Ein Zeichen

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Joslyn lag ganz still da und versuchte einen ruhigen Atemrhythmus zu finden. Begraben unter einem Haufen Ramsch, der zuvor noch in die Höhe gestapelt wurde. In ihrem Körper schien seit kurzem der Schmerz regelmäßig zu wohnen. Sie konnte gebrochene Knochen spüren und irgendwas hatte sich in ihren Fuß gebohrt und klemmte ihre Zehen ein. Nach ein paar Sekunden, als der Lärm sich legte und nichts mehr durch die Gegend flog, wagte Joslyn es, sich zu bewegen. Sie versuchte ihren Fuß zu befreien und stemmte gleichzeitig die Arme gegen den Gegenstand, der sich über ihr befand. Zum Glück hatte er sie nicht zerquetscht. Etwas schabte über den Boden, als sie ihr Bein bewegte, um es gegen das Ding zu stemmen, dass ihren aufgespießten Fuß einklemmte. Es knirschte und krachte, als Holz aufeinanderschabte. Dann zerbrach Glas und es regnete Splitter. Wimmernd unterdrückte Joslyn einen Fluch und schaffte es endlich, ihr Bein zu befreien. Ihre Zehen machten sich bemerkbar, indem sie ihr einen Schmerzesblitz durch den gesamten Körper jagten, der sie unterdrückt aufschreien ließ. Zu ihrer Rechten schaffte sie es, etwas zur Seite zu stoßen und sich ein Stück aus dem Durcheinander zu befreien. Ihr eines Bein musste sie nachziehen. 
Gebrochene Zehen waren wirklich etwas beschissenes! 
Und von dem Ding, das in ihrem Bein steckte, wollte sie gar nicht anfangen. 
Mühsam und Stück für Stück schaffte Joslyn es, sich auszugraben. Auf dem Weg nach draußen griff sie in Glasscherben, gesplittertes Holz, offene Nägel und unzählige andere Dinge, die ihre gerade verheilten Hände zerstörten. Doch sie ließ nie los, sonst würde sie wieder zurückrutschen und müsste von neuem Beginnen. Das Gefühl, begraben zu sein, mochte sie dafür nicht genug. Dann schaffte sie es endlich, sich zu befreien und atmete tief durch. 
"Madam Watson?" 
Langsam hob Joslyn den Kopf und starrte Neville und Luna mit gerunzelter Stirn an. 
"Wart ihr das?" knurrte sie. Wer auch immer diese beschissene Wand gesprengt hatte, sie würde ihm den Kopf abreißen. Und das meinte sie wortwörtlich!
Beide schüttelten heftig die Köpfe. Offenbar gab Joslyn ein ziemlich furchterregendes Bild ab. Blutend und wütend! Wenn sie verletzt war, benahm sie sich oft wie ein in die Enge getriebenes Tier. Sie schlug um sich, bis sie getötet hat, was sie genervt hatte. 
"Todesser sind in Hogwarts!" meinte Neville und schluckte heftig, als Joslyn mit einem hässlichen Knirschen aus dem Loch kullerte, dass sie aus dem Durcheinander gegraben hatte. 
"Ich weiß!" zischte sie und wischte sich übers Kinn. Blut verteilte sich über ihr blasses Gesicht und sie rümpfte die Nase. Dann umfasste sie den gesplitterten Besenstiel, der ihr Bein aufgespießt hatte und riss ihn heraus. Brüllend warf sie das Holzstück zur Seite und holte tief Luft. Sie war ganz blass und atmete heftig. Wut, Schmerz und Aggression vermischten sich zu einem gefährlichen Cocktail, der jede Sekunde hochgehen könnte. Dann flutete ein Gefühl von Wärme ihren Körper und sie stieß einen erleichterten Seufzer aus, als die Phönixkette um ihren Hals seine Arbeit tat. 
Ohne ihre Kräfte, war der Ring gleich noch viel nützlicher.
Luna und Neville beobachteten sie mit offenen Mündern. Wie sich bös aussehende Wunden einfach so schlossen und nur Blut zurück ließen. Dann stand Joslyn auf, während sie gleichzeitig unauffällig nach ihrem Ärmel tastete. Er war eingerissen, doch Erleichterung überkam sie, als sie das gebogene Silber des Diadems unter den Fingern spürte. 
Es war noch da. 
