"Naa, wie geht es dir? Hoffentlich leidest du, so sehr wie ich gelitten habe. Du wünschst dir das es endet? Oh, ich verspreche dir, das wird es. Sehr bald sogar...Kannst du deine Eltern schon hören? Sie rufen nach dir. Bald werden ihr vereint sein und in der Hölle schmoren. Und ich bekomme, was ich will. Ich freue mich auf dich meine Süße. Das wird ein Vergnügen! Wir sehen uns! Dein Mörder!"
Völlig aufgewühlt wachte ich in meinem Bett auf. Orientierungslos lag ich da, meine Decke war das reinste Chaos, die Hälfte lag am Boden. Mein Körper hatte einfach abgedreht und jetzt lag ich hier und sah aus wie eine Leiche. Vielleicht war ich das auch bald... Nein, den Gedanken musste ich ganz schnell wieder verdrängen. Es konnte doch nicht sein, dass mir die Polizei nicht half! Die konnten mich doch nicht einfach sterben lassen, dabei zusehen, wie ich elendig zu Grunde ging! Ich spürte, wie sich langsam alles zu wiederholen drohte. Die Gefühle, die ich einst verdrängte, waren wieder gefährlich präsent. ER hatte Recht, ich stand vorm Abgrund. Halte durch Tiara, redete ich mir immer wieder ein.
Fix und fertig begleitete mich Josie zum Revier. Es war noch dunkel, die Morgenluft strömte kalt ins Gesicht, ich hatte sie in der Not angerufen. An schlafen war nicht mehr zu denken. Der Brief musste zur Polizei. Außerdem schwebte ich in großer Gefahr. Unsere Situation war immer noch angespannt, aber trotzdem wollte sie mir unter allen Umständen beistehen. Dafür waren beste Freunde eben da, selbst wenn es hart auf hart kam. Stumm blickte sie mich an und sah, wie schwach und verängstigt ich war. Ihre Hand umschloss vorsichtig meine und drückte sie zaghaft, um Halt und Sicherheit zu geben. Dankend erwiderte ich den Druck. Wir schleppten uns die Treppen hinauf.
"Ein weiterer Drohbrief?", fragte die Polizistin ruhig und musterte mich. Leise nickte ich, ohne ein Wort zu sagen.
"Es tut mir leid, dass wir noch nichts für Sie tun konnten. Unsere Mittel sind begrenzt. Wir kommen mit der ganzen Arbeit einfach nicht mehr hinterher. Ich fürchte, der Fachkräftemangel wird uns zum Verhängnis. Ich wünschte, wir könnten dafür sorgen, dass der Fall geklärt wird. Ich werde Ihnen so schnell wie möglich Personenschutz organisieren. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich Ihnen nicht sofort jemanden holen kann. Halten sie sich so lange nicht alleine auf und tragen sie am Besten etwas zum Schutz bei sich. Es steht Ihnen frei, vorerst hier zu bleiben. Jedoch ist das Ihre Entscheidung."
"Josie, ich werde hier bleiben, du kannst in die Schule gehen, okay?", teilte ich ihr meine Entscheidung mit.
"Ich werde dich auf gar keinen Fall hier alleine lassen!", erwiderte sie bestimmt und verschränkte ihre Arme.
"Ich schaffe das alleine...", ergänzte ich sanft.
"Vergiss es!", trotzte sie stur. Da war nichts mehr zu machen. Insgeheim war ich froh, sie an meiner Seite zu haben. Ihr vertraute ich mein Leben an. Schon damals hatte sie mich zurückgeholt, meine Schatten ausgetrieben und mir wieder die schönen Seiten des Lebens gezeigt.
"Danke Jo", flüsterte ich voller Dankbarkeit und legte meine Hand auf ihre.
"Dir wird nichts passieren", versicherte sie mir liebevoll und strich mir mit der anderen Hand die Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie mussten völlig zerzaust von heute Nacht sein, ohne zu zögern, waren wir zur Polizei gegangen. Meine Augen waren gerötet und brannten, mein Rachen fühlte sich trocken an, ewig hatte ich nichts zu mir genommen. Als könne sie Gedanken lesen, stand sie auf:
"Du musst unbedingt etwas trinken und essen. Sonst kippst du mir hier noch um. Du siehst wirklich nicht gut aus."
Ich schaute ihr nach, wie ihre zierliche Gestalt hinter der Ecke verschwand, in Richtung Kaffeeautomat. Ein Kaffee wäre nun wirklich nicht verkehrt. Viel Schlaf war diese Nacht nicht drinnen gewesen, wenn das überhaupt als Schlaf zu bezeichnen war. Betrübt starrte ich in die Richtung, in der Jo verschwunden war und wartete sehnsüchtig darauf, ihre blaue Jacke wiederzuerkennen. Die Polizeistation war beängstigend. So leer. So einsam. So abgedunkelt von der Straße, damit niemand durch die Fenster die Dinge hier beobachten konnte. Als ob hier eine Verschwörung stattfand und niemand durfte dahinter kommen. Von außen getarnt als Büro, von innen ein gefährlicher Komplott. Vielleicht war der Mörder einer von ihnen und sorgte persönlich dafür, dass ich keine Hilfe bekam. Vielleicht war das ebenfalls teil seines Psychospiels. Es war still. Einmal, begann der Drucker laut zu rotieren, zwei Blätter erschienen, danach war es wieder seelenruhig. Plötzlich hörte ich die Zeiger der Uhr ticken, was vorher gar nicht aufgefallen war. Das Ticken wurde immer lauter und brannte sich in meinen Kopf, ich konnte es nicht mehr ausblenden. Tick. Tack. Tick. Tack. Schritte! Angespannt hob ich meinen Kopf, endlich kam Josie zurück und bewahrte mich davor durchzudrehen. Schon wieder. In der einen Hand hielt sie meinen geliebten Kaffee mit extra Milch, in der anderen etwas zu essen. Hatte ich einen Hunger.
"Hier", sie drückte es mir in die Hand. Dankend nahm ich es entgegen und begann zu essen.
"Es bedeutet mir viel, dass du an meiner Seite geblieben bist", sagte ich und ihre Mundwinkel erhöhten sich.
"Dafür sind Freunde da, Schatz. Egal was ist."
Ewigkeiten mussten bereits vergangen sein, die wir hier saßen. Ich musste hier raus.
"Jo? Ich würde gerne kurz vor die Tür gehen. Ich halte das hier nicht mehr aus. Diese Polizeiatmosphäre macht mich wahnsinnig. Dieser Bürogeruch, diese eintönigen Wände, schrecklich!"
Jo folgte mir nach draußen, der Polizistin zunickend.
Die frische Luft tat unglaublich gut. Der Morgen dämmerte bereits. Ich streckte mich einmal und war froh, mich frei bewegen zu können. Das viele Sitzen war anstrengend gewesen. Ein paar Meter folgten wir der Hauptstraße, um den Kopf ebenfalls freizubekommen.
"Mein Verhalten von letztens war genauso wenig okay", begann sie plötzlich, "Sorry dafür. Das war ich dir noch schuldig. Vielleicht stand ich unter zu großem Einfluss von Aidens Charm. Sei mir nicht böse, aber ihr habt euch beide nicht richtig verhalten."
"Ich weiß. Dafür habe ich mich entschuldigt. Ist wieder alles gut zwischen uns?"
"Ich würde es mir wünschen, ja", stimmte sie zu, "was glaubst du, wann jemand kommen wird?"
"Ich weiß es nicht..", gab ich zurück und schaute über meine Schulter hin zum Revier.
"Und denkst du, sie werden ihn finden?", fragte ich zaghaft.
"Das werden sie", bestätigend streichelte sie meinen Oberarm und lächelte leicht.
Die Luft war immer noch etwas brieselig, dafür konnte man in weiter Entfernung die Sonne aufgehen sehen. Der Anblick war äußerst beruhigend und fing meinen Blick. Jo tat es mir gleich.
"Wunderschön", wisperte ich. Sie gab mir Recht. Für einen Moment konnte ich die Augen schließen und einfach nur genießen.
DU LIEST GERADE
The Devil s Doll
ParanormalSie hat die unschuldigen Augen, das reine Herz eines Engels. Doch ihre Liebe ist teuflisch. Sie hat sich auf ein Spiel mit den Teufel eingelassen. Ein schmaler Grad zwischen Leben und Tod. Sie hatte alles verloren, doch in diesem Scherbenhaufen spie...