Das Gleichgewicht

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Ihr Atem reichte nicht lange. Der Ausdruck auf Voldemorts Gesicht änderte sich schlagartig beim Anblick ihres Lächelns. Die Erleichterung wurde zu gequältem Hunger. Seine Hand umfasste gewaltsam ihren Nacken und zog sie hoch. Dann verschloss sein Mund ihre Lippen und machte jede Möglichkeit ihm Beleidigungen an den Kopf zu werfen, unmöglich. Sofort verstärkte sich ihr Griff um seine Arme und ihre Beine zappelten auf dem Boden. Zähne gruben sich in ihre Unterlippe und zwangen sie dazu, den Mund zu öffnen. Seine Zunge tauchte in ihre Mundhöhle und machte sie schwindelig. Gekonnt verführte er sie mit allen im zur Verfügung stehenden Mitteln. Frischer Schnee auf ihren Lippen ließ sie erschaudern und süße, exotische Früchte in ihrem Mund machten ihr das Atmen schwer. Der Hauch von Blut und Alkohol ließen ihren Kopf schwirren. Trotzdem weigerte sie sich, die Augen zu schließen.  Mit flatternden Wimpern sah sie ihm fest in die roten Augen und er erwiderte ihren Blick. Sie erkannte die Wärme ihrer eigenen Seele in seinem Blick und sein brennendes Herz. 
Langsam wanderte ihre Hand über seinen Hals hoch zu seinem Hinterkopf. Über diese unwiderstehlichen Lippen, die sie gerade küsste, glitt ein triumphierendes Grinsen, als sie die Finger in seinem Haar vergrub. Genüsslich erwiderte sie das breite Grinsen... und riss so heftig an seinen Haaren, dass sie spürte, wie sie ein paar Strähnen ausriss. Instinktiv biss er zu. Ihre Unterlippe fühlte sich an, wie eine überreife Frucht, die er mit seinen Zähnen jetzt zum Platzen brachte. Blut bedeckte ihre Münder und floss über beide Kinns. Mit einem Knurren wich Voldemort ein Stück zurück und gab sie frei. Sein Mund war voller Blut, trotzdem grinste er diabolisch. Genüsslich leckte er sich über die Lippen und verzog das Gesicht vor Wonne. Joslyn beobachtete ihn einige Sekunden, bevor sie erneut an seinen Haaren riss.
"Es sind Kinder anwesend!" erinnerte sie ihn mit rauer Stimme, bevor sie seinen Körper benutzte, um sich auf die Beine zu stemmen. Dabei achtete sie darauf, dass sie über ihm aufragte. Einfach nur, um ihn zu ärgern. Und sie erreichte ihr Ziel problemlos. Mürrisch warf er ihr einen Blick zu, als sie höhnisch auf ihn hinabgrinste und erhob sich ebenfalls. Das Grinsen verschwand von Joslyns Lippen, als er immer größer wurde,  bis er sie mit mindestens einem Kopf überragte. Finster sah sie zu ihm hoch und klopfte mit der Schuhspitze auf den Boden, während sie gleichzeitig die Arme vor der Brust verschränkte, den Mund voller Blut. 
"Ich brauch höhere Schuhe!" seufzte sie und hob den Saum ihres Kaftans an, um ihre hohen Sandalen zu betrachten. Es waren bereits dreizehn Zentimeter. Sie hatte natürlich noch höhere Absätze, doch für eine Konfrontation auf Augenhöhe mit Voldemort reichten die auch nicht aus. 
"Noch höher und du wirst dir beim ersten Schritt den Hals brechen." Voldemort war ihrem Blick gefolgt. 
"Ihr Männer seid ja so süß, wenn es um Absätze geht." lachte sie zu ihm hoch, kurz bevor sie ihm besagten Absatz gegen das Bein haute. Fluchend knickte er ein und fiel auf ein Knie. Zufrieden warf Joslyn die Haare über die Schulter zurück und wollte sich zum Gehen wenden, als ihr klar wurde, dass ihre Situation nicht mehr so einfach war, wie sonst. Sie befand sich vor einer ganzen Schülerschaft und einer Gruppe Todesser, die sie alle anstarrten. Langsam, gegen eine Welle Scham ankämpfend, wischte sie sich mit dem Handrücken über das Kinn und begegnete Bellatrix' wütendem Blick. Eine gute Ablenkung. 
