Professor Hyade wirkte erleichtert, als Albus am Montag Morgen nach der Stunde seinen Aufsatz auf ihr Pult legte. Sie versprach, ihn bis zur nächsten Woche durchzusehen und schrieb sogar eine positive Bemerkung über ihn in ihre Notizen. Er musste zugeben, dass er ihr wirklich dankbar war, weil sie offenbar wirklich wollte, dass er die Prüfungen in ihrem Fach bestand.
Am Dienstag sammelte Professor Binns die Aufsätze für Geschichte der Zauberei ein und da er ohnehin nicht den besten Durchblick hatte, konnte Albus den Aufsatz, den Scorpius für ihn geschrieben hatte abgeben ohne sich Sorgen darum zu machen, dass es ihm auffiel. Jedoch hatte Scorpius ihm versichert, dass das die letzten Hausaufgaben waren, die er für ihn erledigte. Er erklärte sich bereit, ihm beim Lernen so gut wie möglich zu unterstützen aber er hielt sich an Professor Hyades Ratschlag und half Albus, indem er ihm weniger half.
Als er am Mittwoch Nachmittag durch die Korridore schlenderte, um nachzusehen, ob Scorpius sich wieder einmal in der Bibliothek aufhielt, packte ihn plötzlich jemand am Arm und zog ihn in einen leeren Gang, in dem das Gemälde einer alten Hexe hing, die ihn neugierig musterte.
»Rose«, sagte Albus überrascht, als er sie erkannte. »Was soll denn das? Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?«
»Wie alt bist du?«, schnaubte sie und verschränkte die Arme. »Siebzig?«
»Was ist los?«
Sie seufzte, ließ den Blick durch den Gang gleiten und blickte dann zu dem Porträt der Hexe auf, die sie beide noch immer interessiert beobachtete.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns alleine zu lassen?«, fragte Rose entnervt. Die Hexe stieß ein beleidigte Schnauben aus, erhob sich jedoch von ihrem Sessel und wanderte aus dem Rahmen offenbar auf dem Weg in ein anderes Gemälde, dass irgendwo im Schloss hing. Rose wandte sich wieder Albus zu.
»Stimmt es?«, fragte sie und klang ein wenig unsicher.
»Stimmt was?«
»Das, was du zu Lorana gesagt hast«, erklärte sie und Albus spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzt, während ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Er hatte es verdrängt aber jetzt, als Rose ihn ansprach wurde ihm wieder bewusst, was er eigentlich getan hatte. Jetzt würde die ganze Schule darüber reden und auch wenn er es gewohnt war, höhnische Blicke zu ernten war diese Sache etwas, für das er nicht gehasst werden wollte.
»Hat...Hat sie es dir erzählt?«, fragte er leise.
»Nein«, meinte Rose. »Aber Lucy hat mitbekommen, wie ihr euch unterhalten habt und hat mich vorhin darauf angesprochen. Was sollte das, Albus?«
»Das...Das habe ich doch überhaupt nicht so gemeint«, sagte er und merkte, wie er vor Angst erstarrte.
»Natürlich nicht«, sagte Rose ernst. »Du bist kein dämlicher Haufen Trollmist aber...Wieso sagst du so etwas?«
Albus ließ die Schultern sinken, während er den Riemen seiner Tasche packte, um seine Hände am Zittern zu hindern und gleichzeitig auf seine Schuhe hinunter blickte. Das wars. Sie hatte ihn an diesem Punkt in die Enge getrieben und irgendwie war er sogar ein wenig froh darüber. Wenn er es ihr sagte, dann hätte er wenigstens das Gespräch mit ihr hinter sich gebracht und Rose würde ihn bestimmt nicht hassen. Nicht deswegen.
»Weil ich...Weil ich wissen wollte, ob die anderen darüber reden...«, flüsterte er leise.
»Worüber?«, fragte Rose besorgt und verwundert und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Albus, was ist los?«
»Ich...Bin...« Er verzog das Gesicht und versuchte die Worte aus seinen Gedanken zu bekommen aber er schaffte es einfach nicht. Es war, als habe ihn jemand mit einem Schweigezauber verflucht. Er konnte es nicht aussprechen.
»Al...«, sagte Rose vorsichtig und trat näher an ihn heran aber er wagte es noch immer nicht, sie anzusehen. »Rede mit mir, ok? Bitte. Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht und ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht sagst, was los ist.«
Er nickte, nahm einen tiefen Atemzug und schloss die Augen.
»Ich wollte wissen, ob die anderen schlecht über Loranas Eltern reden, weil ich wissen wollte, ob sie auch schlecht über mich reden würden«, sagte er und sah ihr in die Augen. Einen Moment lang schien sie über seine Worte nachzudenken aber dann erkannte er förmlich, wie sie die Schlüsse zog und plötzlich wurde ihr Blick sanft und sie lächelte leicht.
»Oh, Albus«, seufzte sie und streichelte über seinen Arm. »Bist du deswegen die ganze Zeit so abweisend? Wie lange trägst du das schon mit dir herum?«
Es war, als hätte jemand ein schweres Gewicht von seiner Brust genommen und plötzlich konnte er wieder atmen. Rose hasste ihn nicht. Sie starrte ihn nicht schockiert oder angewidert an und sie trat auch nicht von ihm weg. Sie blieb genau vor ihm stehen und sie lächelte ihn an. Dann zog sie ihn in eine Umarmung und er schloss erleichtert die Augen, während er die Arme um sie legte.
»Es ist ok, Al«, flüsterte sie. »Niemand wird deswegen schlecht über dich reden und wenn doch, dann verwandel ich sie alle in Glibberwürmer und sorge dafür, dass Slughorn sie für den Zaubertrankunterricht verwendet. Und...Danke, dass du es mir gesagt hast.«
Er lächelte und drückte sie noch ein wenig fester an sich, bevor er sich vorsichtig von ihr löste.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Ja«, erwiderte er grinsend und hob dann die Augenbrauen. »Aber...Du erzählst niemandem, dass ich dich umarmt habe, ok? Das ist ziemlich peinlich.«
»Für dich?«, fragte sie und schnaubte, während sie die Arme verschränkte. »Glaubst du wirklich, dass ich herum renne und den Leuten erzähle, dass ich dich mag?«
Er lachte und sah, wie ihr Gesicht sich erhellte, während sie lächelte.
»Du hast gerade zugegeben, dass du mich magst, Rose«, sagte er.
»Wenn du es jemandem sagst, dann erzähle ich, dass du mich umarmt hast«, erwiderte sie. »Und...Albus? Zerbrech dir bitte nicht den Kopf darüber, ok? Du bist...Ein guter Mensch. Der Rest spielt keine Rolle.«
»Danke, Rose«, sagte er, dann nahm er einen tiefen Atemzug und spürte, wie sein Herzschlag sich langsam wieder beruhigte. »Ich...Gehe mal nach Scorpius sehen, bevor er wieder bis zum Abend in einem Buch versinkt und die Zeit vergisst.«
Rose nickte, drückte noch einmal seine Schulter und sah ihm nach, während er durch den Korridor ging und die Treppe ansteuerte.
Hätte er gewusst, dass sie auf diese Weise reagieren würde, dann hätte er vielleicht sogar früher mit ihr geredet. Er hatte Angst gehabt, sie könne ein großes Ding daraus machen oder ihn sogar entsetzt anstarren und sagen: Was? Das kann doch überhaupt nicht sein, Albus. Bist du dir sicher? Du hast doch noch nie ein Mädchen geküsst. Vielleicht bildest du es dir ja nur ein.
Aber sie hatte es einfach akzeptiert und er hatte nicht das Gefühl, dass sich dadurch irgendetwas geändert hatte. Er war immer noch er selbst und Rose wusste das und dafür war er ihr unglaublich dankbar.
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Give Me A Reason - HP Scorbus FF
FanfictionAlbus Potter und Scorpius Malfoy treten ihr fünftes Jahr in Hogwarts an und eine Achterbahn der Gefühle beginnt. * ::Textausschnitt:: Erneut spürte er, wie seine Augen brannten und zwang sich, unberührt in den Kamin zu starren aber er wusste, dass...