Kapitel 14

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Luna

Ich hörte Stimmen. Nur ganz leise, als schienen sie von ganz weit weg zu kommen. Überall war nur die schwere zähe Dunkelheit, die keine Geräusche bis zu mir durch ließ.

Dann schlug ich meine Augen auf.
Ich blinzelte mehrmals, da die Helligkeit für meine Augen ungewohnt wahr und es kurzzeitig schmerzte.
Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, schaute ich mich um.
Wo zum Teufel war ich hier?
Ich lag auf einem Sofa in einem Wohnzimmer von irgendjemanden.
Ich wollte mich aufsetzen, als ich meine höllischen Kopfschmerzen bemerkte und mich stöhnend wieder hinlegte. Warum hatte ich überhaupt Kopfschmerzen?
"Sie ist wach!" rief eine schrille weibliche Kinderstimme, bei deren Lautstärke meine Ohren fast abfielen. "Ist sie jetzt wieder gesund?" hörte ich eine andere weibliche Stimme etwas ängstlicher fragen. Als ich meinen Kopf leicht zur Seite drehte, erkannte ich zwei kleine, vielleicht 7 jährige Mädchen.

Ein Mann kam herein. "Janine, Lisa, geht erstmal raus spielen. Ihr habt sehr gut auf sie aufgepasst." sagte er lächelnd zu den beiden kleinen. Als die beiden lachend zur Tür hinausrannten, wendete er sich wieder mir zu. "Oh, gut. Du bist endlich wach. Wie geht es dir?"
fragte er. Ich konnte ihn nur anstarren. War ich hier etwa mitten in Haus eines black Wolves? Und was meinte er mit 'endlich'? Auf seine Frage reagierte ich erst gar nicht. "Was mach ich hier?" fragte ich verwirrt und versuchte mich ein zweites Mal aufzurichten. Er kam direkt zu mir gerannt und drückte mich leicht wieder zurück in mein Kissen. "Du bist in meinem Haus. Ich bin hier der Rudelarzt der black Wolves. Und bis die Nähte seitlich an deinem Bauch nicht ordentlich verheilt sind, darfst du auch nicht aufstehen, sonst besteht die Gefahr, dass sie wieder aufreißen. Und das wollen wir ja tunlichst vermeiden." belehrte er mich.

Was faselte er da?
"Du gehörst nicht Mal zu meinem Rudel." fauchte ich ihn an.
"Und genau da liegt das Problem. Du gehörst zu keinem Rudel und deshalb bist du jedem schutzlos ausgeliefert."
Seine Warnung mich nicht aufzusetzen hatte ich schon längst wieder vergessen. Ebenso wenig wie ich auf meine Kopfschmerzen achtete. Ich richtete mich auf und begann "Ich bin nicht jedem 'schutzlos ausgeliefert', ich kann gut auf mich alleine aufpassen. Ich brauche keine Hilfe von euch." Er sah mich zweifelnd an. "Also gut, dann wärst du jetzt aber tot." sagte er beiläufig und zuckte mit den Schultern.

Ich erstarrte. Bilder von dem Kampf sprudelten nur so in mein Gedächtnis. Meine zweite Begegnung mit dem blonden Typen. Seine Provokation. Der Kampf. Meine Verletzungen. Der schwarze Wolf. Warte. "Jason war da." flüsterte ich eher zu mir selbst als zu ihm. "Ah gut, deine Erinnerungen kommen wieder. Sehr gut!" sagte er und begann etwas auf ein Klemmbrett zu schreiben.

Langsam begannen sich bei mir alle Puzzleteile wieder zusammenzusetzen.
"Haben sie mich operiert?" fragte ich verwirrt. "Ja, das sagte ich doch bereits." antwortete er abwesend. "Warum? Warum haben sie mich nicht einfach sterben lassen?"
Er lachte leise. "Weil das meine Aufgabe ist, als Rudelarzt den Verletzten zu helfen." Ach was, das wusste ich auch. "Aber warum mir? Ich gehöre nicht zu ihrem Rudel. Außerdem wäre es nicht von Vorteil für euch, wenn ich tot wäre?"
Ich meine, ich bin schließlich nur eine Last für die Lykaner in Kingscroft, mit der sie jetzt gezwungener Maßen auskommen mussten.

