Menschlichkeit

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Als ich meine Augen öffnete, erblickte ich ein letztes Mal die Hölle unter mir.

Einfach atemberaubend. Wie in einer Fantasiewelt. Alles loderte in gelb und rot auf. Die Welt war stand regelrecht in Flammen. Es war episch, dramatisch, absolut unglaublich. Die ganze Luft war rauchig, der Himmel donnerte, wobei der Donner durch meinen ganzen Körper zuckte. 

Ein letztes Mal musterte ich seine gewaltige Gestalt, die er angenommen hatte, die Muster in seinem Gesicht, seine riesigen Flügel. Erneut hörte ich die Stimmen der verlorenen Seelen, doch sie machten mir nichts aus, da ich eng umschlungen an Asmos Körper war. Ich nickte ihm zu und er zischte nur so durch die Luft, vor Freude jubelte ich, wie bei einer Achterbahnfahrt. Die Landschaft zog an mir vorbei. Die vielen steinernen Berge, über roten Sand bis hin zu einem Meer aus Lava. 

Das Lavameer war gigantisch und erstreckte sich über den ganzen Horizont. Da zog eine schwarze Rauchwolke über uns hinweg, die die Form eines Gespenstes besaß.

"Was ist das?", fragte ich fasziniert.

"Ein Dämon. Keine Sorge, er kann dir nichts anhaben."

"Was machst du den ganzen Tag in der Hölle, Asmo? Ich meine, fliegen ist toll, aber den ganzen Tag?"

Er konnte sich das Lachen nicht verkneifen.

"Ich habe meine Aufgaben, wenn ich nicht gerade auf der Erde richte. Ich kümmere mich um die Seelen. Außerdem wohnen in dem Schloss, dass ich dir letztes Mal gezeigt habe, meine Verwandten, wenn man es so nennen will. Sie sind Dämonen meiner Art, wie mein Bruder, so auch mein Nachfolger. Aber du hast hast, nicht jeder hält es hier aus. Da ist es doch kein Wunder, dass ich mir Ablenkung gewünscht habe nicht?"

Vergnügt lächelte ich und wir flogen weiter. Durch riesige Steilklippen aus grauem Gestein, durch Vulkane und endlose Wüsten. 

Nach langer Zeit beschlossen wir zurückzukehren.

Asmo war von seiner Entscheidung fest überzeugt. Ein letztes Mal betrachtete er die Münze in seiner Hand, bis er sie auf den Boden schmiss, wie er es auch bei seinem Bruder getan hatte. Erneut faselte er Wörter in einer mir fremden Sprache, als Lichtstrahlen aus der Münze emporschossen, so hell, dass ich mich erst daran gewöhnen musste. Die Erde bebte unter meinen Füßen, der Wind zog auf. Anmutig trat Asmo in das Licht und ich sah, wie er die Hände hob und die Augen schloss. Unter ihm bildeten sich schwarze Rauchschwaden, die von der Münze regelrecht eingesogen und verschlungen wurden. Seine übernatürliche Kraft verließ seinen Körper. Die Münze versiegelte die Macht in sich.

Eine ganze Weile ging das so, bis das Licht schlagartig verschwand. Asmo starrte zu Boden.

"Asmo, alles in Ordnung?", besorgt lief ich zu ihm.

"Wer bist du?", hob er seinen Kopf mit verwirrter Miene.

Der Schock stand mir ins Gesicht geschrieben, das war nicht sein Ernst! Das war doch ein Witz! Er hatte es mir versprochen! Er war sich sicher!!!

Er brach in ein riesen Gelächter aus:

"Du hättest dein Gesicht sehen sollen, Liebes!"

"Nicht witzig!", schmollte ich wütend. Für einen Moment hatte ich es ihm abgekauft. Wahrhaftig war er noch der gleiche Idiot geblieben.

Urplötzlich legten sich zwei Arme um mich und hielten mich fest. 

"Komm her", flüsterte Asmo.

Immer noch beleidigt erwiderte ich seine Umarmung nicht.

"Tiaraaa", lockte er mich.

"Das ist mein Name?", trotzte ich.

"Ich bin jetzt ein Mensch und fühle mich unglaublich gut dabei. Ich würde das gerne mit meinem wunderschönen Mädchen teilen", grinste er und automatisch schlug mein Herz höher, ein Lächeln schlich über mein Gesicht. Schließlich gab ich nach und drehte mich um. Meinen Kopf an seine Brust schmiegend schloss ich die Augen und genoss einfach nur seine Nähe, seinen Herzschlag an meinem Körper. Die Stille der Nacht umhüllte uns. Sie gehörte uns allein. Zwei Menschen, die sich bedingungslos liebten.

The Devil s DollWo Geschichten leben. Entdecke jetzt