Kapitel 4 - Abschied

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„Du warst der Auserwählte!"

Obi-Wan hörte diese Worte immer wieder und sah dabei jedes Mal den zerstümmelten Körper, der vor ihm am Rande des Lavaflusses auf Mustafar lag, vor seinem inneren Auge.
Er konnte Anakin nicht umbringen und er hoffte, dass die Hitze und das Feuer diese Aufgabe übernommen hatten. Nun saß er hier, an Bord eines Raumschiffes von Bail Organa, und schaute auf das Bündel herab, welches sich gerade wieder bewegte.

Meister Yoda, Organa und er hatten sich geeinigt, was mit den beiden Kindern von Padmé und Anakin passieren sollte, jetzt wo beide Waisen waren. Obi-Wan würde nach Tatooine fliegen, um Luke an seinen Stiefonkel Owen Lars zu übergeben.
Er würde ihn bewachen und aufwachsen sehen. Es war nicht direkt ein Exil, doch anders konnte er nach dem Fall der Republik nicht handeln.

Ehe sich der Vorhang des neuen Imperiums komplett gelegt hatte und dieses seine Absichten offenbarte, musste er abgeschieden von dem Orden und der Zivilisation leben.
Doch das war ihm nur recht. So konnte er auch üben, mit Qui-Gon Jinn, seinem alten Meister, zu kommunizieren.

Yoda hatte ihm berichtet, dass es Qui-Gon gelungen war, nach seinem Tod durch Darth Maul auf Naboo weiterzuexistieren - eine Form, die nur wenige mächtige Jedi annehmen konnten.
Jetzt, wo alles vorbei war, liefen die letzten Tage wie ein Film in seinen Erinnerungen ab. Wie er und Anakin überrascht waren, als Ahsoka mit Bo-Katan Kryze, der Schwester Satines von Mandalore, auf einmal vor ihnen standen, wie sie den Kanzler befreiten und sich das dann das letzte Mal vor dem Duell auf Mustafar sahen.

Obi-Wan sollte General Grievous auf Utapau aufspüren und eliminieren, Anakin jedoch auf Coruscant bleiben. Sie waren in den Klonkriegen zwar mehrmals getrennt unterwegs, doch bei diesem Abschied fühlte er etwas anderes. Ein dunkler Schleier umgab Anakin, er war wie verwirrt oder geblendet.
Mittlerweile war Obi-Wan natürlich bewusst, dass Palpatine in dem Moment zu seinem letzten Schachzug ansetzte, doch er konnte Anakin nicht rechtzeitig retten.

Er erinnerte sich, wie er vor Utapau noch mit Ahsoka sprach, die auf Mandalore blieb, um Maul zu besiegen. Auch sie spürte, dass Anakin sich in Gefahr befand, da sie ebenfalls zumindest zu einem gewissen Teil wusste, dass Anakin im Geheimen mit Padmé verheiratet war. Entgegen der Regeln des Ordens, welche eine Bindung untersagten, da sie die Sinne trübte.

„Obi-Wan, sagt Anakin das nächste Mal, wenn Ihr ihn seht, bitte, dass..."
Er wusste, was Ahsoka ihm sagen wollte. Sie war etwas Besonderes, sie war wie Anakin, nur bei weitem weniger gefährlich, da sie nicht von den gleichen Ängsten verschlungen wurde wie er. Sie war wie das Licht, das Anakin verloren hatte.

Ahsoka wollte ihn nicht noch einmal verlassen. Er war für sie wie ein Bruder, und Anakin war nach Ahsokas Austritt aus dem Jedi-Orden nie wieder der selbe. Vielleicht war es nicht nur die Furcht vor dem Verlust von Padmé, die Anakin näher zur dunklen Seite brachte, sondern auch der Verlust seiner Padawan-Schülerin.
Anakin wurde klar, dass er versagt hatte, sie vor dem Urteil des Rates zu bewahren.

Auch wenn Ahsoka bei dem Bombenanschlag auf den Tempel und der danach folgenden Hetzjagd immer zur falschen Zeit am falschen Ort war, war es ihm nicht möglich, ihre Unschuld rechtzeitig zu beweisen. Zwar konnte er Ahsokas Freundin Barriss, welche ebenfalls eine Padawan war, als Täterin fassen, doch da hatte er Ahsoka selbst bereits verloren.

Obi-Wan machte sich noch immer Vorwürfe, das Urteil gesprochen zu haben, doch es war seine Pflicht als Mitglied im Rat. Er kannte Ahsoka zwar mit der Ausnahme von Plo Koon mehr als jeder andere Meister, doch trotzdem war es ihm nicht gelungen, den Rat von ihrer Unschuld zu überzeugen. Heute wusste er, dass das einer seiner größten Fehler war.

Was ihn besonders schmerzte, war die Tatsache, dass er Anakin Ahsokas Nachricht nicht überbringen konnte, und mit dem Gedanken musste er nun leben, zumal er nicht wusste, ob Ahsoka die Order 66 überlebt hatte. Rex war genauso sorgfältig wie Commander Cody, und Obi-Wan befürchtete, dass er sich in diesem Fall keine Ausnahme gemacht hatte.

Der nächste Tritt von Luke riss ihn aus den Gedanken wieder zurück in die Realität, wo er schon sehen konnte, wie das Schiff sich Tatooine näherte. Dort war nun sein neues Zuhause und er würde alles dafür geben, bei Luke nicht zu versagen.

Ahsoka schreckte aus ihrem Traum hoch. Sie wusste es nicht einzuordnen, doch sie spürte einen stechenden Schmerz, der jedoch nicht ihrer war. Es war der Schmerz des Verlustes.
Sie versuchte sich zu konzentrieren, aber mehr als einen Raum mit allerlei Medi-Droiden, einem Operationstisch und einer schwarzen Gestalt konnte sie nicht erkennen.

Rex saß am Fenster und schlief. Draußen war es noch dunkel, daher war Ahsoka sich sicher, dass sie nicht lange geschlafen haben konnte.
Sie hatte sich angestrengt, noch einmal den Ort in ihrem Traum zu sehen, doch er war fort. Niemand war da, um ihr bei der Deutung zu helfen, so wie damals, als sie von einem Attentat an Padmé geträumt hatte.
Nur Rex war bei ihr, doch er war natürlich nicht in der Lage, sie zu unterstützen.
Klone hatten keinen nutzbaren Zugang zu der Macht, auch wenn Ahsoka sich manchmal wünschte, dass zumindest Rex diese Macht spüren konnte.

"Ist alles in Ordnung mit dir?"
Ahsoka sah überrascht zum Fenster. Rex war inzwischen wach geworden und schaute zu ihr herüber. Es war selten, dass er sie nicht förmlich angesprochen hatte und irgendwie war sie dieses Mal sehr froh darüber. Sie wusste, dass er ihr nicht helfen konnte, doch sie erzählte ihm von ihrem Traum.
"Ich kann dir nicht versprechen, dass ich nach den letzten Tagen etwas Hilfreiches herausbekommen werde, aber ich werde es versuchen.", sagte Rex, nachdem Ahsoka ihm alles erzählt hat. "Danke.", antwortete Ahsoka erleichtert.

Rex war wirklich ein Freund. Vielleicht der einzige, der ihr noch blieb. Und bald mussten sich auch ihre Wege trennen. Es war schwer für ihn, etwas herauszufinden. Immerhin haben seine Kameraden den Vorfall bestimmt gemeldet, besonders Jesse als Kommandant der Truppe, welche ihnen vor dem Absturz gegenüberstand. Es blieb nur zu hoffen, dass nach diesem Staatsstreich noch nicht alle Berichte ausgewertet worden waren.

Der Morgen brach herein und das war das Zeichen für Rex und Ahsoka, aufzubrechen. Rex hatte ganze Arbeit geleistet. Sein Bericht war lückenlos und bescheinigte, dass Ahsoka Tano bei der Order 66 und dem Absturz des Sternenzerstörers umgekommen war. Der Bericht war bereits im System und wurde auch als akzeptiert gekennzeichnet.
Ahsoka war somit offiziell tot, ein Umstand, der bei ihr ein seltsames Gefühl der Freude und Trauer auslöste.

Immerhin suchte jetzt niemand mehr aktiv nach ihr, aber nun brauchte sie auch eine neue Identität, dachte sie sich. Doch eines nach dem anderen.
Vor ihr stand Rex mit gepackten Sachen. Der Y-Flügler war aufgetankt und bereit für den Flug. Ahsoka hatte sich in der Zwischenzeit von dem letzten Geld einen kleinen Frachter besorgen können, der zwar kaum noch durch eine Prüfung kam, aber für den Anfang reichen musste.

"Ich danke dir für alles, Rex. Für alles, was du in den letzten Jahren für mich gemacht hast.", sagte Ahsoka, und sie wollte nicht zugeben, dass dieser Moment ihr Magenschmerzen bereitete.
"Ich habe dir zu danken. Du bist tapfer und niemand konnte dich besser ausbilden als General Skywalker. Ich bin froh, deine Ausbildung sehen zu können. Ach, noch etwas..." Rex kramte in seinem Rucksack und gab ihr einen Kommunikator. "Sollte ich etwas hören, melde ich mich. Und solltest du je Hilfe brauchen, sag' mir Bescheid."

"Das werde ich.", erwiderte Ahsoka und plötzlich überkam sie das Gefühl, Rex um den Hals zu fallen. Beide umarmten sich innig zum Abschied, doch so sehr Ahsoka auch hoffte, dass der Moment nie vorüberging, trennten sich beide wieder.
Als Rex die Leiter zum Cockpit hinaufkletterte, warf er einen Blick zurück und konnte fühlen, dass diese junge Togruta ihm mehr bedeutete als er es sich zu Beginn ihrer Kameradschaft vorstellen konnte. Und irgendetwas sagte ihm innerlich, dass sie sich eines Tages wiedersehen würden.

Ahsoka: A Star Wars Order 66 StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt