Kapitel 17

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Nach der Berufsschule am Morgen mache ich mich auf den Weg zu Tony. Viel zu lange war ich schon nicht mehr hier. Verdammt, wegen der Sache mit Lenny vernachlässige ich meine anderen Freunde, das muss sich echt ändern.

Die Tür ist abgeschlossen, also scheint Tony noch in der Uni zu sein. Gelangweilt lasse ich mich auf die Couch fallen und spiele mit meinem Handy. Jaja, es nervt mich ja selbst, dass ich mich ohne das Ding nicht mehr beschäftigen kann...

Glücklicherweise kommt Tony nur ein paar Minuten später zuhause an.
„Und wie war's?", frage ich halbherzig. Aber irgendwie muss man ja ein Gespräch beginnen.
„Spannung sieht anders aus. Aber dein rothaariges Begierdeobjekt hat sich mit einem gewaltigen Gezeter von seiner Freundin getrennt! Und er will am Freitag zur Party kommen! Aber ich schätze mal, er interessiert dich nicht mehr?"
„Nope, das tut er nicht. Ich weiß schon warum ich so lange allein war", grinse ich.
„Weil du Liebeskummer hattest und keinen gefunden hast?"
Ärgerliche schicke ich meinen Ellbogen auf einen kurzen Ausflug.
„Nein – okay, auch – aber vor allem weil ich ohne jedes schlechte Gewissen deine Studenten verführen konnte."
„Das klingt so, als würdest du Lennard nur aus Höflichkeit nicht betrügen", lacht Tony auf.
„Er heißt Lenny", zische ich, „und nein, ich will auch niemanden anderes. Aber ich kann nicht leugnen, dass das Leben vorher durchaus seine Vorzüge hatte."
„Kommst du dann am Freitag trotzdem? Ohne dich ist es echt langweilig...", bittet Tony mit Hundeaugen.
„Nee, was soll ich denn da? Weinschorle trinken und sittig auf der Terrasse sitzen? Sorry, bin nicht so in Partylaune..."
„Du kannst doch Lennard auch mitbringen", schlägt Tony nun vor. Mein Gott, wieso will er mich denn unbedingt dabei haben? Er ist doch eh nur mit irgendwelchen Mädchen beschäftigt...
„Sein Name ist Lenny", korrigiere ich erneut, „und nein, ich kann ihn nicht mitbringen. Ich bin froh, wenn er in einem normalen Umfeld ist."
„Himmel, du klingst ja wie sechzig. Bist du sein Freund oder sein Vater?"
Ich lache trocken.
„Momentan noch keins von beidem. Hoffentlich bald sein Freund. Wenn ich mich wie sein Vater verhalte, darfst du mir gerne dieses Messer in den Rücken rammen und dann dreimal im Urzeigersinn drehen." Dabei deute ich auf das größte Fleischmesser, welches im Messerblock auf seinen Einsatz wartet.

Geschockt starrt Tony mich an.

„Was ist denn mit dir los, Viktor? Ich dachte wir haben das ausgemerzt?"
„Haben wir auch."
„Wärst du bitte so nett, dich zu erklären?"
„Nö. Ich hab eh schon wieder zu viel erzählt... Ich komme jedenfalls nicht."
„Schade... Ich habe Dan gesagt, dass du da bist, als er gefragt hat...", meint Tony.
„Dann wird er wohl mit dir Vorlieb nehmen müssen", kichere ich. Daraufhin landet Tonys Faust mal wieder auf meinem Arm. Langsam spüre ich es schon gar nicht mehr.

Eigentlich schade: Zum einen würde ich sehr gerne da sein um zu sehen, wie Tony endlich merkt, dass er durchaus Interesse an nicht-silikongefüllten Körpern hat, aber andererseits müsste ich ja dafür anwesend sein. In diesem Fall würde sich Dan aber mit Sicherheit für mich entscheiden, was ich in keinem Fall zulassen kann. Eine Zwickmühle...

„Hilfst du mir dann trotzdem bei den Vorbereitungen?", bettelt Tony.
„In Gottes Namen... Alleine kriegst du's ja nicht gebacken..."
Erneut trifft mich die Faust.
„Ist doch wahr!"
„Ja, aber es macht Spaß, dich zu schlagen", kichert Tony.
„Gewalt ist die Sprache der Dummen!", erwidere ich.
„Gib wenigstens Quellen an!", fordert darauf mein bester Freund.
„Kennst du doch eh. Du Beuteltier!"

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Der Mittwoch stellt einen der Tage dar, an denen Lennard seine Brüder auch von der Schule abholen kann. So schlendert er gemütlich den Weg zurück, den er am Vormittag hektisch in die andere Richtung gelaufen ist. Oft lässt sich Lennard dabei Zeit, denn die Zwillinge bleiben nach dem Unterricht gerne etwas länger in der Betreuung. Da sind ihre Freunde, da gibt es manchmal Eis im Sommer. Deshalb stellt sich Lennard gerne noch ein paar Minuten auf den Schulhof und beobachtet seine Geschwister.

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