Die Blutspur, die sich durch die halbe Eingangshalle zog, sah ich schon von weitem, als Nairobi und ich dort ankamen.
"Matías? Was ist passiert?", rief meine Freundin ihm geschockt zu, doch dieser sah so aus, als wäre alles normal. "Wo ist Manila?"
"Im Nebenzimmer bei der Rezeption."
Sofort rannten wir quer durch den großen Raum, doch wir beruhigten uns schnell wieder, als wir sahen, wer angeschossen wurde.
Arturo Román lag auf dem Boden, wo er gerade von Stockholm und dem Gobernador versorgt wurde, da Manila, die daneben stand und die Pistole, die ich gegeben hatte, lässig in ihrer Hand drehte.
"Was soll das, Manila? Deine verdammte Tarnung ist aufgeflogen! Du hättest einfach rausgehen können, du hast dir damit keinen Gefallen getan!", begann Nairobi sich aufzuregen, aber als ich ihr beruhigend die Hand auf die Schulter legte, schwieg sie.
"Was ist genau passiert?", wollte ich von Manila in aller Ruhe wissen.
"Er hat versucht, Matías zu entwaffnen. Er konnte sich nicht wehren, also habe ich-"
"Schon gut, du hast das richtige getan", meinte ich mit einem Blick zu Arturito, der sich gerade vor Schmerzen krümmte, als der Gobernador seine Wunde säuberte, damit sie ihm die Kugel herausholen konnten. "Stockholm, nicht du."
Schnell legte diese die Pinzette weg, als ich sie darauf ansprach.
"Wir müssen weg. Befehle von Palermo."
Ich sah, wie ihre Augen freudig zu funkeln begannen, während sie aufsprang und Nairobi die Pinzette in die Hand drückte.
"Wir kommen nach, hermanas", meinte Manila lächelnd, bevor sie uns sanft aus dem Raum schoben, um endlich Arturo zu operieren.
Ich wusste, dass Mónica seit Tagen Cincinnati sehr vermisste, doch als sie mich förmlich zurück in den Tresorraum zerrte, wusste ich plötzlich, wie sich das anfühlen musste, Mutter zu sein. Ich wusste auch, dass es stark von ihr war, dass sie in die Bank gegangen war, obwohl ihr Sohn da draußen sie brauchte und die Überlebenschancen anfangs unter 50 Prozent gelegen hatten, aber würde ich als Mutter auch so handeln?
"Aires, was ist los?", fragte Palermo, während ich mir aus einem Sack mit Klamotten passende Kleidung suchte.
"Was mit mir los ist?", wiederholte ich, sobald ich ein Paar Schuhe herausgenommen hatte und gerade meinen roten Overall gegen ein schwarzes T-Shirt mit roter Jacke tauschte, damit wir in der Menge der Demonstranten vor der Bank nicht zu sehr auffielen. "Martín, ich gehe hier ohne dich raus!"
"Cariño, ich komme nach, so schnell ich kann. Ich lasse euch nicht alleine."
"Da draußen stehen drei Spezialeinheiten, die nur auf einen verdammten Befehl warten, und dann stürmen sie das Gebäude! Was ist, wenn du in der Bibliothek bist und es nicht mehr rechtzeitig runter schaffst?", flüsterte ich und merkte, wie mir die Tränen über die Wangen liefen.
"Shh, Alba, alles ist gut", versuchte er mich zu trösten. "Heute Abend sind wir wieder zusammen, hm?"
"Martín, bitte komm mit raus."
"Verstehst du es nicht? Ich muss hier bleiben, bis alle draußen sind. Das ist meine Aufgabe."
"Bitte ... Martín, bitte ...", schluchzte ich, aber sofort spürte ich eine Hand an meinem Rücken, die mich sanft zu den Lüftungsschächten drängte.
"Er hat Recht und morgen liegt ihr schon in der Karibik am Strand, nicht?", munterte Tatiana mich auf.
Ich nickte und wischte meine Tränen weg, bevor ich ihr und Stockholm in den Schacht folgte, ohne mich noch einmal umzudrehen.