Joslyn war noch etwas wackelig auf den Beinen, doch eine düstere Aura umgab sie. Das Schild, dass Voldemort errichtet hatte, war dahingeschmolzen. Gefühle waren manchmal wirklich wie Dynamit. Ihr Zorn hatte die Mauer gesprengt. 
"Wo sind diese Todesser?" grinste sie und sofort wichen die Schüler einen Schritt zurück und deuteten in eine Richtung. Barfuß und vollkommen zerzaust, wie eine weibliche Version von Lord Voldemort, stieg sie durch das Loch in der Wand und trat auf den Flur hinaus. Hinter ihr fügte sich das Loch wieder zusammen und eine glatte Wand blieb zurück. 
"Sie wollten zum Astronomieturm." summte Luna neben ihr, als sie sich in Bewegung setzten. 
"Dann lasst uns diesen Turm ein wenig sprengen." Ohne hin zu sehen, nahm sie die angebotene Jacke von Neville entgegen und zog sie über den Umhang. In dem Gang zum Astronomieturm trafen sie auf ein paar kämpfende Pärchen. Was Joslyn nicht wirklich überraschte, waren die Kämpfenden, die Hogwarts verteidigten. Sie waren den Todessern zwar unterlegen, doch sie nutzten jeden Vorteil und stellten sich sehr geschickt an. Mitglieder von Dumbledores Armee. Im Vorbeieilen streckte Joslyn die Hand aus und schnakelte mit den Fingerspitzen. Funken stoben in alle Richtungen und setzten die Umhänge der Todesser in Brand. Doch als sie die Treppe zum Turm hochwollte, hielt eine unsichtbare Wand sie auf. Irritiert legte sie die Hand dagegen und übte etwas Druck aus. Der magische Bann reagierte mit einem Rückstoß, der sie durch den Flur schleuderte und gegen die Wand geworfen hätte, wenn ihre Kräfte noch immer verschlossen wäre. Stattdessen hielt sie mitten in der Luft inne und schwebte ein paar Sekunden wie ein Gespenst in der Luft. 
In diesen wenigen Sekunden geschah mehr, als sich mit bloßem Auge erfassen ließ. 
"Raus aus meinem Kopf!" 
Ihre Zähne knirschten hörbar aufeinander. Zur Antwort bekam sie tiefes Gelächter, das nur sie in ihrem Kopf hören konnte. 
"Du bist entkommen! Wie hätte ich sonst mit dir Kontakt halten können?"
"Also hast du ein klopptes Hintertürchen in meinem Kopf installiert, sodass du mich immer kontaktieren kannst?"
"Falls es dich beruhigt, mein Kopf besitzt dasselbe Hintertürchen."
"Nein, das beruhigt mich nicht!"
Wieder dieses Lachen, bei dem sich ihr die Nackenhaare aufstellten. 
"Wenn du den alten Mann retten willst, dann musst du durch diesen Bann."
"Aber da komm ich nicht durch, weil du Draco damit geholfen hast?" 
"Nur jemand mit einem Dunklen Mal kann die Barriere passieren." 
"Verpiss dich!" kam die sofortige Antwort zurückgeschossen. "Ich lass mich nicht von die brandmarken, wie eine Kuh bei der Auktion."
"Eine Schande, mein Schatz!" 
"Du bist des Lebens wohl überdrüssig!" Joslyn kratzte sich an der Wange und getrocknetes Blut bröselte hinab. Ihre Füße setzten langsam auf dem Boden auf und sie drehte sich mit finsterem Blick zur Turmtreppe um. 
"Nichts kann mich aufhalten! Vor allem nicht du!"  Dann hob sie beide Hände und schlug die Handflächen zusammen, als wolle sie einfach nur klatschen. Eine Staub- und Dreckwelle fuhr in den Flur und nebelte alle ein. 
"Was hast du getan?" 
"Das Stockwerk mit der Barriere verschwinden lassen!" summte Joslyn zufrieden und betrat die erste Stufe der Turmtreppe. 
"Heirate mich!"
"Verpiss dich!"
Als die Barriere nicht reagierte, sprang Joslyn mit einem triumphierenden Lachen die Stufen hoch, wobei ihr Lachen wie das einer Hyäne klang. Doch das Siegesgefühl verschwand schnell. Sie konnte nur hoffen, dass Dumbledore nichts passiert war. Voldemort hatte sehr sicher geklungen. Also begann sie mit jeder Stufe zu fluchen, um es schnell bis ganz nach oben zu schaffen. 
"Shit! Shit! Shit! Shit!" murmelte sie immer wieder und wurde noch ein bisschen schneller. Gerade als sie das Ende der Treppe erreichte, rannte sie direkt in jemanden hinein und fiel fast auf die Nase. 
"DU!" kreischte eine bekannte Stimme, von der Joslyn sofort Kopfschmerzen bekam. Instinktiv schlug sie zu und boxte Bellatrix mitten ins Gesicht auf die Nase. Aufjaulend wich sie zurück und schlug beide Hände vors Gesicht. Blut schoss aus der gebrochenen Nase und Joslyn hielt sich die schmerzende Hand. 
"Du Hure!" 
"Hey, ich bin die Braut deines Herrn, als etwas mehr Respekt." Es machte Joslyn richtig Spaß, das erschrockene Gesicht der Todesserin zu sehen. Es inspirierte sie dazu, sie noch mehr zu ärgern. 
"Es wurde bei seiner Geburt prophezeit." setzte sie noch eins obendrauf und brachte Bellatrix beinahe dazu, vor Schreck um zufallen. 
"Du... du...du!"
"Hast du dich gerade als meine Braut bezeichnet?" 
"Halt's Maul und verpiss dich!" Joslyn schaffte es einen Blick auf die Plattform des Turms zu werfen und verzog das Gesicht. Ihre Sinne sahen mehr, als ihre Augen. Sie konnte Harry unter seinem Tarnumhang spüren, Draco, der mit einem panischen Ausdruck auf dem Gesicht neben Snape stand und einige Todesser neben sich. Ihnen gegenüber stand Dumbledore. Allein und irgendwie auf verlorenem Posten. Doch er lächelte. 
"Es scheint, als hättest du deine Rolle in dieser Welt endlich akzeptiert." 
Joslyn starrte den Schulleiter an und knirschte mit den Zähnen.
"Hast du?" erklang es wieder in ihrem Kopf und sie errichtete augenblicklich eine Wand zwischen ihren beiden Bewusstseins. Sobald sie die Zeit hatte, würde sie diese scheiß Tür finden und zuschlagen. 
Hatte sie! Aber sagen, würde sie es niemals. Nicht in diesem Leben und auch nicht im nächsten. Eher würde sie Nägel fressen. 
"Das ist gut! Es wird den zukünftigen Frieden unserer Welt sichern." 
"Was hat das mit dem zukünftigen Frieden zu tun?" knurrte Joslyn und rieb sich den Hals. Weitere Blutkrusten blätterten ab. Es juckte furchtbar. Ihr Hals fühlte sich seltsam heiß an. Als hätte jemand sie mit tausend Nadeln gestochen. Von ihrem neusten Schmuckstück wurde es offenbar nicht als Wunde angesehen, denn sonst wäre es längst geheilt. 
Dumbledore hob leicht die Augenbrauen, den Blick auf ihren Hals gerichtet. 
"Eine interessante Art der Eheschließung." Er lächelte und langsam krallte sie die Finger in ihre Haut. Eine schreckliche Ahnung überkam sie. Tausend Nadelstiche... 
"Bitte sag mir, dass der Arsch mich nicht einfach so mit seinem Mal versehen hat." 
"Es ist ein anderes Mal." lächelte Dumbledore. 
"DU HURENSOHN!" 
"So wirst du mich nie verlassen können."
"Wie bekomm ich das Ding wieder weg?"
"Ich fürchte, das ist nicht möglich." Dumbledore schien sich richtig zu freuen. Der alte Mann hatte große Ähnlichkeiten mit einem Kind, das die Weihnachtsgeschenke entdeckt hatte. 
"Es ist ein ewiges Mal, das sich auch auf seinem Körper finden lässt. Somit seid ihr beide verbunden. Ein Leben lang." 
"Alter Mann, ich bin gerade mal zwanzig und der Mistkerl ist über siebzig. Das wird eine kurze Ehe." 
"Du wirst unseren Meister nicht heiraten." kreischte Bellatrix dazwischen. 
"Wollte ich auch nicht, aber der Arsch war schneller, als ich." 
"Du hättest ihn geheiratet?" Der Schulleiter amüsierte sich köstlich. 
"Nein, ich hätte ihn getötet." 
Bellatrix stieß einen Kampfschrei aus und griff an. Fast schon genervt, wich Joslyn aus und verpasste ihr einen Schlag in den Rücken. Ihre flache Hand traf auf ihren Umhang und setzte den Stoff in Flammen. Joslyn zündelte wirklich gerne. Eine schlechte Angewohnheit, die sie sich wieder abgewöhnen sollte. 
Schreiend warf Bellatrix sich auf den Boden und versuchte das Feuer zu löschen. Ihre wilden Augen lagen jedoch weiterhin auf Joslyn, die ihr gelangweilt mit Blicken folgte. 
"Bei Merlin, ich liebe es, wenn du gemein bist!" 
Er hatte die Mauer schneller zerschlagen, als sie gedacht hatte. Voldemort schätzte es offenbar nicht, ausgeschlossen zu sein. 
"Ich werde dich töten!" kreischte Bellatrix wieder dazwischen und schlug mit dem Zauberstab durch die Luft. Sie hatte sich endlich von ihrem Umhang befreit und kam wieder auf die Beine. Wieder wich Joslyn minimal aus und der Todesfluch rauschte an ihr vorbei. Zu spät wurde ihr bewusst, dass Dumbledore hinter ihr stand. Und sie hatte bei ihm keinen Zauberstab gesehen. Hinter ihr leuchtete des Grün auf und eine plötzliche Windböe riss ihre Haare nach vorne. Sie sah nur den Triumph auf Bellatrix' Gesicht, dann traf sie blitzschnell eine Entscheidung und machte einen Satz nach hinten, direkt über die Brüstung des Turms. Wie ein Stein fiel sie in die Tiefe und erreichte mit etwas Hilfe den fallenden Körper von Dumbledore. In einer schnellen Bewegung schlang sie beide Arme um den alten Körper, der plötzlich unglaublich zerbrechlich wirkte und drehte sich mitten im Fall. Ihre nackten Fußsohlen setzten federleicht auf dem Boden auf und sie spürte kaum das Gewicht in ihren Armen. Sie sah auf Dumbledore hinab. Dann zum Nachhimmel, an dem in diesem Moment das schwarze Mal auftauchte. Seufzend schüttelte sie den Kopf und ließ den alten Mann vorsichtig ins Gras gleiten. 
"Was grinst du so, alter Mann?" meinte sie und ging neben ihm in die Hocke, das Kinn in die Hand gestützt. "Zufrieden, dass alles nach deiner Nase gegangen ist? Glaub ja nicht, ich hätte es nicht bemerkt. Du Fuchs!" 
Als sie diesmal ihren Hals berührte, konnte sie nicht wütend werden. Sie konnte nicht ganz sagen, wie viel Dumbledore geplant hatte, doch das dieses Zeichen jetzt auf ewig in ihre Haut gebrannt war, war definitiv zu einem großen Teil sein Verdienst. 
"Sei froh, dass du schon tot bist, sonst hätte ich dir deinen alten Hals umgedreht." Mit einem letzten Lächeln schloss sie die blauen Augen, in denen das Lebenslicht erloschen war und stand auf. 
Ihre Augen schlossen sich leicht, dann zog sie ihre inneren Schutzschilder hoch und sperrte Voldemort komplett aus ihrem Kopf aus. 
Was sollte sie tun? 
Dumbledore war tot, doch offenbar war er davon überzeugt, dass sie den Frieden in Zukunft sichern konnte. 
Musste sie mit Harry zusammenarbeiten? War es das? Oder lag vor ihr eine ganz andere Rute? 
Harry war dazu bestimmt, Voldemort zu bekämpfen, doch laut der Prophezeiung  würde sie dem Dunklen Lord Licht bringen. 
Das einzige, was ihr einfiel, war Voldemorts Aufmerksamkeit von seinem eigentlichen Ziel abzulenken und somit einen Krieg an einer anderen Front zu beginnen. Somit würde sie ihn vor die Wahl stellen. 
Seine neue Weltordnung, in der Zauberer die Macht innehatten oder sie, seine Braut des Lichts. Wenn es sich gegen sie entschied, konnte sie ihn immer noch töten. Zwei seiner Horkruxe hatte sie bereits. Einer war bereits zerstört. Somit blieben nur noch vier. 
Joslyn wischte sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. 
Sie musste die anderen Horkruxe finden und gleichzeitig Voldemorts Aufmerksamkeit auf sich lenken. Er musste alle Hände voll mit ihr haben, um nicht in der Lage zu sein, seinen Krieg zu führen. 
Was eignete sich da besser, als ihn davon zu überzeugen, dass sie es auf seine Seelensplitter abgesehen hatte? 

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