Kapitel 4

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Nachdem ich den Besen wieder in die Ecke gestellt habe wo ich ihn herhatte komme ich wieder zu meiner Mutter auf die Terrasse. Ich bin mir immer noch unsicher ob sie mir glauben würde wenn ich jetzt auspacke. „Was ist den los mit dir" fragt sie mich besorgt, was auch keineswegs verwunderlich ist wenn man die Wahrheit über mein Handeln nicht kennt. „Du bist richtig komisch in letzter zeit!" ergänzt sie noch. Das ist meine Chance, eine bessere Gelegenheit ihr die Wahrheit zu sagen würde ich wohl nicht bekommen also los! Wie sage ich es? „Mum" Ich mache eine kurze Pause und suche noch einmal nach den richtigen Worten. „Ich denke ich sollte oder besser gesagt möchte dir etwas erzählen. Können wir uns bitte rein setzen?" frage ich einerseits weil mir kalt wird, andererseits weil ich Angst davor habe die Gestalt könnte mich hören. Sofort merke ich wie meine Mutter überlegt was es sein könnte was ich ihr sagen will. Ja ich würde fast schon sagen, dass man die Zahnräder in ihrem Kopf knacken hören konnte. „Sag mir nicht das du schwanger bist" schoss es aus ihr heraus „Ich hab dich doch aufgeklärt" hängte sie noch an. Das war wieder mal so typisch. Klar das sie so was dachte. Vielleicht dachten auch andere Mütter so. Jedenfalls finde ich es nervig. „Oh Gott nein!" entgegne ich ihr um die Situation zu entschärfen. Wobei das was du gleich zu hören bekommst nicht unbedingt beruhigender ist, füge ich in Gedanken hinzu. Endlich sitzen wir drinnen. Meine Jacke lasse ich trotzdem an. „Ich sehe Gestalten" sage ich und lasse diese Behauptung vorerst im Raum stehen. Offensichtlich will sie noch nichts dazu sagen bevor sie die komplette Geschichte gehört hatte. Vielleicht weiß sie aber auch einfach nicht wie sie darauf reagieren soll, denke ich mir also fahre ich fort. „Heute Nacht habe ich ein kratzen an meiner Zimmertür gehört, es hat mich geweckt also bin ich aufgestanden um nachzusehen was es ist. Als ich die Tür geöffnet hab da.." ich mache eine kurze Pause. Bei dem Gedanken an den Anblick der sich mir bot stellen sich mir erneut alle Nackenhaare auf und ich beginne mit den Beinen zu zittern obwohl mir warm ist. Aber wie Mütter eben so sind, merkt auch meine Mutter das und legt eine Hand auf meinen Oberschenkel um mich zu beruhigen. Es hilft. Zumindest ein wenig. „Ich habe jemanden oder besser gesagt etwas gesehen etwas schwarzes, was dann wieder durch die Tür hindurch verschwunden ist." erst jetzt rafft sich meine Mutter auf mir zu antworten. „Das war bestimmt nur ein Traum" sagt sie mit sanfter stimme. Fast wie als würde sie mit einem Baby reden das jetzt schlafen sollte. „Das dachte ich zuerst auch" entgegne ich ihr. „Aber als ich heute morgen wach geworden bin stand meine Zimmertür immer noch offen. Du weißt genau das ich sie vor dem schlafen gehen schließe." Sage ich ihr um zu erklären das es sich eben nicht nur um einen Traum gehandelt hat, doch sie scheint mir immer noch keinen Glauben zu schenken. „Vielleicht bist du ja Schlaf gewandelt ich selbst hab das früher auch oft gemacht." Das stimmt. Schließlich erzählst du fast täglich von deinen nächtlichen Unternehmungen, denke ich mir im verborgenen. Desto mehr sie mich zu beruhigen versucht, desto aggressiver werde ich. Ich hasse es, dass sie für alles eine Erklärung braucht, und schon immer gebraucht hat. „Gut. Okay. Vielleicht hast du recht." räume ich ein, doch ich muss mir auf die Zunge beißen um mir eine weitere Bemerkung zu verkneifen. Ich möchte keinen Streit anfangen, das wäre das letzte was ich in dieser Situation jetzt gebrauchen könnte. Wenn du mir doch einmal glauben würdest ohne deine eigene Version daraus zu machen „Aber das erklärt nicht warum ich dieses etwas gerade wieder gesehen habe. Eben hinter der Hecke. Ich habe wieder ein rascheln gehört und bin hin." Dieses mal braucht meine Mutter länger um eine Antwort zu finden. Sie blickt sich um. Lässt ihren Blick von einer Wand zur anderen gleiten, als stünde dort ein Rat der ihr weiter hilft. Dann blickt sie mir tief in die Augen. Endlich bricht sie das schweigen „Du bist in der Pubertät mein Schatz." Das sind nicht gerade aufbauende Worte denke ich mir. „Deine Hormone spielen verrückt, da kann es bestimmt mal Passieren, dass man sich so etwas einbildet." Na vielen dank, das hilft mir nicht gerade. „Ich hab es gesehen ganz sicher Mum." Sie schüttelt den Kopf „Vielleicht hast du auch einfach zu viel Stress Kindchen." Ich hasse das. Immer, wirklich immer, muss sie für alles Erklärungen haben. Glaubt nicht das was man ihr sagt. Vielleicht will sie es auch gar nicht glauben, will sich einreden, dass alles normal ist. Will sich einreden das ihre Tochter nicht verrückt ist. Aber vielleicht bin ich auch genau das? „Manchmal spielt einem der Kopf einen fiesen Streich um sich zu wehren wenn wir es zu sehr belasten" Genug! Mein Geduldsfaden ist nun gerissen „Dann glaub mir halt nicht!" Rufe ich „Ich dachte, dass ich es wenigstens dir anvertrauen könnte aber wenn mir nicht mal mehr meine eigene Mutter glaubt dann muss ich wohl verrückt sein!" Mit diesen Worten stehe ich hastig auf. Mein Stuhl fällt fast um durch den Schwung meiner Bewegung. „Vielleicht hätte ich Lieber zu Papa gehen sollen!" Dieser Schlag trifft meine Mutter ohne Vorwarnung. Ich warte die Antwort meiner Mutter nicht ab und gehe in mein Zimmer, ja renne fast schon, während Tränen der Angst mein Gesicht ereilen.

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