Weil das gestrige Kapitel so kurz war, hier gleich noch eins! ^^
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Dienstag und Mittwoch kommen mir diese Woche länger vor als sonst. Obwohl ich selber genervt von den ganzen von mir erfüllten kitschigen Klischees bin, so muss ich doch eingestehen, dass mir zwei Tage ohne Lenny in Folge erstaunlich schwer fallen. Ich würde mich gerne selbst dafür schlagen, so kindisch diesem Jungen verfallen zu sein. Tony macht seine Witze über mich, aber ermuntert mich doch ständig ‚nach vorne zu sehen'. Pff.
Vorne gut und schön. aber wenn vorne noch so weit weg ist, nehme ich mir schon die Zeit, Lenny zu vermissen. Das Schlimmste ist aber, dass ich ja nicht den Hauch einer Ahnung habe, ob er meine Liebe überhaupt erwidert. Tatsächlich habe ich sogar Angst – nein, sogar ich habe Angst – von ihm zurückgewiesen zu werden.
Es ärgert mich, wie ich mich verhalte und fühle.
Das ist nicht meine Art. Ich habe mir doch nicht aus Spaß diesen Lebensstil angeeignet.Viel zu hibbelig gehe ich am Donnerstag ins Sakura. Am Mittwoch war ich zwar auch da, denn mein einziger freier Tag ist der Dienstag, aber das war nicht so wichtig wie heute.
„Au", fluche ich ärgerlich, als ich mich etwas heftiger als geplant selbst geschlagen habe. Irgendwie muss ich mir doch dieses Highschool-Musical-Teenager-Gehabe abgewöhnen.Trotzdem hellt sich meine Stimmung um tausende Prozent auf, als Lenny durch die Tür kommt. Etwas überfallend ziehe ich ihn in meine Arme und halte ihn kurz fest, denn ich weiß, dass ich dazu die nächsten Stunden nicht mehr kommen werde. Heute ist außer uns beiden niemand mehr im Café, sodass wir mehr als genug zu tun haben. Bevor Lenny kam, hat am Donnerstag Eleanor immer komplett mitgearbeitet, aber das war wirklich nicht gut für sie. Sie fasst zwar immer mit an, wenn sie da ist, aber für stundenlanges Kellnern ist sie wirklich zu alt.
Die Stunden vergehen wie im Flug. Hand in Hand arbeiten wir, während ich gar nicht mehr aus dem Staunen komme, wie selbstständig Lenny jetzt schon ist. Zwischendurch verschwindet er als gerade wenige Gäste da sind in der Küche und bäckt nach Amelies Rezept eine Torte, die er mich wenig später kosten lässt. Es überrascht mich wenig, dass sie großartig schmeckt, trotzdem lobe ich ihn natürlich ausführlich. Mittlerweile ist mir durchaus aufgefallen, dass das für ihn nicht die Regel zu sein scheint.
Lenny räumt die Küche auf, bevor er sich die Hände abwischt und nach draußen geht, um einen der Tische abzuräumen und neu einzudecken.
Verträumt sehe ich ihm dabei zu. Die Kaffeemaschine versucht mich zwar durch unablässiges Röcheln davon abzuhalten, aber ich bin zu entzückt von diesem Jungen. Als hätte er nie etwas anderes getan arbeitet er mit einer Selbstständigkeit und Selbstverständlichkeit, die ich noch nie erlebt habe, erst recht nicht von einem Jungen in diesem Alter.Verwundert schaut er mich an, als Lenny wieder durch die Tür tritt.
„Ist alles okay?", fragt er.
„Ja klar, ich warte nur auf den Kaffee", sage ich schnell und drehe mich um, denn dieser ist schon lange fertig. Die Kaffeemaschine scheint es eingesehen zu haben, dass sie gegen Lenny keine Chance bei mir hat.Mittlerweile sind alle Gäste gegangen und die Zeit, zu der das Sakura schließt, rückt näher. Viktor beginnt früher als sonst, alles aufzuräumen und für die Nacht zu vorbereiten, denn er wollte ja Lennard wieder begleiten.
Dieser steht etwas planlos herum und versucht, kleine Dinge zu tun.
Viktor hingegen ist so durcheinander, dass er gar nicht daran denkt, Lennard auch diesen Teil des Alltags beizubringen. Und Lennard will um keinen Preis jemanden stören oder nerven, also versucht er vorauszusehen und nicht im Weg zu sein.-----
Kurz nach um sechs stellen die beiden fest, dass es wohl Zeit wäre, zu gehen. Für Lennard fühlt es sich merkwürdig an, mit Viktor das gemütliche Café zu verlassen, und dort nichts als die Möbel zurückzulassen. Noch geht die Sonne nicht unter, doch man spürt schon den Abend nähern.
„Lenny?"
„Ja?"
„Würdest du dich vielleicht mal... Also hast du Lust unabhängig von der Arbeit dich... naja... mal mit mir zu treffen oder so?", fragt Viktor deutlich weniger selbstbewusst, als er es sich wünscht.
