingebildet. Trotzdem hörte er auf zu lachen und schaute wieder zur Seite. Dabei blieb sein Blick an der Wand hängen. An der selben Wand, an der gestern noch ein Poster gehangen hatte. Doch diese Stelle war leer. Kein Poster.

Verwirrt starrte er eine Weile wortlos an die Wand. Wieso hatte Daichi das Poster entfernt? »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich kein großer Fan von Postern bin.«, kam es schlichtweg von dem Größeren. Konnte er jetzt auch noch Gedanken lesen? Naja, Suga hatte sich sowieso gewundert, wieso Daichi sich ein Poster an die Wand hing. Selbst als Geschenk hätte er nicht erwartet, dass sein bester Freund der Typ für sowas war. Trotzdem fragte er sich immernoch, wer Daichi das Poster geschenkt hatte. Allzu gut kannte die Person Daichi anscheinend nicht.

»Von wem hast du das Poster eigentlich geschenkt bekommen?«, murmelte Suga. »Ach, das ist von Michimiya. Du weißt schon, von Kapitän zu Kapitän.« Michimiya? Sie war doch der Kapitän des Mädchen Volleyballclubs. Sugas Herz begann zu schmerzen. Er wusste zwar, dass die beiden Kapitäne von Zeit zu Zeit miteinander redeten und gut miteinander auskamen, aber wenn diese Michimiya Daichi ein Poster schenkte, dann hing er es sich in sein Zimmer? Das war schon seltsam. Überhaupt, wieso sollte sie Daichi ein Poster schenken? Zumal er nichtmal der Typ für sowas war.

Verwirrt und mit einem unangenehmen Gefühl, welches er nicht ganz zuordnen konnte, starrte er weiterhin auf die leere Wand.  »Suga ist alles in Ordnung?« Das klang besorgt. Daichi rutschte in Sugas Richtung, und musterte diesen. »Du bist auf einmal so blass, ist dir schlecht?« »Alles gut.«, sagte Angesprochener, starrte allerdings weiter gegen die Wand. Das komische Gefühl wollte nicht weggehen. Hatte es etwas mit der Sache mit Michimiya und dem Poster zu tun? Es war nur ein einfaches Geschenk, nichts großes. Schließlich kannten sich die beiden schon seit der Junior High. Das hatte ja nichts zu bedeuten. Und selbst wenn. Solange Daichi glücklich war, würde Suga es auch sein.

Bei dem Gedanken schmerzte sein Herz erneut. Verdammt, was dachte er denn da? Es war nur ein dummes Poster. Nichts weiter. »Suga?« »Alles gut.«, wiederholte er und löste seinen Blick endlich von der Wand. Stattdessen wandte er sich zu Daichi und lächelte diesen an. »Das glaubst du doch jetzt selber nicht.«, wütend aber immernoch besorgt starrte Daichi dem grauhaarigen in die Augen. »Du sitzt hier kreidebleich und weinst und willst mir allen Ernstes sagen das alles gut ist? Das glaubst du doch jetzt selber nicht.«

Weinen? Suga weinte doch gar nicht. Sofort strich er mit seiner Hand über seine Wange und tatsächlich. Sie war nass. Wann hatte er denn bitte angefangen zu heulen? Und er hatte es nichtmal bemerkt. Oh man, was war eigentlich falsch mit ihm. Suga verstand sich selbst nicht mehr. Plötzlich spürte er, wie der Größere ihn umarmte. »Was immer dich bedrückt, du kannst es mir sagen und auch, wenn du es mir nicht sagen willst. Ich werde dir helfen, egal was los ist.«

Perplex starrte Suga vor sich hin. Sein bester Freund umarmte ihn immernoch und machte auch keine Anstalten ihn loszulassen. Er spürte, wie das Gefühl von eben sich ganz einfach in Luft auflöste und durch eine angenehme Wärme ersetzt wurde. Vorsichtig erwiderte der Kleinere die Umarmung und legte seinen Kopf auf Daichis Schulter ab. Er fühlte sich überhaupt nicht mehr schlecht, im Gegenteil. Ihm war warm und sein Körper kribbelte wieder. Was machte Daichi nur mit ihm?

Schließlich beendete der schwarzhaarige die Umarmung und schaute Suga erneut an. »Geht's wieder?« »Ja.«, wieder lächelte Suga, doch diesmal war es echt. »Danke.«, fügte er noch hinzu und spürte, wie er rot wurde. Also war wieder alles beim Alten.

Anschließend entschieden sie, dass sie sich irgendeine Volleyball Doku anschauen wollten. Und irgendwann am Abend verabschiedete sich Suga und machte sich, mitsamt seinem Stapel an Schulsachen, auf nach Hause. Morgen war wieder Schule und außerdem standen diese Woche die ersten Prüfungen an. Deshalb hatte der grauhaarige sich schon relativ früh auf nach Hause gemacht. Am liebsten wäre er einfach gar nicht gegangen, aber das erschien ihm dann doch etwas zu viel. Schließlich hatte er schon den ganzen Tag über die Gastfreundschaft der Sawamuras strapaziert.

Suga schloss seine Haustür auf und hob den Stapel, den er kurz zuvor abgelegt hatte, auf und verschwand im Haus. Dann brachte er seine Sachen nach oben und ließ sich ins Bett fallen. Die Sache mit dem Poster ging ihm nicht aus dem Kopf. Weniger die Tatsache, dass Michimiya Daichi dieses Bild geschenkt hatte, sondern mehr seine eigene Reaktion.

Er hatte wirklich angefangen zu heulen. Aber warum eigentlich? War er eifersüchtig? Naja, dann heulte man nicht, oder? Außerdem gab es nichts, worauf er eifersüchtig hätte sein können. Es war wahrscheinlich einfach wie Daichi gesagt hatte. Ein Geschenk, von Kapitän zu Kapitän. Und was wenn nicht? Sofort schob er diesen Gedanken weg. Es hatte sowieso keinen Zweck sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Wenn es so war, dann konnte Suga auch nichts daran ändern. Er würde einfach versuchen sich für die Beiden zu freuen. Hauptsache Daichi war glücklich.

Wieder machte sich ein unangenehmes Gefühl in ihm breit. Er musste wirklich aufhören darüber nachzudenken. Deshalb sprang er auf, machte sich fertig und griff nach seinen Kopfhörern, um sich mit Musik abzulenken.

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Soo, hoffe natürlich es hat euch gefallen. Ich freue mich wie immer über Feedback und/oder Verbesserungsvorschläge.
Habt alle noch nen schönen Tag (oder Nacht) :)
Bis dann 😊👋

Daisuga <3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt