Liebste des Dunklen

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Instiktiv riss Joslyn das Knie hoch und rammte es ihm von hinten in den Rücken. Der Überraschungsmoment war auf ihrer Seite, somit katapultierte sie ihn regelrecht über ihren Kopf hinweg in die Kissen. Hastig krabbelte sie über die Matratze davon und fiel regelrecht aus dem Bett. Die Reste ihrer zerstörten Hose fielen zu Boden und und ihrem Pullover erging es nicht besser. Voldemort richtete sich gefährlich langsam auf, der Blick seiner roten Augen direkt auf sie gerichtet. Joslyn hätte nie gedacht, einmal einen Schauer zu spüren, gemischt aus Angst und Erregung. Ihre eine Seite summte vor Aufregung und konnte die Konfrontation kaum erwarten, während der rationale Teil auf Abstand ging und zur Flucht riet. Hin und her gerissen, zucken ihre Augen von der Tür zum Bett zurück. Doch sie zögert zu lange. 
Auch ohne Magie war der dunkle Zauberer ein überragender Gegner. Joslyn nannte sie beide einander zwar gerne ebenbürtig und in einem Kampf auf Leben und Tod wäre der Ausgang immer noch unbekannt, doch hier und jetzt...
Wie eine Raubkatze glitt Voldemort vom Bett und schlich langsam auf sie zu. Joslyn kämpfte gegen das Image des zitternden Beutetiers an und zeigte ihm herausfordernd die Zähne. Darauf bekam sie ein sinnliches Lächeln, dass sich die kleinen Härchen in ihrem Nacken aufstellten. Wegrennen stand nicht mehr zur Option, also ging sie leicht in die Knie, um ihm einen Tritt zu versetzen, den er für den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen wird. Voldemort entging ihre kampfbereite Haltung nicht und ein Ausdruck von Zufriedenheit legte sich über seine Züge. Wie eine Katze, die den Sahnetopf entdeckt hatte.   
Es klopfte!
Beide erstarrten mitten in der Bewegung und ihre Blicke zuckten zur Tür. Joslyn sah an sich hinab. Ihre Schenkel waren klebrig, der Pullover rutschte ihr fast über die Brüste nach unten und von dem großen Loch an ihrem Rücken wollte sie gar nicht anfangen. Voldemort hingegen sah zwar ein wenig zerzaust aus, aber wenn er seine Hose schloss, könnte er eine Abendgesellschaft besuchen. 
"Meister?" 
Beim Klang von Bellatrix Lestranges vorsichtiger, unheimlich hoher Stimme, zuckte Joslyn zusammen. Voldemort antwortete nicht, sondern beobachtete jede von Joslyns Bewegungen. Über das blasse Gesicht huschten zahlreiche Emotionen, die er mit seinen roten Augen regelrecht in sich aufsog. Offenbar beunruhigte Bellatrix die anhaltende Stille und die Türklinke bewegte sich nach unten. Instinktiv, bevor sie sich selbst daran hindern kann, schlug Joslyn gegen die Tür und drückte sie somit wieder zu. 
"Meister?!" Eine deutliche Aufforderung. 
"Mach, dass sie weggeht!" verlangte sie im Flüsterton. Voldemort zog eine Augenbraue hoch, ein verschlagenes Grinsen schlicht sich auf seine Gesichtszüge. 
"Warum sollte ich das tun?" 
Wieder diese Flut an Emotionen, die sich auf dem sonst so kühlen Gesicht zeigte.  
"Weil..." 
Die Tür wurde aus den Angeln gerissen und Joslyn konnte noch gerade so zur Seite ausweichen. 
"Meister!" Bellatrix schob sich ins Zimmer, den Zauberstab kampfbereit erhoben.  Ihr Blick zuckte wild durchs Zimmer und blieb an dem zerwühlten Bett hängen. Der Schreck lenkte sie kurzzeitig ab und ermöglichtete es Joslyn zu reagieren. Blitzartig wand sie sich um den Türrahmen nach draußen in den Flur und dann ertönten federleichte Schritte. Als Voldemort in den Flur trat, war der Gang bereits leer. Doch mit ihrem jetzigen Aussehen bezweifelte er, dass sie weit kommen würde. Nebenbei befand sich das Schloss, das er bezogen hatte, in den Schottischen Highlands. Ein Ort, an den sich nur selten jemand verirrte. 
"Meister?" Seine treuste Dienerin war ganz blass im Gesicht und ihre Augen zuckten ruhelos umher, nur nicht zu ihm. 
"Ein kleines Vögelchen ist ihrem Käfig entkommen. Fangt sie wieder ein und bringt sie zurück in den Keller!"
"Natürlich, Master!" Bellatrix verneigte sich tief, bevor sie mit einem grimmigen Blick auf dem Gesicht davonstürmt, um Joslyn einzufangen. Voldemort verschränkte die Arme vor der Brust und tippte mit den Fingerspitzen auf seine gewölbten Bizeps. 
Mit Joslyn Watson wurde es wirklich nie langweilig. 

Seufzend betrachtete Joslyn ihren ruinierten Kaschmirpullover. So schön weich und warm. So ein Kleidungsstück würde sie nie wieder finden. Es war ein Einzelstück von einem bekannten, französischen Designer, für das sie die Zeit wenige Sekunden angehalten hatte. Jetzt musste sie dieses hübsche Stück eintauschen. Gegen einen hässlichen Todessermantel. Ansonsten schien es nicht wirklich etwas zu geben, dass sie anstelle ihrer ruinierten Kleider anziehen konnte. Sie konnte nicht kurz nach Frankreich reißen, um einen Designerladen auszurauben. Ihre Kräfte waren immer noch nicht zurück, auch wenn sie langsam wieder das Feuer in sich spürte. Doch noch war es eine erlöschende Glut. Es beruhigte sie jedoch, dass ihre Kräfte von selber zurückkamen und sie nicht einen albernen Trank oder dergleichen von Voldemort benötigte. 
Das bedeutete, sie musste nur lang genug vor Bellatrix davonlaufen, bis ihre Kräfte sich wieder regeneriert hatten. Aber das erklärte nicht, wie Voldemort ihr ihre Kräfte nehmen konnte. Es war logischer, dass Voldemort es geschafft hatte, ein Schild zu errichten, dass ihre Kräfte wegsperrte. Doch ihre Macht war kein gewöhnliches Konstrukt. Ein Schild, ob von Voldemort oder Dumbledore errichtet, konnte nichts wegsperren, was dorthin gehörte. Die Magie in ihrem Innern kämpfte gegen das Schild an und würde erst aufgeben, wenn diese Mauer nicht mehr existierte. Sie schmolz langsam dahin. 
Mit den Resten ihres Pullovers wischte sie sich die Beine ab und betrachtete ihr Höschen mürrisch. Wenn sie es jetzt wieder anzog, würde es unangenehm werden. Also warf sie es zur Seite. Zum Glück bedeckten die Todesserumhänge den Träger von Kopf bis Fuß. Den, den sie gefunden hatte, war ein bisschen zu groß und schleifte hinter ihr her. 
"Mal sehen, was Voldemort als angemessen empfindet." Joslyn war gut darin, Probleme zu bereiten und andere an der Nase herumzuführen. Ein wahrer Meister, um ehrlich zu sein.
In den nächsten Stunden, während sie darauf wartete, dass die Barriere in ihr dahin schmolz, huschte sie durch die kleine Burg und machte sich mit dem Ort vertraut, darauf achtend, niemanden über den Weg zu laufen. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, der Todesserin und ihrem Meister auf der Nase herumzutanzen. 
Immerhin waren sie drei, die einzigen in der Burg. Und es machte Spaß, Bellatrix' Frust- und Wutschreie aus der Ferne zu hören. 
Im Moment hatte sie es sich auf dem Dachboden gemütlich gemacht, zwischen Staub und Spinnenweben  und genoss die letzten Strahlen der Sonne. Außer Spinnen und Mäusen gab es hier oben nichts. Es war ein enger, kleiner Ort, in dem sie nicht einmal aufrecht sehen konnte. Die wenigen Fenster waren dreckig und ließen nur gedämpftes Licht herein, doch man konnte sie von Innen mit einem Riegel öffnen. Dieser Dachboden ließ sich nur über eine Luke im Boden und mithilfe einer Leiter erreichen. Wenn man ein Muggle ist. 
