Kapitel 8

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Wir küssten uns lange. Ich konnte mich nicht von seinen Lippen lösen. Die sanften Bewegungen erzeugten ein wohliges Gefühl in mir. Ein Gefühl der Geborgenheit. Und der Liebe. Schließlich unterbrach er den Kuss und schaute mir in die Augen. In ihnen lag etwas überraschtes, aber auch sanftes. Er räusperte sich und fragte anschließend:,,Sarah? Was war das? Wie kommt es, dass du mich dich küssen lässt?" Ich zuckte eingeschüchtert mit den Schultern und vermied jeglichen Augenkontakt. Auf Max Gesicht bildete sich ein Lächeln. Das schönste Lächeln, dass ich je gesehen habe. Nun, okay. Das mit dem Augenwinkel vermeiden hat nicht so gut geklappt. ,,Willst du mir irgendwas sagen, Blüte?" Er schritt nach vorne, überholte mich und stellte sich direkt vor mich. Sodass ich den Augenkontakt kaum vermeiden konnte. Ich versuchte es aber trotzdem und drehte meinen Kopf nach links und versuchte mich auf die verschiedenen Formen und Farben der Gräser am Waldrand zu konzentrieren. Max aber dachte nicht daran mich in Ruhe zu lassen und räusperte sich, bevor er mit seinen Zähnen meine Wange leicht packte und meinen Kopf in eine gerade Position richtete. „Sarah Jake?" „Ja?" Ich holte tief Luft, als ich meinen Nachnamen hörte, der, wie bei der Farnherde üblich, der Vorname eines Elternteils, in meinem Fall meines Vaters war. Max hielt meinen Kopf immer noch in Position, sodass ich mich nicht wehren konnte. Und so ließ ich nach und schaute in Max wunderschöne Augen. „Ich wiederhole noch einmal. Sarah Jake. Was fühlst du für mich? Und wehe du sagst, dass du dir nicht sicher bist!" Ich runzelte die Stirn:,,Was machst du dann, Max?" „Nun Sarah." Er deutete auf meine Flanken mit einem leichten Kopfnicken. ,,Dann wirst du darum bitten müssen, dass ich aufhöre dich zu kitzeln. Oder so..." Er ließ meine Wange los und warf seinen Kopf in den Nacken. Ich schmunzelte:,,Nun, Max. Ich glaube, dass ich mich in dich verguckt habe.", setzte ich vorsichtig an. Max starrte mich mit aufgerissenen Augen an, was mich schlucken ließ. „Du lügst.", erwiderte er mit ernster Stimme, „denn so wie du mich angeguckt hast, als ich dich besuchen gekommen bin oder so wie du mich gerade geküsst hast, kann es nicht sein, dass du nur in mich verknallt bist. Du liebst mich, Blumen verdammt. So wie ich dich seit Jahren liebe." Ich schluckte noch einmal um dann ein wenig zu nicken. Er hatte schon irgendwo recht. Max lachte noch mehr, was mir auch ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Seine Augen glänzten und sein Fell schimmerte. Ich gab ihm noch ein kleinen Kuss auf die Wange. ,,Ich glaube wir müssen uns so langsam auf den Weg machen. Die Blumen sind noch nicht erschienen, um uns zu sagen, dass wir hier leben können, ohne Angst vor Nick zu haben." Max nickte zögernd. Ich runzelte die Stirn. „Ist was?" Er erstarrte, schüttelte darauf aber eifrig mit dem Kopf und sagte hastig:,, Ne, alles gut. Ich musste nur an Nick, den hässlichen Hengst denken." Ich nickte, aber ich wusste das er log. Wir sind zwar erst seit gerade eben zusammen, aber es ist ja nicht so als würden wir uns erst seit gestern kennen. Ich deutete mit den Kopf Richtung Herzen des Waldes. Und so machten wir uns auf den Weg nach einem akzeptablen Lebensplatz.

Boah, wie sehr ich den Wald liebe. Es gefiel mir hier um einiges mehr als auf dem Territorium der Farnherde. Das Gras unter unseren Hufen war lang und ging uns bis zur Mitte unserer Fesseln. Dieses sah aber nicht immer gleich aus. Mal waren es lange, gerade und etwas spitzere Halme, dann waren es wiederum etwas dunklere gezackte Blätter und manchmal kamen auch einige Löwenzähne oder Kleeblumen aus dem Grün. Man konnte genau erkennen, wenn das eine Gras anders war als das andere. Ich richtete meinen Kopf auf und beobachtete die Bäume. Auch diese waren immer anders. Mal waren sie weiß, dann graubraun oder dunkelbraun. Manche Bäume waren sehr dick und schon zerbrechlich, die anderen waren dünn und zart. Mal hingen runde Blätter, dann eckige und auch nicht selten hingen klebrige, stachelige Nadeln von den Bäumen. Um den Stamm herum sah man auch verschieden Ranken oder Pilze. Ich liebte den Anblick. Aber noch mehr liebte ich den Anblick von Max. Verträumt starrte ich ihn an. Er war groß und muskulös. Sein Fell war golden und seine Mähne beige. Alles sah gut gepflegt aus. Mindestens im Großen und Ganzen. Manchmal hingen Erdklumpen von dem sonst so schönem Fell. Aber er war ja schließlich alleine über den letzten Mond. Plötzlich sagte Max:,,Was ist?" „Ich habe dich nur bewundert." Er räusperte sich:,,Sarah.." Ich schüttelte den Kopf.,,Ist gut. Ich weiß, dass es dir leid tut, was mir passiert ist." Ich nickte ihm lächelnd zu. Max hatte sich bestimmt große Sorgen um mich gemacht:,,Ich kann dir gerne erzählen, wie es mir ging und was ich erlebt habe." ,,Aber.." ,,Ist gut Max." Und so erzählte ich ihm von meinen Erlebnissen auf dem Pferdeschlägerhof. Wie ich mich dort fühlte, was ich erlebte, wie die Pferdeschläger mich behandelten, wie die Stuten dort waren und vieles mehr. Als ich ihm von dem Shagya-Araber erzählte, erstarrte er und seine Wangen wurden rot. Ich kuschelte mich an ihn doch er sagte nur:,,Sarah. Da vorne." Und er deutete so nach rechts, wo eine hübsche, weiße Stute stand. ,,Da ist meine Ex. Frag mich nicht was sie dort sucht..." Ich hielt die Luft an.

Pferde der WildnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt