Er ist nicht wie wir

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Der finstere Blick ließ einen förmlich einfrieren und in Schockstarre verfallen. Es war, als würde er dir in deine Seele schauen. Inständig hoffte ich, er würde damit aufhören.

"Asmo?", fragte ich mit zitternder Stimme in seine Richtung.

"Warum hast du das getan?!", ertönte in einer dämonischen Stimme, die mich ihn kaum wiedererkennen ließ. Jede Zelle meines Körpers wünschte sich, die letzten Minuten ungeschehen zu machen.

"Es.... es tut mir so leid..", meine Stimme bebte, sie war so leise, dass er es kaum hören konnte.

"Ist dir klar, in was für eine Gefahr du dich begeben hast? Du naives Mädchen! Stell dir vor, ich hätte dich nicht retten können! Wie kann man nur so leichtsinnig sein und auch noch alleine, nicht zu vergessen mit einer Morddrohung am Hals, sich verdammt nochmal hier her zu bewegen?!"

Ein leises Schluchzen entwich mir und eine Träne kullerte meine Wange herunter, bis hin zu meinem Kinn, wo sie auf den Boden tropfte. So sehr erschütterte mich seine Stimme.

Stille. Immer noch schluchzend starrte ich auf den Asphaltboden.

Nach einiger Zeit hörte ich Schritte und sah die schwarzen Stiefel und den schwarzen Umhang, den Asmo immer trug. Ich spürte, wie er sich zu mir niederkniete und mein nasses Kinn in die Hand nahm, um es anzuheben und mich zu zwingen, ihm ins Gesicht zu schauen. Noch zitternd sah ich ihn also an und wartete, was nun geschehen würde.

"Versprich mir, dass du das nie wieder tun wirst... Ich hatte heute wirklich Angst um dich..", hauchte er und ich hob meine Mundwinkel leicht nach oben. Mit der anderen Hand wischte er mir die Tränen aus dem Gesicht und ich konnte einen kleinen Funken Mitleid in seinen Augen erahnen. Immer noch auf dem Boden hockend, fasste ich einen Entschluss und fiel in seine Arme, so dankbar war ich ihm. Es beruhigte mich so sehr, wieder sicher zu sein und seinen warmen Körper an meinem zu spüren. Lange verharrten wir so, bis er hinter meinem Kopf flüsterte:

"Ich werde dich jetzt nach Hause bringen."

Ich nickte und wir erhoben uns. Den ganzen langen Weg liefen wir schweigend nebeneinander her. Ab und zu erhaschte ich Blick nach oben, doch er schaute nur starr nach vorne. Nach einer gefühlten Ewigkeit bogen wir endlich in meine Straße ein.

Jemand schien vor meinem Haus auf mich zu warten. Als ich genauer hinschaute erkannte ich Aiden, der unruhig von einem Fuß auf den anderen wippte. Schließlich hob er seinen Blick und sah uns beide.

Sein Gesicht verfinsterte sich und er setzte zum gehen an.

"Warte doch Aiden!", schrie ich mit ganzer Kraft hinterher.

Zum Glück blieb er stehen und wir erreichten ihn.

"Es ist nicht, wie du denkst", sagte ich in einem harten Ton woraufhin er und Asmo finstere Blicke austauschten. Die Situation war sichtbar angespannt.

"Ich werde jetzt gehen", unterbrach Asmo das Spektakel, "Pass lieber besser auf sie auf."

Aiden begann die Fäuste zu Ballen und die Lippen verärgert zusammenzupressen.

"Aiden, das bringt nichts, es ist gut. Es war meine Schuld", versuchte ich ihn zu beruhigen und stellte mich zwischen die beiden.

"Hast du dich alleine draußen rumgetrieben?! Deine Liebe vernebelt echt deinen Verstand. Unfassbar...", zischte Aiden.

Hatte er das jetzt wirklich laut ausgesprochen? Verstohlen sah ich zu Asmo, der mich ebenfalls leicht irritiert anblickte. Bitte nicht. Ich fühlte mich so bloßgestellt von Aiden, dass ich kein Wort mehr über die Lippen brachte und Asmo weiter stumm anstarrte. Niemand wusste, was er sagen sollte.

Doch dann drehte sich Asmo und schritt davon.

"Sei nicht so hart zu ihr", hörten wir ihn noch hinterherrufen, als er plötzlich verschwunden war. Verdattert stand ich da und wusste nicht mehr weiter. Niemand traute sich zu reden.

"Tiara?"

"Ja?"

"Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich.."

Ich unterbrach ihn: "Ist schon okay, du brauchst dich nicht rechtfertigen. Mein Verhalten war einfach inakzeptabel."

"Wer zum Teufel ist Asmo?", platzte es aus ihm heraus.

"Ich habe doch gesagt, er ist ein guter Freund von mir."

"Dieser Typ ist nicht normal! Hast du seine Augen gesehen?!", rief Aiden entsetzt.

"Was bitte meinst du?", vollkommen verwirrt verschränkte ich meine Arme vor der meinem Oberkörper.

"Eben, als wir uns angestarrt haben.. seine Augen! Sie waren feuerrot!"

Geschockt klappte mir der Mund auf.

"Feuerrot?!", fragte ich ungläubig. Bei dem Gedanken blitzen Bruchteile von Bildern vor meinen Augen, jedoch konnte ich sie nicht zuordnen. Schnell verdrängte ich das wieder.

"Ja! Du hast es nicht gesehen, du standst mit dem Rücken zu ihm!", beharrte er aufgebracht.

"Was redest du Aiden? Das macht überhaupt keinen Sinn. Deine Augen haben dir einen Streich gespielt vor lauter Wut!"

Ich wusste absolut nicht, wovon er da sprach.

" Ich traue ihm nicht. Und das solltest du auch nicht tun. Ich habe es förmlich gespürt, er hat nichts Gutes in sich. Diese Aura... und außerdem ist er respektlos. Ein gut gemeinter Rat von Josie und mir. Der Typ hat etwas zu verbergen. Merkst du das nicht?"

"Danke für deinen Rat Aiden, aber ich denke, das kann ich für mich selbst entscheiden", erwiderte ich und ließ ihn stehen.

Vor der Tür öffnete ich noch schnell meinen Briefkasten, um anschließend noch etwas angefressen die Treppen hochzustapfen und erschöpft auf mein Bett zu fallen. Dieser Tag war definitiv zu viel für mich gewesen. Auf jeden Fall hatte ich daraus gelernt, mich nie wieder so in Gefahr zu begeben, dafür hatte Asmo gesorgt. Der Gedanke daran, dass er sofort erschienen ist, um mich zu retten, löste ein breites Grinsen in meinem Gesicht aus. Er hatte sich Sorgen um mich gemacht. So in Aufruhr hatte ich ihn selbst bei dem Betrunkenen nicht erlebt.

Bevor ich schlief, schaute ich, ob relevante Post dabei gewesen war. Ich schob das Werbeprospekt zur Seite und erblickte einen Brief. In diesem Moment wurde mir klar, es war ernst. Verdammt Ernst. Mein ganzer Körper zitterte und mir drohte schwarz vor Augen zu werden. Langsam nahm ich ihn zu mir, um ganz sicher zu gehen und roch daran. Kein Zweifel, der Brief war vom Mörder. Sekundenartig blitzten Flashbacks vor meinen Augen auf. Ich sah mich in dem Versteck, den Knall, meine Eltern zu Boden sinkend, den Schmerz in meiner Brust, die Schreie, die wie im Stummfilm vor meinen Augen abliefen, nur hörte ich sie nicht mehr. Die ganzen Blitze, die Flashbacks, die Wechsel zwischen Realität und Erinnerung. Schreiend hämmerte ich auf mein Bett:

"MACH, DASS ES AUFHÖRT! NEIN!"

Ich war alleine, niemand konnte mir helfen. Nur ich und meine toten Eltern. Schließlich überrollten mich die grauenhaften Flashbacks und alles wurde schwarz vor meinen Augen.

The Devil s DollWo Geschichten leben. Entdecke jetzt