"Was ist los, Lestrange? Sauer, weil dein Herr seine Frau über seine Ideale gestellt hat?"
"DU!" kreischte Bellatrix und hob den Zauberstab. Kichernd stieß Joslyn sich mit dem Fuß ab und landete mit einem eleganten Rückwertssalto auf dem Lehrertisch. Bellatrix setzte ihr sofort nach. 
"Du verdammte Nixe! Was hast du mit unserem Lord gemacht?" 
Voldemort betrachtete seine treuste Todesserin für ein paar Sekunden, bevor er sich desinteressiert und kopfschüttelnd abwandte. Er sah keinerlei Sinn darin, sich in den Streit einzumischen. Bellatrix wünschte sich den Zauberer zurück, der die Welt beherrschen wollte, doch dieser Mann existierte nicht mehr. Er war Joslyn begegnet und war zu Asche zerfallen. Aus dieser Asche hatte sich der Mann erhoben, der jetzt in der großen Halle stand. Ein Zauberer, der vielleicht immer noch der Meinung war, dass Mugglestämmige ein Studium der Magie nicht verdienten, doch keine Interesse mehr daran hatte, die Welt nach seinen Wünschen zu gestalten. Solange es den hellen Stern Joslyn in seiner Welt gab, musste er sich keine Sorgen machen, dann benötigte er nichts anderes. Es freute ihn, wenn sie sich selbst als seine Baut oder dergleichen bezeichnete, auch wenn es nur war, um Bellatrix zu ärgern. Obwohl er gestehen musste, dass er Joslyn gerne beobachtete, wenn sie sich wie eine Raubkatze bewegte und gemein war.  
"Liebste, wir müssen gehen!" unterbrach er den Kampf, bei dem Bellatrix rasend vor Wut um sich schlug und Joslyn kichernd auswich, nachdem sie weiter Öl ins Feuer gegossen hatte. Bellatrix und Joslyn sahen beide zum ihm. In den Augen der Todesserin glitzerte es hoffnungsvoll, obwohl es keinerlei Hoffnung geben konnte. Joslyn entging dieser Blick nicht. Und Voldemort entging ihre Reaktion darauf nicht. Ihre Stirn legte sich in wutentbrannte Falten, ohne die Emotion sonst auf ihrem Gesicht zu zeigen. Ihr Auge zuckte leicht, dann schlug sie Bellatrix mit der Handkante auf den Scheitel. Mit einem gequälten Aufschrei schlug Bellatrix die Hände über dem Kopf zusammen und versuchte so den Schmerz zu lindern. 
"Du Hure! Ich..." Die Todesserin brach mitten im Satz ab, als sie sich zu Joslyn umdrehte. In diesen seltsamen Augen hinter violetten und schwarzen Haarsträhnen lag die Hölle. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit empfand Bellatrix Angst. Panische, allesverzehrende Angst, die sich durch ihren Körper fraß und sie daran hinderte, auch nur einen Muskel zu bewegen. Mit einer betont gleichgültigen Bewegung hob Joslyn ihr Kinn mit dem Knie an und zwang sie weiter in diese Abgründe der Hölle zu blicken. Die Halle war erfüllt mit einer drückenden Stille. 
Im Moment war Joslyn keine wilde Hexe oder eine fröhliche Bibliothekarin. Sie war der Stern, der aus dem Himmel verbannt wurde. 
"Dieser Mann, egal welches Leben er lebt, gehört mir!" Kristallklare Worte mit rasiermesserscharfer Kälte. 
"Bete, dass ich dich nicht als ernsthafte Bedrohung betrachte, Bellatrix Lestrange. Sollte das passieren, werde ich dich töten! So wie er jeden Mann für mich töten würde." Ein nonchalantes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, als sie das Knie wegnahm. Dann richtete sich ihr Schritt durch die Halle. Ihre Absätze klackerten wieder auf dem Stein. Voldemort ließ sich Zeit und betrachtete stattdessen ihre zum Anbeißen leckere Rückseite. 
"Die Todesser werden Hogwarts verlassen. Minerva McGonagall wird die Leitung der Schule übernehmen. Der Krieg ist vorbei. Geht!" 
"Das ist nicht möglich!" Bellatrix stemmte sich zitternd hoch. Ein schwaches Lächeln formte sich auf ihren Lippen. "Sie sind schon hier!" 
Mit einem leisen Klackern kam Joslyn zum Stehen, die Beine perfekt nebeneinander. Schwungvoll drehte sie sich zu Minerva um, die mit den anderen Lehrern an der Wand stand und das Geschehen mit weit aufgerissenen verfolgte. 
"Der Kampf kommt hierher. Du solltest den Orden herbestellen und Harry aus dem Raum der Wünsche holen."
"Also ist Potter hier!" krähte Bellatrix triumphierend. Joslyn wedelte leicht mit der Hand und mit einem plötzlichen Würgen griff Bellatrix nach ihrer Kehle. McGonagall straffte sich und gab rasch Anweisungen, um dem Rat ihrer alten Freundin zu folgen. Während ein plötzliches Durcheinander herrschte, in dem McGonagall die Rolle des Feldherrn übernahm, trat Voldemort von hinten an Joslyn heran und stützte das Kinn auf ihren Kopf. Sie ließ zu, dass er sich wie ein verwöhntes Kind benahm. 
"Was ist mit Ihnen, Joslyn? Werden Sie kämpfen?" 
"Nah!" machte Joslyn und winkte mit der Hand ab. Die Professorin hob leicht eine scharfe Augenbraue. Das Grinsen auf den Lippen ihrer Freundin beunruhigte sie ein wenig. Doch sie spürte auch Aufregung. Mit dem Hauch eines Lächelns auf den Lippen lehnte sie sich leicht vor. 
"Du darfst etwas in die Luft sprengen. Wie wäre es mit der Brücke?" 
Das Grinsen auf Joslyns Lippen wurde breiter und spitzbübischer. 
"Neville Longbottom! Dean Thomes! Seamus Finnigan!" 
Die rebellischen Schüler hatten sich wieder blicken lassen. Von dieser plötzlichen Übermacht der Schüler und Lehrer überwältigt, konnten die anwesenden Todesser nicht mehr viel tun, als auf ihre Verstärkung zu warten. Hinzu kam, dass sie ihren Anführer verloren hatten. Voldemort klebte an Joslyn wie eine Klette, das Kinn entweder auf ihren Kopf oder ihre Schulter gestützt. 
"Madam!" kam die sofortige Antwort und die drei Schüler traten an, als hätte ihr General gerufen. Die Professorin grinste leicht. 
"Ihr werdet hervorragende Arbeit leisten!" versicherte McGonagall und erntete von ihrer Freundin, als auch von ihren Schülern ein fettes Grinsen. 
"Jungs, wir werden etwas in die Luft sprengen!" Plötzlich war da wieder die Bibliothekarin.
"Voll krass!" Die vier klatschten sich ab, doch das Grinsen der Jungs wurde etwas gezwungen, als sie sich plötzlich einem brennenden Blick über Joslyns Schulter gegenüber sahen. Ohne hinzusehen, klatschte sie Voldemort leicht auf den Kopf. 
"Hör auf die Schüler zu verschrecken. Ich hab gerade deiner stärksten Todesserin gedroht, sie umzubringen, wenn sie versucht dich mir weg zu nehmen. Also fühl dich geehrt und halt die Klappe." 
"Ich hab nichts gesagt." summte Voldemort voller Genugtuung. Allein wenigen des Prinzips, drehte sie den Kopf und biss ihn in die Wange. 
"Wir gehen schon mal vor!" erklärten die Schüler hastig und sprinteten aus der Halle. Joslyn sah ihnen seufzend nach. 
"Du bist ein Arsch!" erklärte sie ruhig, ohne ihn anzusehen. Er kicherte und sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr. 
"Und du ein gemeines Miststück!" 
"Touché! Wir geben wirklich ein perfektes Paar ab." 
Neben ihrem anderen Ohr zischelte es. Joslyn zischelte zurück und Nagini wickelte sich fröhlich um ihren Oberarm. 
"Warum spricht sie plötzlich nur noch mit dir?" murrte Voldemort und folgte ihr, als sie aus der Halle rauschte. 
"Frauen verstehen sich eben!" 
"Verräterin!" zischelte Voldemort in Richtung seiner Schlange, die ihm als Antwort die Giftzähne zeigte. 
"Hey, kein Streit!" lachte Joslyn und durchquerte die Eingangshalle. Das Tor explodierte direkt vor ihren Augen in tausend Teile und wieder wurde sie zum Stehenbleiben gezwungen. Diesmal jedoch weil Voldemort sich so schnell vor sie schob, dass sie fast glaubte, er sei appariert. Instinktiv warf sie ihr Schutzschild wie ein Netz aus. Gleichzeitig spürte sie, wie sich seidene Bänder um sie wickeln, um ihr Schutz zu geben. Ihr Schild war ein engmaschiges Netz, das töten und beschützen konnte. Das von Voldemort konnte dasselbe tun. Doch im Gegensatz zu Joslyns war seins weich und sanft. Warm und dunkel, wie seine Augen und nicht hell und kalt, wie Joslyn. 
"Hättest du dir in deiner Jungend nicht ein weniger gefährlicheres Hobby suchen können? Sowas wie stricken oder kochen?" murrte Joslyn und wischte sich Staub von der Schulter. Voldemort drehte sich mit einem Schnauben zu ihr um. Sein Arm legte sich um ihre Taille und er zog sie mit einem Ruck zu sich heran. Sie schlug sich fast die Nase an seinen Brustmuskeln an, also sah sie naserümpfend zu ihm hoch.
"Was?" murrte sie verärgert. 
"Wenn ich ein lieber Junge gewesen wäre und ein langweiliges, einfaches Leben gelebt hätte, wären wir uns nie begegnet und dann hättest du mich auch keines Blickes gewürdigt." 
Nachdenklich schürzte Joslyn die Lippen, die Nase immer noch gekräuselt. Mit einem schiefen Lächeln küsste er sie auf die Nasenspitze. 
"Tu nicht so überrascht. Du weißt, dass ich recht habe!" 
Sofort verschwand die gerunzelte Stirn und machte einem saftigen Kopfstoß Platz, mit dem sie ihm fast den Kiefer zu brechen schien. Sofort ließ er sie los und taumelte einen Schritt zurück, beide Hände auf das Kinn gedrückt. Joslyn zupfte ihren Kaftan zurecht und wollte sich gerade das explodierte Tor näher ansehen, als ein heller Lichtblitz sie seufzen ließ. Der Fluch prallte mit ihrem Netz zusammen und verursachte eine weitaus größere Reaktion, als erwartet. Überrascht verlor sie den Boden unter den Füßen und wurde durch die Luft geschleudert. In ihren Ohren hallte ein Schrei, der sie erschaudern ließ. So einen Laut hatte sie zuvor noch nie gehört. Verzweiflung, panische Angst und ein Schmerz, der an Verlust erinnerte. Dieser Laut ging ihr durch Mark und Bein. Erfüllte ihr Innerstes und ihren Kopf. 
Voldemort schrie! Er schrie ihren Namen voller Panik. 
Warum hatte er so große Angst? Um sie? 
Sie hatte ihr Netz, das sie schützen konnte. Ein mächtiger Schutzmechanismus, geboren aus der Macht der Venus. Ein einfacher Fluch, selbst ein Todesfluch konnte ihr unmöglich etwas anhaben.
Stein brach unter ihrem Rücken und war nicht in der Lage ihren Flug zu stoppen. Joslyn wurde quer durch die Große Halle geschleudert und krachte gegen den Lehrertisch. Zusammen mit dem Tisch aus schwerem Eichenholz kippte sie um und ging zu Boden. Mit ruckartigen Bewegungen und zitternden Gliedern sah sie an sich hinab. Dort, wo Netz und Fluch aufeinandergetroffen waren, prangte ein gewaltiges Loch. Der Geruch nach verbranntem Fleisch und Blut stieg ihr in die Nase. 
"Fuck!" presste Joslyn atemlos über die Lippen und versuchte sich in eine aufrechte Position zu drücken. Irgendwie wollte ihr Körper nicht so wirklich. Etwas stimmte mit ihren Knochen und Muskeln nicht. Als hätte der Fluch alles auseinandergerissen und falsch zusammengesetzt. 
"Joslyn!" Voldemort fiel neben ihr auf die Knie und streckte die Hände nach ihr aus. Doch er schien nicht recht zu wissen, wo er sie packen sollte. Offenbar sah sie schlimmer aus, als sie gedacht hatte. 
"Was ist aus Liebste geworden?" schnaubte Joslyn und spürte etwas Warmes über ihre Lippen laufen. Ihre Hand gehorchte ihrem Befehl nicht und bewegte sich nicht. Voldemort streckte die Hand aus und wischte das Blut sanft weg, das ihr aus der Nase lief, ein Lächeln umspielte seine Lippen. 
"Liebste!" Vorsichtig schob er die Arme unter ihren Körper, um sie hochzuheben. Um sie herum war die Hölle los. Die letzte Schlacht war innerhalb eines kurzen Sekundenbruchteils ausgebrochen. Todesser kämpften gegen Schüler und Lehrer, denen der Schreck noch deutlich anzusehen war. Es war zwar nicht allgemein bekannt, welche Kraft in Joslyn lauerte, doch in den letzten Jahren ist sie für die Schüler ein unbeweglicher Pfeiler der Sicherheit geworden. Fast wie Dumbledore selbst. Das sie jetzt gebrochen am Boden lag, war ein gewaltiger Schock für alle. 
"Wer auch immer die arme Seele ist, die den Fluch abgefeuert hat, ich werde ihn in seine Einzelteile verreißen." nuschelte sie mühevoll. Ihr Kiefer bewegte sich nicht richtig. 
"Nicht sprechen! Nicht, bis ich nicht weiß, was mit dir passiert!" Er brachte sie durch die Tür hinter dem Lehrertisch in den Raum dahinter. 
"Was..." 
Voldemort hielt ihr den Mund zu. 
"Nicht! Sprechen!" knurrte er herrisch und erzeugte somit ein verzerrtes Lächeln unter seiner Hand. Vorsichtig legte er sie auf dem Sofa am Kamin ab, in dem kein Feuer brannte. Dann betrachtete er sie genauer. Bis auf die oberflächliche Wunde in ihrer Brust wirkte sie unverletzte. Doch wenn man ihre Glieder genauer betrachtete, konnte man sehen, wie sich etwas unter ihrer Haut bewegte. Es sah aus, als würden sich ihre Knochen unter ihrer Haut verschieben und eine neue Position einnehmen. 
"Was ist das für ein Zauber?" murmelte Voldemort und griff nach ihrem Arm. Er konnte noch immer die Kraft und die Muskeln unter der blassen Haut spüren, auch wenn sie im Moment offensichtlich keinen Zugriff darauf hatte. 
"Deine menschliche Anatomie verändert sich." 
"Ich will kein Stern werden." 
"Halt den Mund! Du wirst kein Stern werden. Dein Körper und deine Magie haben eine massiven Schock erhalten und sind aus dem Gleichgewicht geraten." Vorsichtig streifte er den Kaftan von ihren Schultern, um ihren Brustkorb besser zu sehen. Auch hier bewegten sich die Knochen unter ihrer Haut, wie Schlangen im Wüstensand. Nagini glitt über den Boden zu ihnen hinüber und schlängelte aufs Sofa. Zischend teilte sie ihre Meinung mit. Als Antwort fauchte Voldemort nur und Joslyn kicherte mühsam. Dann begann das Knacken und Brechen. Irritiert verzog Joslyn das Gesicht. Sie empfand nicht direkt Schmerz, es war eher eine Mischung aus Überdehnung und Unbehagen. Auf Voldemorts Gesicht jedoch zeiget sich das blanke Entsetzen. Er konnte nur hilflos dabei zusehen, wie jeder ihrer Finger einzeln brach und sich anders wieder zusammensetzte. Länger, knochiger und mit seltsamen Nägeln. Gebogen und spitz, wie die Klauen eines Tiers. 
"Wie interessant!" konnte er sich nicht verkneifen. Faszination rang mit Angst. "Ich wusste zwar, dass in jedem von uns zum Teil ein Tier lebt, doch ich hätte nie gedacht, dass es so zum Vorschein kommen kann."
Ihr Bein zuckte, als würde sie ihn treten wollen. 
"Wa...?" 
Er legte ihr eine Hand auf den Mund. 
"Hör auf zu sprechen. Wenn du mit mir reden willst, dann nimm diese Mauer weg und benutz deine Gedanken." 
Ihre Lippen bildeten einen Schmollmund, dann zuckte sie plötzlich und Voldemort hob überrascht die Augen. 
"Mund auf!" 
Er bekam nur einen gereizten Blick. Also packte er ihren Kiefer und zwang ihn nach unten. 
"Dir fallen die Zähne aus." Ihre feuerroten Wangen nicht beachtend, die vor Scham brannten, packte er einen ihrer Eckzähne und zog leicht daran. Der Zahn löste sich sofort und machte einem neuen Platz. Länger und spitzer. Der Zahn eines Tiers. 
"Ich hasse dich!"
"Lügnerin!" schnurrte er und begann ihr die Zähne zu ziehen, bis ihr Mund mit spitzen, langen Zähnen gefüllt war. Er konnte ihr die Erleichterung ansehen, als er endlich zuließ, dass sie ihren Mund schloss. 
"Kein Grund sich zu schämen, Liebste! Ich werde jeden Millimeter deines Körpers kennenlernen, weil ich ihn erst küssen und dann lecken werden." 
Da Joslyn nicht in der Lage war, ihn zu verhauen, schien Nagini diese Aufgabe zu übernehmen. Sie verpasste Voldemort einen Schlag mit der Schwanzspitze. Im nächsten Moment drückte ihr Rücken sich durch und sie zuckte mit den Hüften und dem Kopf.
"Meine Haut juckt! Mach was dagegen!"
Mit hochgezogenen Augenbrauen griff Voldemort ihr in die Haare und tastete ihren Kopf ab. Gleichzeitig strich er über ihr Gesicht.
"Deine Haut verändert sich." Dann riss er die Augen auf. Nagini zischte aufgebracht. Auf Joslyns Wangen bildeten sich violett-schwarze Schuppen, wie die der Schlange neben ihnen. 
"Seit ich dich kenne, hab ich nur Ärger am Hals. Erst verfluchst du meine Hände, dann drückst du mir ein Zeichen auf, spaltest unser Sein, bis es sich nicht mehr trennen lässt und jetzt werde ich auch noch zu einer Schlange!"
Ihrem Gesicht konnte man deutlich den Ärger ansehen. 
"Mach dir keine Sorgen, du bist immer noch wunderschön!"
Mit zitternden Knöcheln schaffte sie es, ihm den Mittelfinger zu zeigen. Lächelnd küsste er sie auf den Mund. Obwohl die Situation alles andere als passend war, war er erfüllt von einer Emotion, die es ihm schwer machte, seinen Herzschlag zu beruhigen. 
Er konnte Joslyn überall spüren. In seinem Kopf, in seinem Herzen und in seiner Seele. Sie füllte ihn komplett aus und er sie. Sie waren wahrhaftig eins, auch wenn ihre Haut an manchen Stellen von Schuppen überzogen wurde und ihr die Zähne ausgefallen waren. 
Glück und Liebe, zwei Emotionen, von denen er nie gedacht hatte, sie auf diese Art zu empfinden. 
Dann ging ein Ruck durch ihren Körper und ihre Augen verdrehten sich leicht. Voldemorts Grinsen wurde immer breiter. 
Seine Braut war wirklich unglaublich. 
Sie brachte allein mit Willenskraft das Gleichgewicht wieder ins Lot, das zerstört wurde. Ihre Finger brachen wieder und nahmen ihre übliche Form an. Voldemort küsste ihre blasse, jetzt wieder schuppenlose Haut. 
In dem Moment krachte es. Kampfbereit wirbelte Voldemort herum, den Zauberstab erhoben. Doch die Tür zu dem Raum war noch geschlossen. Es war offenbar nur jemand dagegen gekracht. Ein warmer, schlanker Schlangenkörper kroch sein Hosenbein hoch und wanderte seinen Rücken hoch, bis er seine Schulter erreichte. 
"Was ist Nagini?" 
Es zischelte zu seinen Füßen. Irritiert senkte er den Blick und sah Nagini am Boden im Kreis schlängeln und zu ihm hochblicken. Langsam drehte er den Kopf. Auf dem Sofa lag nichts weiter als ein violetter Kaftan, ein paar hoher Sandalen und etwas hautfarbenes. 
Sein Blick wanderte weiter zu seiner Schulter. Dort blickte er direkt in die strahlenden Augen einer Schlange, die ihn zu verspotten schien. 
"Liebste?!" Ehrfürchtig streckte er die Hand aus und berührte den schuppigen, warmen Kopf. 
"Bin ich immer noch wunderschön?"
"Hör auf meine Worte zu verspotten. Du wirst immer das schönste Wesen auf dieser ganzen Welt sein. Egal in welcher Form!"
Im nächsten Moment spürte er ein schweres Gewicht auf seinem Rücken und das Schlangengesicht schälte sich ab. Darunter kam Joslyns grinsendes Gesicht zum Vorschein. 
"Das hoffe ich doch. Solltest du jemals jemanden schöner als mich finden, werde ich dir die Augen auskratzen." 
Voldemort setzte zu einer Antwort an, als sich ihre Augen erneut in den Höhlen verdrehten und sie den Halt an seinen Schultern verlor. Er konnte sie gerade noch auffangen. Nagini zischelte. 
"Ganz deiner Meinung!" murmelte er und barg ihren nackten, bewusstlosen Körper an seiner Brust. "Scheint als hat die Verschmelzung unserer Seelen ihr Gleichgewicht geschwächt und jetzt, nachdem ihr System einen enormen Schock erlitten hat, mussten meine sechs Seelensplitter eine Form annehmen." Seufzend drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn. "Und ich dachte, du würdest dich in dein innerstes Tier verwandeln. So wie ein Animagus."
Die Tür flog durch die Luft und krachte mitten in dem Raum auf den Boden. Voldemort streckte einen Arm aus und Nagini schlängelte sich daran hoch. 
"Zeit zu gehen. Hogwarts schafft das auch ohne Joslyn. Meine Braut hat genug getan." 
"Madam Watson!" Eine Gruppe von Schülern und Lehrern stürmte gerade noch rechtzeitig durch den Türrahmen, um zu sehen, wie Voldemort mit Joslyn in den Armen und Nagini auf der Schulter disapparierte. 
Keuchend ließ McGonagall den Zauberstab sinken und stemmte eine Hand in die Hüfte. 
"Meine Herrschaften, es scheint als wäre der Krieg gewonnen. Sollte sich Madam Watson wieder in Hogwarts blicken lassen, sollten wir sie mit dem gebührenden Respekt empfangen." 
Die wenigen Schüler neben ihr lachten auf. 
"Heißt sie jetzt eigentlich Watson, Grindelwald oder Riddle?" wollte Hermione wissen und McGonagall lächelte leicht. 
"Ich schätze, das werden wir sie selbst fragen müssen."

Ende 
Es folgen einige Extras! Viel Spaß ;)

Times Die Macht der MagieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt