Kapitel | 31

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In den nächsten Tagen versuchte ich den beiden alles über meine Welt beizubringen. Na ja, so gut es ging zumindest. Wir bestellten uns Pizza und ich grinste übers ganze Gesicht, als die beiden sie genüsslich verschlangen. Ich erklärte ihnen wie Autos funktionierten (zumindest im weitesten Sinne) und fuhr mit ihnen einkaufen. Doch das kam bei ihnen gar nicht toll an. Die großen Geschäfte mit dem bunten Sortiment war zu viel für die zwei.

Außerdem fanden sie es nicht richtig, dass man sein Essen nicht jagte oder sammelte. Und wenn ich so recht darüber nachdachte hatten sie recht. Man ging einfach so in einen Laden, wo man sich Fleisch oder Früchte aus fernen Ländern kaufte, ohne richtig darüber nachzudenken oder etwas dafür zu tun. Früher musste man sein Essen selbst herbeischaffen, oder man hungerte.

Doch die beiden schienen dieses Ereignis schnell wieder zu vergessen, als ich Auto das Radio an machte. Es stellte sich heraus, dass Hvitserk Taylor Swift klasse fand. Obwohl er kein Wort davon verstand.
Am Nachmittag konnte ich Hvitserk dazu überreden seine Haare zu flechten. Das wollte ich schon immer mal machen. Ubbe verzog sich schnell in den Garten und schmiss Messer gegen unseren Baum. Hoffentlich verfehlte er diesen nicht und traf keine Nachbarn. Und hoffentlich riefen die nicht die Polizei.

Ich hatte nämlich keine Ahnung was ich denen erzählen sollte...
In meinem Zimmer verfrachtete ich Hvitserk auf meinen Schreibtischstuhl und suchte nach Haargummis, während Hvitserk sich im Kreis drehte. Ich lachte und musste ihn gewaltsam stoppen. Zuerst kämmte ich seine Haare und flocht dann Boxer Braids.

Ich war fast fertig als mit bewusst wurde, was ich hier eigentlich tat. Und wie nah wir uns waren. Plötzlich wurde mir heiß und meine Hände begannen zu schwitzen. Aus irgendeinem Grund musste ich an unseren letzten richtigen Kuss denken. In Wessex. Das schien Jahre her zu sein. Dabei waren es nur zwei Wochen. Wie seltsam das alles war...
Hvitserk merkte, dass ich mit meinen Gedanken woanders war. "Woran denkst du?"

Schnell beendete ich den letzten Zopf mit einem Gummiband. "Nirgends. Fertig."
Hvitserk griff sich in die Haare und grinste. "Cool danke!" Ich lachte. Dieses Wort hatte er von mir gelernt. Plötzlich formte sich ein Knoten in meinem Inneren und mein Lächeln verschwand.

"Eivor?", holte mich seine Stimme zurück in die Gegenwart. Hvitserk sah mich besorgt an. "Was ist los?"
Ich seufzte. "Ach nichts, ich... Ich weiß nicht was ich machen soll. Ich meine-  Mit euch und- Meine Eltern... Ihr könnt nicht ewig hierbleiben. Und ich, ich..." Meine Stimme brach ab und ich sah zu Boden.
"Komm her"

Hvitserk nahm meine Hüfte und zog mich auf seinen Schoß. Wäre ich nicht zu verblüfft gewesen, wäre ich knallrot angelaufen. "Wir finden schon den richtigen Weg.", meinte er ermutigend. Ich nickte nur, denn der Kloß in meinem Hals ließ nicht zu, dass ich sprach. Mein Herz klopfte wild und ich mied seinen Blick. Hvitserk strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn und ich sah ihn an. Er lächelte und ich erwiderte es.

Plötzlich breitete sich ein merkwürdiges Gefühl in mir aus. Ich hatte es schonmal gespürt, wusste jedoch nicht mehr wie. Es fühlte sich an wie ein Drang, dass ich etwas brauchte. Mein Blick fiel auf seine Lippen und ich fragte mich, was passieren würde, wenn ich ihn küsste. Doch ich hatte meinen Gedanken noch nicht einmal zuende gedacht, da beugte er sich vor.

Seine Lippen waren süß wie immer und tausend Glücksgefühle explodieten in meinem Inneren. Dieses Mal war der Kuss zärtlicher, langsamer. So als würden wir uns zum allerletzten Mal küssen und es voll auskosten wollen. Vielleicht war es so.

Ich legte meine Arme um seinen Hals und drückte mich an ihn. Ich wollte ihn nie wieder los lassen. Seine Hände wanderten von meinen Wangen fort zu meinen Schultern. Nach einer Ewigkeit, als wir beide keine Luft mehr bekamen, lösten wir uns. Ich grinste ihn an.
"Ich weiß was wir jetzt machen können.", schmunzelte er. Mir wurde heiß und mein Herz setzte einen Moment aus. "Was? Also..."

Er sah mich erwartungsvoll an. Ich biss mir auf die Lippe und hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen. "Hvitserk ich..."
Doch er küsste mein Ohr und nahm mir damit den Wind aus den Segeln. Ich zwang mich zur Ruhe, als er mit der Hand meinen Rücken hinunter strich. "Ich, ich weiß nicht, ob ich dazu schon bereit bin.", flüsterte ich. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Aber irgendwie ging mir das plötzlich alles zu schnell.

Hvitserk sah mich an. Einen Moment lang hatte ich Angst, er würde mich fortstoßen, doch dann grinste er. "Wie kann man für's Haare flechten nicht bereit sein?"

Damit schnappte er sich zwei Haargummis von Schreibtisch und begann sein Werk.

Between Two WorldsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt