Wolfsnacht - Das Ende der Dunkelheit

Kapitel 5

Im Haus roch es nach Zimt und Äpfeln. Wahrscheinlich hatte meine Mom wieder eine unserer unzähligen Duftkerzen angezündet. Sheldon schloss hinter mir die Haustür.

"Hey ihr beiden, wie war euer Tag? Habt ihr ihn einigermaßen gut überstanden?" rief unsere Mom aus dem Wohnzimmer. "War ganz in Ordnung." Sheldon gab ein zustimmendes Geräusch von sich. "Ich habe übrigens Arya wiedergetroffen. Ich habe sie gestern zum ersten Mal wieder gesehen." antwortete ich. "Ist sie noch genauso aufgedreht wie früher?" wollte Mom wissen. "Sagen wir es so, sie hat sich besser unter Kontrolle." Mein Bruder holte sich ein Sandwich aus dem Kühlschrank und setzte sich auf die Küchentheke. "Sheldon, wir haben Stühle, die sind dafür da, dass man sich draufsetzen kann, falls dir diese Information entfallen sein sollte." sagte meine Mom streng. Er zuckte nur mit den Schultern bewegte sich aber nicht vom Fleck."ist halt bequemer."

Ich ließ mich neben meine Mom aufs Sofa fallen und hielt ihr den Brief hin. "Das hat mir übrigens der Beta der white Wolves gegeben. Tyson heißt er." sagte ich und setzte mich neben sie. Ich rutschte etwas unruhig auf meinem Platz hin und her, weil ich Angst davor hatte, was meine Mom dazu sagen würde, dass ich mich dem Rudel nicht mehr anschließen wollte.

"Du hast den Beta kennengelernt! Wie schön!" sagte sie erfreut, während sie den Brief öffnete. Sie begann zu lesen und ich starrte nervös zum Fenster hinaus. "Und? Was genau steht nun drin" fragte mein Bruder ungeduldig und biss in sein Sandwich. "Morgen 16:00 Uhr findet das Treffen statt. Es ist aber nicht nur ein Treffen unseres Rudels, sondern auch das der black Wolves, da noch ein Thema angesprochen wird, was uns alle etwas angeht." antwortete meine Mom nachdenklich.

Na super, ich würde zusammen mit allen black Wolves versammelt sein. Was eine Ironie. "Und wo findet es statt?" fragte ich abwesend, während ich weiterhin aus dem Fenster starrte. "In der Versammlungshalle der Schule. Dort ist am meisten Platz."
"Gut, dann weiß ich bescheid." antwortete mein Bruder rutschte von der Küchentheke und marschierte in sein Zimmer.

Die Sonne war untergegangen, während ich die ganze Zeit aus dem Fenster gestarrt und ihr dabei zugesehen hatte.
Mir war bewusst, dass meine Mom niemals zulassen würde, mich nicht dem Rudel anzuschließen. Also brauchte ich den Überraschungsmoment auf meiner Seite. Das nun aber auch die black Wolves mit anwesend sein und das alles mitbekommen würden, bereitete mir Sorgen. Alleine wenn ich schon an morgen dachte wurde mir übel. Das würde unangenehm werden.

Den ganzen Tag in der Schule war ich aufs äußerste angespannt. Den Leuten, außer natürlich Arya, und Sheldon, war ich ziemlich gut aus dem Weg gegangen.
Bis jetzt schlug ich mich doch relativ gut. Arya hatte ich meinen Plan über die Versammlung erzählt, und hoffte, sie damit nicht zu enttäuschen. Sie war zwar leicht verwundert über meine Entscheidung aber respektierte sie, so wie sie es immer tat. Und dafür war ich ihr dankbar.

"Jetzt entspann dich doch Mal. Bei deiner Nervosität kann ja nichtmal mehr ich vor einer Präsentation mithalten." Das hatte sie mir schon den ganzen Tag vorgeworfen. Aber wie sollte ich mich denn bitte entspannen? Ich würde in einer Stunde vor, was weiß ich wie vielen, white-und black Wolves stehen und ihnen ins Gesicht sagen, dass ich nicht zu ihnen gehören wollte. Sowas konnte ja nur gut ausgehen...

"Und was machen wir jetzt noch die restliche Zeit?" fragte mich Arya. "Der Unterricht ist vorbei und das Treffen ist erst in einer knappen Stunde."
"Hat die Schule immer noch eine Bibliothek?" fragte ich sie. "Klar, im zweiten Stock."
"Gut, dann gehen wir jetzt dahin!" sagte ich entschlossen, während Arya mich nur fragend anstarrte.

"Uuund, was genau suchst du jetzt hier?" Ich ging durch einen Gang zwischen zwei Bücherregalen entlang und fuhr mit der Hand über die Buchrücken. "Ich dachte mir, wenn ich schonmal hier bin, kann ich mich doch auch ein bisschen mehr mit der Gegend hier auseinandersetzen." sagte ich abwesend und suchte das Regal nach einem bestimmten Titel ab.
Ah, da war es ja. Ich zog das Buch heraus. "Cape-Breton-Highlands Nationalpark!" sagte ich freudig. "Da haben wir es doch." So hieß der Nationalpark, der rund um Kingscroft und ein paar in der Umgebung liegenden Dörfern lag.

Das Gesicht meiner Freundin erhellte sie. "Ich könnte dir auch die Umgebung zeigen."
Ich schaute sie skeptisch an. "Arya, ich werde mich nicht verwandeln!" Sie sah mich unschuldig an. "Willst du nicht langsam damit abschließen und eigene Erfahrungen sammeln?" fragte sie, in der Hoffnung mich umstimmen zu können.

Fehlanzeige. "Nein! Ich werde meine Meinung nicht ändern." sagte ich etwas müde. Dieses Thema hatte ich schon stundenlang mit meiner Mom und meinem Bruder durchgekaut. "Okay, okay. Aber ich könnte ja auch als Mensch neben dir herlaufen oder ich bleib ein Wolf und schließe mich deinem Tempo an."
"Als ob dir das Spaß machen würde." sagte ich stirnrunzelnd. "Ich weiß doch selbst, wie schön das Gefühl ist, die Freiheit da draußen zu genießen." Zumindest wusste ich Mal, wie es sich anfühlte. "Ich kann das auch alleine machen."
"Okay gut." gab sie sich geschlagen.Ich ließ das Buch an der Ausgabe abscannen und packte es dann schließlich in meinen Rucksack.

"Gut, dann auf ins Gefecht." scherzte Arya. Ich fande das überhaupt nicht lustig, was meinen Puls noch weiter in die Höhe trieb. "Luna, beruhig dich." sagte Arya, die meinen erhöhten Puls als Lykanerin natürlich auch mitbekam.

Die Tür zum Versammlungsraum stand weit offen und mehrere Lykaner traten noch vor uns in den großen Raum. Ich atmete einmal tief durch. Je schneller ich es hinter mich brachte, desto besser. Also wie hatte es Arya gesagt? Auf ins Gefecht.
Ganz vorne war ein leicht erhöhtes Podest, dahinter reihten sich etliche Stühle, auf denen schon  viele Platz genommen hatten. Ich suchte den Raum nach meinem Bruder und meiner Mutter ab.

Hier trennten sich Aryas und meine Wege. Sie setzte sich in eine der mittleren Stuhlreihen zu Arron und ihrer Familie. Ich dagegen ging auf eine der vorderen Reihen, ich korrigiere: auf die erste Reihe, zu, wo ich schließlich Sheldon und meine Mom entdeckte. Ich ließ mich neben ihnen auf den noch freien Platz fallen.
Warum denn die erste Reihe? Ernsthaft?
Dank meiner ziemlich guten Selbstbeherrschung konnte ich meinen Puls einigermaßen auf das Normalmaß herunterschrauben, indem ich einfach an schöne Momente meines Lebens dachte. Meinen jetzt nur noch leicht erhöhten Puls würden alle für die Aufregung halten, dass ich ins Rudel aufgenommen würde. Ich streckte kurz meine Sinne aus und spürte ebenfalls den leicht erhöhten Puls meiner Mom und den von Sheldon.
Gut...ich war bereit.

_______________________________________

Hii🥰
Nächstes Kapitel ist am Start. 🙈
Was denkt ihr, wie die Versammlung ausgehen wird?
~Vanessa