"Kein schlechter Geschmack." murmelte Joslyn und rollte sich auf den Bauch, das Kinn in die Handfläche gestützt. Mit zwei Fingern und etwas Spuke versuchte sie, eine durchsichtige Fläche zu erschaffen, um nach draußen sehen zu können. Es funktionierte nicht. Der Dreck hatte sie hauptsächlich draußen angesetzt, also öffnete sie den Riegel und ruckelte vorsichtig an dem Griff, um das Fenster zu öffnen. Rost und Spinnenweben erschwerten ihren Versuch, doch schließlich schaffte sie es. Mit einem hässlichen Knirschen öffnete sich das Fenster und frische Luft flutete das enge Dachgeschoss. 
Joslyn gab ein zufriedenes Summen von sich und streckte dem Luftzug das Gesicht entgegen. Ihre Beine baumelten durch die Luft, während sie die Landschaft draußen betrachtete. 
"Vergebt mir Meister, ich habe versagt! Mir läuft die Zeit davon." 
Joslyn horchte auf und zog sich mit den Armen weiter vor, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen, der nicht auf die Landschaft gerichtet war. Auf dem Hof unter ihr standen Bellatrix und Voldemort. Obwohl Bellatrix eher im Dreck kniete und mit der Stirn beinahe die Erde berührte. 
"Geh und erfülle deine Pflicht. Wenn du zurückkommst, erwartet dich deine Strafe." 
"Ja Meister, ihr seid zu gütig!" 
"Draco wartet in Hogwarts sicher schon auf dich. Also geh!" 
Joslyn setzte sich auf, als hätte man ihr ein offenes Stromkabel an die Schulter gehalten. Dabei schlug sie sich den Kopf am Fensterrahmen an und verursachte ein lautes Krachen, das sich anhörte, als hätte sie sich den Schädel gespalten. Fluchend schlug sie beide Hände über die schmerzende Stelle und krümmte sich nach vorne zusammen. Ihr Gleichgewicht verabschiedete sich und sie stürzte auf dem Fenster. 
"Fuck!" ist das einzige, was sie sagen konnte, bevor sie im freien Fall gefangen war. 
Ob ihre Magie schon weit genug durchgedrungen war, um ihr Überleben zu sichern?
Schwarzer Rauch umgab sie und riss sie in die gegengesetzte Richtung. Rasch erlangte sie die Kontrolle über ihren Körper zurück, obwohl sie sich in einem bodenlosen Sog befand. Gedanklich fluchend verschränkte sie Arme und Beine, während sie in schwarzem Nebel gefangen war. 
Offenbar war sie direkt in Bellatrisx' Appariervorgang gesprungen und reiste nun mit ihr zusammen wohin auch immer.  Hogwarts konnte es nicht sein, dorthin konnte man nur mit einer besondern Genehmigung apparieren, die selbst Joslyn nur erhielt, wenn sie einer weiteren Spur nachging und schnell von A nach B kommen musste. 
Ihre Kräfte waren im Moment vielleicht nicht auf ihrer vollen Höhe, doch Joslyn bestand aus weitaus mehr, als nur ihren Kräften. Somit konnte sie auch ziemlich genau sagen, wann die Reise sich dem Ende neigte. In einer fließenden Bewegung entwirrte sie ihre Beine und landete elegant auf den Fußsohlen. Der heftige Wirbel legte sich langsam und sie erkannte blinzelnd das Innere eines staubigen, düsteren Ladens. Sie erkannte die Einrichtung sofort. Ein paar Mal hatte sie ihm einen Besuch abgestattet. 
Borgin & Burke's.
Bellatrix und sie waren nicht die einzigen im Laden. Schnell duckte Joslyn sich hinter eines der Regale und zog sich die Kapuze des Umhangs über den Kopf. Genau wie alle anderen im Laden, außer dem Besitzer Mr Borgin. So verschmolz sie problemlos mit den anderen fünf Todessern. Es roch gewaltig nach Ärger und wenn Joslyn nicht die Ursache dieses Ärgers war, konnte sie ihn schon jetzt nicht leiden. 

Times Die Macht der MagieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt