Als Albus am Nachmittag mit Rose durch die Korridore schlenderte, waren seine Gedanken damit beschäftigt sich das Gespräch mit Jack auszumalen. Er war das Szenario ungefähr tausend Mal durchgegangen, hatte sich die passenden Worte bereit gelegt und alles Stück für Stück genau durchdacht aber er hatte trotzdem ein wenig Angst und er fühlte sich noch immer wie ein richtiger Mistkerl.
Rose Aussage, dass Jack ihn sicher nicht hassen würde, hatte ihn zwar ein wenig beruhigt aber das Gewicht auf seiner Brust war zurück gekehrt und er konnte sich einfach auf nichts anderes konzentrieren, obwohl Rose neben ihm gerade über das letzte Quidditch Spiel sprach.
»...Hat mich natürlich nicht getroffen aber McDarsen ist sowieso nicht gerade der beste Treiber. Er hat die Schlagkraft eines Gorillas aber leider auch dessen Verstand...«
»Ich dachte, Gorilla sind eigentlich sogar schlau«, sagte Albus in dem Versuch, sich in das Gespräch einzuklinken und sich damit ein wenig abzulenken.
»Sie werfen ihren eigenen Kot durch die Gegend«, meinte Rose und rümpfte die Nase. »Keine Ahnung, wieso Muggel es so spannend finden, sie in einen Käfig zu sperren und ihnen dabei zuzusehen. Mal abgesehen davon, dass das ziemlich barbarisch ist.«
»Reden wir jetzt von den Gorilla oder von McDarsen?«, fragte Albus und sah, wie sie grinste.
»Von beiden«, erwiderte sie. »Obwohl ich denke, dass man McDarsen lieber nicht in einen Käfig sperren sollte. Er könnte...Sich mit den...Stäben...«
Sie hatte abrupt Inne gehalten, die Augen weit aufgerissen, dass Gesicht blass und den Blick starr und schockiert auf etwas vor ihnen im Gang gerichtet. Albus blieb ebenfalls stehen und musterte sie verwirrt und besorgt.
»Rose? Ist alles in...«
Er folgte ihrem Blick und dann blieb die Zeit stehen.
Ein paar Meter vor ihnen, gleich an der Wand gegenüber standen Scorpius und Alice. Er hatte die Arme um ihre Hüfte gelegt hinter ihren dunklen Haaren, die über ihren Umhang fielen und ihre Hand ruhte auf seiner Wange, während sie sich langsam und offenbar ziemlich innig küssten.
Albus Magen zog sich zusammen. Seine Brust verknotete sich schmerzhaft und ein unangenehmes Stechen irgendwo in seiner Magengegend erfasste ihn. Kalter Schweiß bildete sich auf seinen Handflächen. In seinem Kopf drehte sich alles und seine Beine zitterten. Ihm war übel. So übel.
»Ich...Muss...«, brachte er heraus und seine Tasche rutschte ihm von der Schulter aber er ließ sie zu Boden fallen, drehte sich um und ging so schnell er konnte den Korridor zurück, sprintet die Treppen nach oben und riss die Tür zum Jungenklo auf, bevor er in eine der Kabinen rannte, sie hinter sich abschloss, den Klodeckel aufriss und sich übergab.
Er weinte. Nicht, weil er den Schock über das, was er vorhin gesehen hatte schon überwunden hatte, sondern weil dieser Druck auf seiner Kehle es nicht anders zuließ. Seine Hände zitterten so sehr und er hörte, wie sein Schluchzen von den Wänden wiederhallte, während er den Klodeckel schloss, dass Gesicht darauf in seinen Armen verbarg und und nichts als seine eigenen Tränen schmeckte. Es tat so weh. Wieso tat seine Brust so weh? Das war physischer Schmerz, als spiegelte sein Körper das wieder, was sein Verstand noch zu erfassen versuchte.
Er hat sie geküsst.
Albus wandt sich, sein Rachen kratzte aber er konnte nicht aufhören zu weinen. Er konnte dieses Bild nicht aus seinen Gedanken verbannen. Es hatte sich eingebrannt, wie heißes Eisen auf Haut. Schmerzhaft, kalt, dunkel. Er krallte seine Finger in seine Haare. Er wollte es nicht mehr sehen. Wieso musste er das sehen?
Er hatte gedacht, er sei darauf vorbereitet. Er hatte gewusst, dass es irgendwann passieren würde. Das Scorpius irgendwann jemanden kennenlernen würde. Das er sich irgendwann in ein Mädchen verlieben und sie küssen und mit ihr ausgehen würde und Albus hatte gewusst, dass er verletzt sein würde aber er hatte nicht gewusst, wie sehr.
Ja, er war darauf vorbereitet gewesen es zu sehen aber nichts hatte ihn auf diesen Schmerz vorbereitet. Er hätte sich lieber von tausend Klatschern treffen lassen, als das hier zu fühlen. Er wäre lieber vom Astronimieturm gesprungen, hätte sich einem lebendigen Drachen gestellt, wie sein Vater damals. Alles, nur nicht das. Es fühlte sich an, als wäre sein Herz in tausend Stücke zersprungen, die sich alle spitz und tief in seine Brust bohrten.
»Al...?«
Jemand klopfte vorsichtig an die Tür der Kabine. Er wusste, dass es Rose war und presste die Lippen zusammen, um nicht erneut laut zu schluchzen aber er konnte nicht verhindern, dass die Tränen haltlos über seine Wangen flossen.
»Albus, ich...Ich habe deine...Tasche.« Ihre Stimme war leise und sanft und aus irgendeinem Grund musste er deswegen noch mehr weinen. »Willst du...Darüber reden?«
Nein.
Er wollte nicht darüber reden. Er wollte nicht daran denken und schon gar nicht wollte er es noch einmal sehen. Vielleicht war es nur ein dummer Albtraum. Vielleicht würde er gleich in seinem Bett aufwachen, den Blick auf Scorpius gerichtet, der ruhig und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen im Bett gleich neben seinem schlief und nicht andere Leute küsste oder sie in den Armen hielt. Albus hatte das Gefühl, sich gleich nochmal übergeben zu müssen.
»Ich...Sage Professor Trelawney, dass dir schlecht geworden ist, ok?«, meinte Rose vor der Tür. Ihm war schlecht. Das war keine Lüge. »Wenn du willst, dann bleibe ich bei dir...«
Er schniefte und obwohl er noch immer zitterte und der Knoten in seiner Brust sich durch das Weinen kein bisschen gelöst hatte schaffte er es, sich ein wenig zu beruhigen.
»Albus...Ich komme gleich wieder, ok?«, meinte Rose ruhig und er hörte, wie sie etwas auf dem Boden vor der Tür abstellte. Seine Tasche vermutlich. »Ich spreche mit Trelawney und dann komme ich zurück. Wartest...Wartest du hier?«
Dachte sie, er könne sich etwas antun? Das würde sicher nicht passieren. Es tat weh aber der Gedanke an das weinende Gesicht seiner Mutter war beinahe noch schlimmer.
»Ja...«, brachte er heraus, leise, heiser und verschnupft.
»Ok...«, flüsterte Rose und er hörte, wie sie sich langsam von der Tür entfernte und hinaus ging.
Er würde damit leben müssen, dass wusste er. Er würde damit leben müssen, Scorpius jeden Tag mit Alice zu sehen. Wie er sie küsste, wie er sie in seine Arme nahm. Er würde mit dem Schmerz leben müssen, den dieser Anblick ihm verursachte und er wusste nicht, ob er bereit dazu war.
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Give Me A Reason - HP Scorbus FF
FanfictionAlbus Potter und Scorpius Malfoy treten ihr fünftes Jahr in Hogwarts an und eine Achterbahn der Gefühle beginnt. * ::Textausschnitt:: Erneut spürte er, wie seine Augen brannten und zwang sich, unberührt in den Kamin zu starren aber er wusste, dass...