Kapitel 19

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Ich keuchte. ,,Keine Ahnung.", schnaubte Max, ,,wir müssen Sophie suchen!" Ich nickte, wollte mich nach vorne bewegen, konnte aber nicht. Ich konnte meine Beine kaum spüren. Panik stieg in mir auf und Max schaute mich besorgt an. Ich schaute mit aufgerissenen Augen auf meine Beine runter und sah, wie dick sie angeschwollen waren. Ich wusste nicht, was mit mir los war. Ich habe mich doch nicht etwa verletzt in den letzten Tagen? Oder vielleicht was falsches gefressen? Ich dachte an Sophies Essen. Und dann fiel mir ein, dass sie ein Feuer gemacht hatte. Scheinbar war diese Stelle nicht komplett gelöscht. Und jetzt sahen wir das Endergebnis. Mir wurde immer heißer und der Rauch verdreckte unsere Atemluft. Max lief neben mir her und schaute besorgt aus. Ich drehte mich um und blickte in die Tiefen des Waldes. Die Luft war schon schwer und verraucht, Feuer sah ich noch nicht, ich hörte es aber. Bitte, Blumen, lasst und heil aus dem Wald rauskommen!, bettete ich innerlich. Bitte bringt auch Sophie heile raus. Sie hat für uns ihre Herde verlassen. Sie hat sich berufen gefühlt! Sie ist doch nur Kräuter suchen! Max sagte: ,,Sarah, komm wir müssen dich hier rausbringen. Du bist krank, du schaffst es nicht alleine Raus." ,,Aber was ist mit Sophie?" ,,Sie muss es selber schaffen. Du bist verletzt, sie nicht." Ich seufzte. Ich war zwar manchmal eifersüchtig, ich wusste aber, dass Sophie ein gutes Pferd ist und sie keinen qualvollen Tod erleiden sollte. Sie ist so jung, sie könnte noch so viel erleben! Bitte, komm heil zurück. Max zog mich an der Mähne Richtung Bach. Dieser war am Rande des Waldes. Dort waren wir sicher. Mühsam machte ich einen Schritt nach dem anderen. Jede Bewegung fühlte sich so schmerzvoll an, dass ich jedes Mal das Gesicht verzog. Für die Sicherheit ignorierte ich den Schmerz. Für Max. Für Sophie. Für Mich. Für die Blumen. ,,Sarah", Max blieb stehen und flüsterte mir ins Ohr. ,,Ja?" Max holte tief Luft und flüsterte: ,,Ich liebe dich. Und wir schaffen das" Sein Gesichtsausdruck war angestrengt, aber ich wusste das er Recht hatte. Ich leckte ihm übers Gesicht und seine blauen Augen leuchteten. Sie schenkten mir Zuversicht und Hoffnung. Ich verband diese Farbe immer mit diesen Emotionen. Max war für mich schon immer ein Vorbild und ich wollte ihm folgen. Plötzlich erstarrte Max und schaute an mir vorbei. Ich drehte mich um und sah es. Die Flammen kamen näher und man sah schon ziemlich genau, wie die heiße Glut die Bäume zum Fallen brachte. Die Bäume waren schwarz und die Landschaft war verkockelt. Die davor so bildschöne Landschaft, die ich geträumt habe, und auch die wie sie noch vor ein paar Stunden war, war nicht mehr vorhanden. Stattdessen war alles in einem dreckigem, stinkendem Schwarz. Es sah furchtbar aus und die Flammen fraßen sich immer weiter nachvorne zu uns. Es war zwar noch genug Entfernung zwischen uns und den allesfressenden Flammen, aber wir mussten uns trotzdem beeilen. Max schluckte laut, leckte mir schnell über den Hals und wir liefen so schnell meine angeschwollenen Beine es erlaubten in Richtung Sicherheit. Wir hofften sehr, dass Sophie es heile aus den Flammen schaffte. Denn Fakt war, dass die Flammen nichts übrig ließen. ,,Hoffentlich wird es bald regnen.", keuchte Max. Ich nickte. Ich erinnerte mich an den Regen von vor ein paar Tagen. Die Regensaison hat angefangen. Wir mussten nur hoffen und beten. Max zerrte mich weiter. Der Wald vor uns erstreckte sich. In so einer Situation wirkte er viek größer als er wirklich war. Die noch grünen, gesunden Bäume standen mächtig vor uns. Aber wir wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie auch so schwarz und verkockelt wurden wie die Bäume weiter hinten. Der Wolfsgeruch war auch hier vorhanden. Er begleitete uns die ganzen Zeit. Wir haben noch keine Wölfe gesehen. Ich hoffte, dass sie sich wegen des Feuers verzogen haben und nun irgendwelche Kaninchen fraßen. Der Gedanke von Sophie ließ mich nicht los. Was ist wenn die Wölfe sie attackierten. Oder was ist wenn sie jetzt auch nur noch Staub und Asche ist. Ich schüttelte den Kopf. ,,Wo sind die Wölfe?", fragte ich Max. Er zuckte mit den Schultern. Ich runzelte die Stirn. Komisch. Dann sahen wir endlich den Bach. Innerlich machte ich einen Jubelschrei. Doch als ich ein Blick nach Hinten riskierte, lief mir ein Schauder über den Rücken. Das Feuer hat uns fast eingeholt. Der Gestank der Wölfe intensivierte sich. Max sah auch angespannt aus. Er stellte seine Ohren nach hinten auf und atmete schnell. Er verschnellerte seine Schritte und ich hatte Mühe mitzukommen. Meine Beine taten unglaublich weh, aber ich hatte ein Ziel. Dann endlich waren wir am Ufer. Ich stieg ins kühle Nass und meine Beine fühlten sich plötzlich so viel besser an. Ich blieb kurz stehen, aber Max zog mich weiter nach vorne. Wir schritten durch den Bach und stiegen raus. Als ich oben war, kippte ich um. Vor Kraftlosigkeit. Vor Freude. Und Vor Angst. Es war mir alles zu viel. Max kniete sich nieder und flüsterte: ,,Alles wird gut." Ich nickte langsam und schloss kurz die Augen. Der Rauch aber hat meine Kehle trocken gemacht. Ich hustete und stand dann wieder kraftlos und langsam auf und ging zum Bach. Ich trank sehr lange. Max stand hinter mir und schaute mit trüben Augen in den Wald. Ich machte es ihm nach. Es war schon traurig, was in den wenigen Stunden passiert ist. Plötzlich war der märchenschöne Wald schwarz. Was mich aber sehr irritierte war der Wolfsgeruch. Wahrscheinlich waren sie gestern hier oder so. Aber der Geruch wirkte frisch. Ich zuckte mit den Schultern und legte mich hin. Max kam zu mit und flüsterte mir leise zu, während meine Augen zu fielen: ,,Ich pass auf dich auf."

Geschrei brachte mich aus meinem traumlosen Schlaf raus. Ich schaute auf und sah 4 zerfetzte Wolfskörper neben mir liegen. Max war gerade dabei einem weiteren, ziemlich großem Exemplar das Handwerk zu legen. Ich schreckte auf. Nein! Max war völlig erschöpft und blutverkustet, aber in seinen Augen lag Ehrgeiz. Ich hustete und stand auf. Der große Wolf blickte zu mir und kämpfte für einen Augenblick nicht mehr. Er öffnete das Maul, doch Max bratete ihm eine über und er fiel langsam zu Boden. ,,Oh meine Blumen, Max! Alles gut?!" Ich lief zu Max, der mich nur erschöpft anlächelte. ,,Wofür hast du einen Hengst.", sagte er und leckte mir übers Gesicht. ,,Ich werde aber jetzt deine Wunden säubern. Weißt du was du gegen Blutarmut tun kannst? Und gegen Entzündungen? Oh Blumen, was ist mit Sophie? Wo ist sie? Wir brauchen sie doch!" Ich war komplett aufgelöst, aber Max lächelte nur. ,,Ich liebe dich, Sarah. Jetzt müssen wir uns um uns kümmern. " Er schaute in den brennenden Wald, wo das Feuer direkt vor dem Bach war. ,,Wir müssen hier weg. Die Blumen müssen Sophie doch beschützt haben!"

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