Er hielt beim Schreiben inne, verzog bei meinen Worten etwas das Gesicht und wollte gerade antworten, da kam mir eine Gedanke. "Wer hat mich eigentlich hergebracht?" Nun setzte sich wieder ein Lächeln auf sein Gesicht. "Oh, das war Jason. Er hat dich nach deinem Kampf mit Bruce direkt hierher getragen, damit ich dich verarzten konnte." Bruce? So hieß also der blonde, der mich provozieren und im Nachhinein umbringen wollte.

Mein Innerstes wurde vollkommen auf den Kopf gestellt. Ich wusste nicht mehr was richtig-was falsch und was oben-was unten war. In meinem Kopf brach ein völliges Chaos aus. Warum tat Jason das? Ich war mir so sicher, dass er diesem Bruce helfen würde. Aber stattdessen hatte er mir das Leben gerettet. Er hatte Bruce vertrieben. Einen aus seinem eigenen Rudel. Genauso wie der Mann vor mir. Er hatte mich vor dem Tod bewahrt. Er wirkte so freundlich. Täuschte das nur? Oder lag es einfach an mir, an meinem Trauma von damals?

"Ich...ich muss mich bei Jason bedanken. Und natürlich auch bei ihnen, Mr. ...?"
"Mike, bitte nenn mich nur Mike. Und Jason ist im Moment in der Schule." Schule? Es begann doch gerade erst das Wochenende. Oder? Ein leiser Verdacht breitete sich in mir aus. "Wie lange war ich weg?" fragte ich verunsichert. Es war ungewohnt mit einem Lykaner, der den black Wolves angehört, zu reden. Aber er hatte mir das Leben gerettet, mit Jason. Ich war schließlich kein undankbarer Mensch.
"Ach nur 3 Tage." sagte er schulterzuckend und verschwand aus dem Raum. "Ich mach dir einen Tee, ruhe dich aus, oder schlaf noch etwas. Ich werde deine Familie und die Alphas natürlich über dein Befinden informieren." rief er aus der Küche.

Erschöpft ließ ich mich noch tiefer in mein Kissen sinken. Drei Tage? Drei verdammte Tage war ich weg?
In Momenten wie diesen wünschte ich mir einfach mein altes Leben zurück. In der Großstadt gab es zwar auch ein paar Nachteile, aber es war deutlich einfacher für mich.

Ich zog mir die kuschelige Decke bis über den Kopf. Dann schob ich mein T-Shirt etwas nach oben und tastete vorsichtig an die Stelle seitlich meines Bauches, wo mich der blonde Typ, wie hieß er noch gleich? Ach ja, Bruce. Wo mich Bruce gebissen hatte. Vorsichtig tastete ich darüber. Es war leicht angeschwollen und ich spürte die Nähte auf meiner Haut.
Dann betrachtete ich meine Arme. Meinen rechten hatte es deutlich schlimmer als den linken erwischt. Er fühlte sich noch etwas taub an und die Kratzspuren waren noch deutlich zu sehen. Und ich hoffte inständig, dass keine Narben zurückbleiben würden.

"Hier, ich wusste nicht was du magst, also habe ich dir einfach mal Pfefferminztee gemacht." sagte Mike, als er wieder eintrat und den Tee neben das Sofa auf den Couchtisch stellte. Ich nahm ihn dankend an. "Wenn du etwas brauchst oder du wieder Schmerzen haben solltest, rufe mich bitte." Ich nickte, griff nach dem Tee und nahm einen Schluck davon. Mike verließ das Wohnzimmer und schloss hinter sich die Tür.

Ich fühlte mich so Fehl am Platz. Ich wusste nichtmal wie ich auf ihn reagieren sollte. Ich war hin und her gerissen. Im Inneren wollte ich ihn am liebsten anfallen, für das was sie meinem Vater angetan hatten. Was sie mir und meiner Familie damit angetan hatten. Andererseits haben er und Jason mir das Leben gerettet. Das war genau das Gegenteil von dem, was ich von ihnen kannte. Diese Erkenntnis verwirrte mich. Und das machte mir Angst.

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Hii🥰
Wie ihr vielleicht gemerkt habt, werde ich versuchen jeden 2. Tag ein neues Kapitel online zu bringen. Wenn es mal nicht klappt, seid bitte nicht enttäuscht.
~Vanessa

Wolfsnacht - Das Ende der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt