Kapitel 2

465 14 3
                                    

,,Lucy, kann ich mit dir reden?", fragte ich und kam zu ihrem Platz, wo sie gerade ihren Partner Lenny putzte. Lenny dagegen leckte Lucys dunkles Fell und flüsterte ihr was zu. Lucy unterbrach kurz das Putzen von ihrem Partner und drehte sich zu mir. ,,Ja, kannst du machen... Was gibt es denn? Ist es was schlimmes?" Ich zuckte mit den Schultern. Lenny, der sich bis gerade von seiner Putzarbeit nicht ablenken ließ, drehte sich schließlich doch zu mir. Der braune Schecke musterte mich freundlich und grüßte mich. Ich nickte ihm  zu und wandte mich an Lucy.

,,Lucy, ich muss hier weg..." Lucy schaute mich an, als wäre hinter mir ein Pferdeschläger. ,,Was?"

,,Nun, Max und ich verlassen heute die Herde." Lucy schüttelte den Kopf: ,,Aber warum?" Auch Lenny guckte verblüfft. ,,Ich hatte heute einen Traum. Ich habe die Szene gesehen, wie Nick unsere Eltern getötet hat. Und nachdem er meine Mutter vergewaltigte, sagte er, dass er mich holen kommt. Und in Max Traum kam heute unser Vater vor, der ihm erzählte, dass Nick in der Nähe ist und wir fliehen müssen." ,,Wir?", fragte Lucy. ,,Soll ich etwa mitkommen?!" Lenny schüttelte den Kopf und flüsterte ihr was zu, Lucy nickte darauf hin intensiv. ,,Nein, Max und ich sollen fliehen."

Lucy schaute mich erstaunt an: ,,Seid ihr etwa ein Paar?" Ich schüttelte den Kopf und erklärte ihr, dass ich alleine noch mehr in Gefahr bin. Max würde hier nichts halten. ,,...und er ist ja immernoch total in mich verknallt.", sprach ich, während ich meine Augen verdrehte. Lucy seufzte und schloss ihre Augen. Ihre dunkelbraune lange Mähne sah zwar gepflegt aus, aber sie sah irgendwie sehr trocken aus, was wohl ein Zeichen von Stress war. Ich ging zu ihr und legte meinen Kopf auf ihren Hals. Sie schluchzte. ,,Das heißt, du wirst deinen Neffen nie kennenlernen? Er oder Sie wird nur Gutes von dir hören!" Ich erstarrte. ,,Ihr erwartet ein Kind?" Lucy und Lenny nickten erfreut. ,,Zu deinen Ehren darfst du ihm oder ihr einen Namen aussuchen." Ich lächelte erstaunt: ,,Das ist aber eine große Ehre." Ich überlegte und sprach darauf:,,Lilien oder Luis." Lenny und Lucy nickten und lächelten sich zu: ,,Ja, dass sind schöne Namen. Die nehmen wir." Ich grinste. Doch dann ging ich zu Lucy und umarmte sie kräftig: ,,Ich vermisse dich jetzt schon. Gib acht auf dich, Lucy. Und auf dein Fohlen." Dann nickte ich Lenny zu und sprach:,,Machts gut, ihr beiden." Dann wendete ich mich ab und hörte nur noch ein leises Schluchzen. Ich ließ den Kopf hängen, aber Max trabbte zu mir und flüsterte: ,,Komm, wir sind jetzt in Freiheit." Dann blickte er ins Weite Grün und galoppierte noch im Lager an. Ich seufzte und galoppierte ihm hinterher.

Lange Zeit galoppierten Max und ich durch das riesige grüne Moor der Farnherde, bis wir irgendwann an einem dichten Wald ankamen. Dieser Ort war die Grenze zur Freiheit und der Herde. Über die Zeit bin ich im Galopp langsamer geworden, aber Max war der Meinung, dass wir erst im Wald langsamer werden durften, da sich die Herdenmitglieder nicht weiter trauten und somit jede seltsame Verfolgungsjagd uns ersparrt beiben wird, ab dem Zeitpunkt, wenn wir im Wald sind. Wir parierten um in einen flotten Trab. Ich schaute mich um. Der Boden war weicher, aber stacheliger. Meine Hufen mussten sich erst an den Ortswechsel gewöhnen. Im Wald war es außerdem kälter und düsterer. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Max musterte mich:,,Hast du Angst?" Ich nickte. Max schmiegte sich an mich und sprach sanft:,,Alles wird gut. Ich werde dich beschützen." Ich wendete mich ab und ließ den Kopf hängen. Max schaute enttäuscht nach unten. Dann sprach er:,,Sarah... Sarah.... Sarah...Ich liebe dich und ich werde dich beschützen. Ganz egal ob du mich liebst oder nicht. Dir wird in meiner Anwesenheit nichts passieren. Besser sterbe ich als du." Ich musterte Max. Er schaute mir tief in die Augen. So niedlich habe ich ihn noch nie gesehen. Und das obwohl wir mal zusammen waren. Ich seufzte. Ich verstand mich manchmal selbst nicht. Ich hatte seit Monaten ein ziemlich wirres Gefühlschaos. Ich mochte Max. Das stand außer Frage. Aber er hatte manchmal so Tage, wo er kaum wiederzuerkennen war. Dann war er respektloser als sonst. Eigentlich war er voll der fürsorgliche, liebe, freundliche und etwas verücktere Hengst. Er würde alles dafür tun, dass mir nichts passiert. Aber er hatte Charaktereigenschaften, wo ich mir nicht sicher war, ob ich ihm blind vertrauen und lieben konnte. Ich seufzte und schaute mir Max an. Er hatte goldenes, gepflegtes Fell. Eine hellbeige Mähne, die gelockt war und einen Schweif, der ziemlich durcheinander war. Seine Gesichtszüge waren hübsch gezeichnet und seine Augen strahlend blau. Außerdem war er ziemlich groß, aber trotzdem athlethisch. Ich seufzte noch einmal, während Max lächelte:,,Verliebt sich da etwa jemand in mich?" Ich schüttelte den Kopf:,,Max, ganz ehrlich. Ich weiß nicht, ob wir jemals ein Paar werden. Ich bin total verwirrt wegen meinen Gefühlen." Max nickte, er sah aber sichtlich enttäuscht aus.

Die nächsten Stunden schritten wir durch den Wald. Und das schweigend. Ich war sehr aufmerksam, denn die Geräusche des Waldes waren sehr verwirrend und schön zu gleich. Mal raschelte es im Laub. Mal klopften Spechte gegen die Baumstämme. Und mal liefen Waldmäuse durch den Boden. Auch die Farben waren verschieden anders als im Revier in der Farnherde. Das Grün am Boden war trüb, an den Bäumen dagegen hell und fröhlich. Außerdem gab es viele Braun- und Schwarztöne. Ich lief interessiert durch den Wald, während Max seinen Kopf sturr geradeaus gerichtet hatte. Irgendwann wendete er ab und lief auf eine moosige Stelle unter vielen Bäumen. Darauf sagte er: ,,Sarah, wir können uns hier vielleicht ausruhen. Die Sonne geht gleich unter und wir sind schon total müde." Er schaute mich mit einem etwas ernsterem Blick an und musterte mich. Ich zitterte leicht, ließ mir aber nichts anmerken. Dann lief ich zu ihm und legte meinen Kopf über seinen Hals. Ich zog seinen angenehmen Duft ein uns flüsterte:,,Danke Max, dass du mich begleitest und dein Leben für mich änderst." Max, der scheinbar meine Nähe genossen hat, nickte und sprach:,,Du bist mir sehr wichtig, Sarah"

Ich freu mich auf Verbesserungsvorschläge etc 😊

Pferde der WildnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt