Mit starken Kopfschmerzen und brennenden Augen wachte ich im meinem Bett auf. Äußerst verwundert blinzelte ich einige Male. Wie aus einem Winterschlaf erwacht, musterte ich die Umgebung, um erstmal wieder Orientierung zu finden. Was zur Hölle hatte ich geträumt, dass ich mich so beschissen fühlte?
Mit wackeligen Beinen stand ich auf und schleppte mich zum Badezimmerspiegel. Meine Güte sah ich schlimm aus! Meine Haare standen in alle Richtungen ab, meine Augen waren gerötet, genauso wie meine Nase. Meine Wangen brannten und fühlten sich ganz trocken an. Wenn irgendwas passiert wäre, würde ich mich doch wohl daran erinnern! Vielleicht war in meinem Traum jemand gestorben und ich hatte wirklich geweint, es nur nicht mitbekommen. Naja, lieber ein Traum in Vergessenheit, als Realität im kaputten Herzen, sagte ich mir und musste an meine Eltern denken. Dennoch schwirrte ein undefinierbaren Gefühl durch meinen Bauch, das ich noch nie zuvor vernommen hatte. Wie eine unbeschreibliche Leere. Seltsam.
Da entdeckte ich ein silbernes Armband an meinem linken Handgelenk, das mir vorher noch gar nicht aufgefallen war. Daran baumelte ein kleiner Engel. Es sah wunderschön aus, aber auch sehr teuer. Woher hatte ich bloß dieses Armband?! Irgendwer musste es mir doch gegeben haben?? Inständig hoffte ich, ich wäre nicht irgendwo eingebrochen und hätte etwas Dummes angestellt. Das würde die liebe Tiara doch niemals tun!
Immer noch total durcheinander kontrollierte ich meine Handynachrichten und wurde förmlich erschlagen. Josie hatte mir so circa zehntausend Nachrichten geschickt und mich hundert mal angerufen. Was bitte hatte ich verpasst?! War ich so betrunken, dass ich alles vergessen habe? Das würde verdammt peinlich werden, schließlich war ganz offensichtlich etwas passiert. Hoffentlich nichts mit Aiden. Ich mochte ihn wirklich gerne und vielleicht könnte daraus ja etwas werden, ich musste mir nur noch über meine Gefühle im klaren werden.
Angespannt wählte ich Jos Nummer und schaltete auf Lautsprecher.
Tuuut. Tuuut.
"Tiara! Geht es dir gut?!", überfiel sie mich mit Worten und ich wusste gar nicht, wie mir geschah.
"Ja, beruhige dich. Bei mir ist alles super, nur ein bisschen Kopfschmerzen. Was ist passiert?", beruhigte ich sie und wollte endlich aufgeklärt werden.
"Wir sind unten, komm sofort raus!", befahl sie und legte auf. Erschrocken starrte ich auf das Display. Was hatte ich getan, dass sie so außer sich war? Bin ich verrückt geworden? Und wer ist "wir"?
Mit wackeligen Knien schlich ich die Treppen runter, ohne jemanden zu wecken und öffnete, mit meinem vor lauter Aufregung klopfendem Herzen, die Haustür, um schnell nach draußen zu huschen und sie hinter mir zu schließen.
Da kam auch schon Jo auf mich zugelaufen und schloss mich in die Arme.
"Ich wäre fast gestorben vor Angst um dich, ich dachte sogar schon, du wärst tot!"
"Josie was redest du da?? Mir geht es gut, bis auf dass du mich gleich zerquetschst."
"Ti, was ist los mit dir?!", aufgebracht ließ sie mich los.
Da erkannte ich Aiden hinter ihr. Er war also mit "wir" gemeint. Oh bitte nicht, das war das letzte was ich wollte.
"Josie, Aiden, es tut mir ja leid, aber ich habe absolut keine Ahnung, wovon ihr redet!!", erwiderte ich lautstark.
Ich schaute in zwei entgeisterte Gesichter. Jo schien kurz zu überlegen, bis sie wieder das Wort erhob:
"Willst du mir damit sagen, du kannst dich nicht an den Vorfall gestern erinnern?!"
"Nein, verdammt, welcher Vorfall?! Was habe ich verpasst?? Kannst du mich bitte aufklären? Ich fühle mich wirklich blöd."
"Ti, du hast ja gestern Nacht den Drohbrief erhalten, dann sind wir gleich morgens zur Polizei gegangen. Als wir kurz spazieren waren, wurden wir überwältigt. Er muss uns aufgelauert haben. Ich dachte, er hätte dich getötet!"
"BITTE WAS?", rief ich völlig perplex.
"Daran kann ich mich noch erinnern, dann war alles schwarz und ich bin irgendwo in der Walachei aufgewacht. Nach ein paar Minuten habe ich zum Glück die Hauptstraße wiedergefunden. Das erste was ich natürlich tat, war zurück zur Polizei zu rennen, da ich mein Handy nicht mehr gefunden habe. Dann traf mich der Schock, als ich aufgebracht die Polizistin informiert hatte, meinte sie plötzlich, sie hätten den Täter bereits gefunden, er habe in einer Seitengasse Selbstmord begangen und von dir wäre keine Spur gewesen. Sie hätten ihn bereits weggeschafft. Wenn das nicht schon genug wäre, jetzt bist du auch noch so komisch!"
"Immerhin lebst du!", meldete sich jetzt auch Aiden zu Wort, woraufhin ich leicht lächeln musste. In seinem Gesicht jedoch war zu meiner Verwunderung eine leichte Abneigung zu sehen. Bitte sag nicht, ich hatte es kaputt gemacht.
"Aber wie kann es sein, dass ich mich an nichts erinnere?! Alles was mir bei deinen Worten wage eingefallen ist, war, wie ich abends den Brief erhielt und dann einschlief", verwunderte starrte ich beide an.
"Wir können es uns auch nicht erklären. Vielleicht hat der Typ dir irgendwas verpasst, dass dich alles vergessen ließ. Das erklärt trotzdem nicht, wie du dich scheinbar befreien konntest und warum er Selbstmord begangen habe.. Ich habe mir das doch nicht alles eingebildet!"
Jo war völlig fertig mit der Welt und hielt sich die Hände ins Gesicht. Die Arme, sie tat mir wirklich leid. So gerne ich mich auch erinnern würde, da war einfach nichts. Irgendwer musste mir geholfen haben. Aiden stand nur schweigend da, legte einen arm um Jo und schenkte mir keine Aufmerksamkeit mehr.
"Was auch immer passiert ist, es tut mir schrecklich leid! Ich wollte euch nicht so einen Schrecken einjagen!", versuchte ich mich kleinlaut zu entschuldigen. Aidens Miene änderte sich nicht. Ich beschloss, die beiden vorerst nicht weiter damit zu belästigen, da sie wirklich fertig aussahen und ich der Grund dafür war. Also blieb ich still, ohne weitere Fragen zu stellen. Warum wurde ich den Gedanken nicht los, dass da noch mehr geschehen war, dass sie mir nicht erzählten?
Erschöpft ließ ich mich in meinen gemütlichen Sessel, gegenüber von meinem Doppelbett fallen, als ich bemerkte, dass die Kissen nicht mehr im Sessel lagen, die ich immer als Deko darauf präparierte. Mein suchender Blick wurde auf dem Sofa fündig. Hatte ich die Kissen aufs Sofa gepackt? Auf einmal überkam mich der Hunger, ich musste Ewigkeiten nichts vernünftiges gegessen haben. Also rappelte ich mich wieder auf und öffnete den Lebensmittelschrank über meiner Theke, um mir eine Packung Spaghetti daraus zu nehmen. Überrascht stellte ich fest, das keine Packung mehr da war, dabei hatte ich doch erst letzte Woche eine neue gekauft. Scharf dachte ich nach, aber konnte mich absolut nicht entsinnen, wann ich letzte Woche Spaghetti gegessen hatte. Das wurde alles immer seltsamer. Erst dieses unerklärbare Armband an meinem Handgelenk, dann die Kissen, die Nudeln und vor allem der Vorfall mit dem Mörder, der mir scheinbar wirklich starkes Zeug verpasst hatte, dass ich den ganzen Tag vergaß. Und dann war da noch Aiden, der kurioserweise sauer auf mich zu sein schien. Ich wusste nicht, wann ich ihn verärgert hätte. Unsere Treffen waren bis jetzt meines Erachtens sehr gut verlaufen. Ich dachte wirklich, da wären Gefühle im Spiel. Kein Weg würde drum herum führen, ihn morgen in der Schule darauf anzusprechen. Ungern ließ ich Konflikte ungeklärt, die Freundschaft zu meiner Clique war zu wichtig.
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The Devil s Doll
ParanormalSie hat die unschuldigen Augen, das reine Herz eines Engels. Doch ihre Liebe ist teuflisch. Sie hat sich auf ein Spiel mit den Teufel eingelassen. Ein schmaler Grad zwischen Leben und Tod. Sie hatte alles verloren, doch in diesem Scherbenhaufen spie...