„Ich... ich weiß nicht... aber ich dürfte eh nicht", meint Lennard und zuckt die Schultern.
„Hmmm... Wieso eigentlich nicht?"
„Wieso ich nicht weiß?"
„Nein, wieso du nicht dürftest? Du darfst auch niemanden mitbringen, hast nach der Arbeit keine Zeit für einen Umweg... Warum darfst du das alles nicht?"
„Ich weiß es nicht. Ist halt so."
Lennard zuckt die Schultern und schaut weg. Es ist ihm unangenehm, über sein Elternhaus zu sprechen.„Aber du bist doch eigentlich sehr selbständig. Wenn ich dich im Café beobachte, machst du alles wie selbstverständlich. Du bist keiner, der ewig an Muttis Rockzipfel hängt."
Viktor hat große Angst, etwas Falsches zu sagen, doch irgendwann würden sie wohl sowieso darüber reden müssen. Schließlich will er wenigstens versuchen, Lennard etwas näher zu kommen.
„Bin ich auch nicht... Ich mache ganz viel alleine zuhause, mähe den Rasen, koche, sowas eben."
„Und stört dich das nicht? Willst du dich nicht manchmal mit Freunden treffen nach der Schule?"Lennard zuckt die Schultern und überlegt.
„Hab' nicht so wirklich Freunde", sagt er schließlich gerade heraus. Wäre das etwas Besonders oder Schlimmes für ihn, hätte er sich sicherlich mehr gescheut, das zuzugeben.
„Wie du hast keine Freunde?", fragt Viktor etwas tollpatschig.
„Naja, mit den Meisten hab ich außer der Schule nicht viel zu tun. Sie durften eben nie zu mir, und ich nie zu ihnen, warum sollten wir also groß befreundet sein?"
„U-und... Das stört dich nicht?"
„Nicht wirklich, wieso?"Viktor ist sprachlos. Wieso eigentlich? Er kann es sich nicht vorstellen, so einsam zu leben. Ohne Tony, ohne all die Partys, ohne die ganzen Leute, mit denen er sich ab und zu trifft, ohne all die, mit denen er vor Lenny sich manchmal in etwas weniger jugendfreie Gefilde begeben hat.
„Willst du dann mein Freund sein?", fragt Viktor und lacht.
„Wieso lachst du?"Viktor verstummt.
„Naja, ich dachte eigentlich, das wäre irgendwie eine dumme, kindische Frage."
„Hm. Ist es auch irgendwie. Aber wieso nicht? Mit dir habe ich momentan mehr gesprochen, als mit allen anderen zusammen, die nicht in einem Haus mit mir wohnen."
„Okay, also sind wir jetzt quasi offiziell Freunde?", kichert Viktor.
„Ja, sind wir", lacht auch Lennard und quiekt überrascht, als Viktor ihn hochhebt und einmal im Kreis dreht.„Machen das Freunde so?", fragt Lennard. Verwirrt streicht er sich eine Strähne aus dem Gesicht.
„Naja, Mädchen schon", meint Viktor und schüttelt den Kopf. Dieses Gespräch ist so absurd, aber dennoch irgendwie schön für beide.
„Wir sind aber keine Mädchen", stellt Lennard fest.
„Nein."
„Aber... Wir machen das trotzdem?"„Genau. Ich hasse Rollenklischees sowieso. Wenn ich wie eine Queen durch die Straßen tanzen will, dann mach ich das einfach. Egal ob Junge oder Mädchen."
„Eine... Queen?"
„Oh Gott Lenny, du hast viel nachzuholen", stellt Viktor fest und streicht ihm durch die Haare.
„Ich nehme an, das machen Mädchen auch?"
„Nein. Aber das mache ICH", korrigiert Viktor und lacht.„Aha. Wenn du willst", erlaubt Lennard und stimmt ein.
Dabei kommt ihm zum ersten Mal der Gedanke, dass es ihm durchaus gefallen hat, als Viktor ihn gestreichelt hat. Eigentlich kennt er das, denn er macht es regelmäßig bei seinen kleinen Brüdern, aber das sind ja auch kleine Brüder.Generell ist Lennard verwirrt. Zwar hat er einiges an sozialer Entwicklung verpasst, doch hat er ja schließlich nicht hinter dem Mond gelebt und durchaus mitbekommen, dass das in der Schule niemand macht. Außerdem denkt er wieder daran, wie sich Viktors warme Hand auf seinem Kopf angefühlt hat und lächelt dabei unweigerlich. Lennard zuckt die Schultern. Was soll daran falsch sein?
Verwirrt schaut er zu Viktor, als dessen Hand etwas plump nach seinertastet.
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Es ist dein Leben - kämpfe dafür!
RomanceTonys Leben ist genau wie er es sich wünschen würde. Tolle Freunde, Wunschausbildung, Partys am Wochenende. Seine Freiheiten als Single nutzt und reizt er dabei gekonnt aus, bis ihm eines Tages ein Junge über den Weg läuft, der gegenteiliger nicht s...