5.Kapitel

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Vor Aufregung lief ich in meinem Zimmer auf und ab. Mein Handy lag offen mitten auf meinem Bett. Der Ton war angeschalten und ich zählte die Sekunden. Es war gerade achtzehn Uhr dreißig, meine Hausaufgaben hatte ich erledigt und Essen und die Bentobox für morgen hatte ich auch schon vorbereitet. Ich hatte  also nichts mehr was mich noch ablenken konnte.

Im Schneidersitz setzte ich mich auf mein Bett und starrte mein Handy an. Lange hielt ich das aber nicht aus und sprang schnell wieder auf. Ich ging in meine kleine Küchennische und trank ein Glas Wasser, was ich auch gleich wieder ausspülte und abtrocknete. Ich wusste vor lauter Nervosität gar nicht, wohin mit mir. Ich schmiss das Küchentuch einfach auf die Ablage und ging wieder auf mein Bett zu. Vorsichtshalber schaute ich auf mein Handy, falls ich doch vergessen hatte den Ton anzustellen. Dort war aber weder eine neue Nachricht noch ein Anruf verzeichnet. Ich legte es wieder hin und setzte mich auf meinen Schreibtischstuhl, mit dem ich mich ein paar mal drehte. Als mir aber langsam schwindelig wurde, ließ ich das wieder bleiben. Ich seufzte frustriert auf und starrte dann aus meinem Fenster, das über meinem Schreibtisch war.

Gedankenverloren knetete ich meine Finger. Es war ja auch gut möglich das er sich heute gar nicht mehr meldete. Es konnte einem ja immer mal etwas dazwischen kommen oder er hatte die Zeit wieder beim Training vergessen. Da viel mir wieder ein, das ich ja noch immer nicht wusste was er nun spielte. Als ich in die Halle geschaut hatte, hatte ich so überhaupt nicht darauf geachtet und dann war da ja auch der andere Riese, mit dem, zugegeben, hübschen Gesicht aufgetaucht. “Aber nur weil er ein nettes Gesicht hat, heißt das ja nicht das er nett ist…”, murmelte ich leise vor mich hin. Leider hatte ich schon das ein oder andere mal, weniger schöne Begegnungen, mit Jungen die hübsche Augen oder hübsche Gesichter hatten.

Bevor ich allerdings wieder in unschöne Gedanken abdriften konnte, wurde ich von einem lauten Klingeln erschreckt. Als ich realisierte das es von meinem Handy kam, sprang ich hastig auf und flog dabei fast über meine Füße. Ich kniete mich vor mein Bett und nahm mein Handy, mit zitternden Fingern nahm ich den Anruf entgegen.

“Odasaku.”, sprach ich leise und versuchte irgendwie die Aufregung unter Kontrolle zu bekommen.

“Hey, Ich bins”, meldete sich die andere Person was mich erleichtert aufatmen ließ.

“Hey, du rufst an.” Ich hörte sein leises lachen durch den Lautsprecher.

“Ich sagte ja, das ich mich am Abend melde.”, sagte er belustigt.

“Hast du etwa darauf gewartet?”, neckte er mich. Vor Scham spürte ich wie meine Wangen heiß wurden und starrte entgeistert an die gegenüberliegende Wand. Hastig schüttelte ich den Kopf, bevor mir einfiel das er mich nicht sehen konnte.

“Ich… n-nein.”, sagte ich verlegen und wieder hörte ich sein leises lachen.

“Keine Panik. Das war nur Spaß.” Erleichtert atmete ich aus und legte mir, meine freie Hand auf die Brust.

“Also, womit hab ich die Ehre, deiner Handynummer verdient?”, fragte er mich interessiert.

“Uhm… also…”, Ich schloss meine Augen und holte tief Luft. “Ich dachte mir, da wir es wegen mir immer noch nicht geschafft haben, über die Nachhilfe zu sprechen, dachte ich mir das dass vielleicht die einfachste Lösung wäre.” Ich zuckte mit den Schultern und als ich Iwaizumi am anderen Ende schnauben hörte, presste ich die Lippen zusammen. Vielleicht hätte ich einfach meine Klappe halten sollen. Es war dämlich ihm meine Nummer z…

“Bevor du dir jetzt wieder irgendeinen Mist in deinem hübschen Oberstübchen zusammen denkst… Du bist nicht daran Schuld! Ich habe genauso wenig daran gedacht. Also mach dir deswegen keine Vorwürfe.”, meinte er bestimmt und mein Kopf war wie leer gefegt. Mir kamen die Tränen und leise schluchzte ich auf. Iwaizumi gab am anderen Ende ein komisches Geräusch von sich bevor er aufgebracht fragte: “Weinst du etwa? War das falsch was ich sagte?” Ich versuchte tief Luft zuholen um mich zu beruhigen. Ich freute mich so sehr über das was er sagte, das es mir nicht leicht viel mit dem weinen aufzuhören. Ich wischte mir mehrmals mit meiner freien Hand über die Augen, bis der Ärmel meines Pullovers völlig durchnässt war. Ich schniefte immer wieder ins Handy und Iwaizumi wartete geduldig, bis ich mich einigermaßen wieder gefangen hatte.

“Du hast nichts falsches gesagt.”, sagte ich leise und verheult. Wieder schniefte ich. “Es hat mich nur gefreut... weil ich so nette Worte schon länger nicht mehr gehört hab.” Er seufzte am anderen Ende erleichtert auf und ich schniefte immer noch vor mich hin. “Puh… da bin ich beruhigt. Ich dachte echt, ich  hät’s schon wieder vermasselt.” Leise schmunzelte ich. “Nein, Ich… niemand hat was vermasselt…”, sagte ich leise.

“Wie wäre es wenn wir über etwas ganz anderes reden?”, fragte er auf einmal. Perplex stimmte ich ihm zu. “Sehr gut. Hmmm… lass mich nachdenken…”, murmelte er leise. Ich sah mich in der Zwischenzeit auch in meinem Zimmer um, auf der Suche nach einem Gesprächsthema. An meinem Regal mit den Büchern und Filmen blieb ich hängen.

“Schaust du gern Filme?”, fragte ich ohne groß darüber nachzudenken. Iwaizumi hatte wohl nicht damit gerechnet, den neben einem dumpfen Geräusch, einem ‘Whoa’ und am Ende einem dumpfen ‘Au’ sagte er noch: “Erschrick mich doch nicht so…”, danach lachte er aber wieder und meine verspannte Haltung die ich automatisch angenommen hatte, löste sich langsam wieder. “Entschuldigung.”, murmelte ich leise.

“Klar schau ich gern Filme. Wer tut das schon nicht?” Überging er einfach meine Entschuldigung. Leise seufzte ich. “Ich denke es gibt schon viele die nicht gern Filme sehen, sondern lieber Bücher lesen oder irgendwelche Spiele spielen.”, erwiderte ich leise. “Hmmm, da hast du vermutlich recht…”, murmelte er. “Was schaust du so für Filme?”, fragte er mich gleich danach. Ich schaute in mein Regal und überflog die einzelnen Hüllen. “Hm, eigentlich quer Beet alles. Ich hab Animes, Romanzen, Horror, Science Fiction, Fantasy, Dramen und Action. Ich hab da keine spezielle Vorliebe oder so… Was schaust du gern?” Interessiert schaute ich auf meine Sammlung.

“Ich liebe Godzilla. Diese Filme sind großartig. Einfach Meisterwerke.”, schwärmte er und ich schmunzelte. “Hast du sie auch schon gesehen?”, fragte er gespannt. “Ähm… hm…” Ich schaute mir meine Sammlung genau an und als ich gefunden hatte, wonach ich suchte, holte ich mir die Hülle. “Godzilla war dieses Riesen Monster was wie eine Mischung aus Dino und Drache aussieht oder?” Ich hörte nur ein empörtes schnauben von ihm. “Das ist ja wirklich die blödeste Beschreibung die ich je gehört habe, aber ja du hast recht.”, murrte er leicht verstimmt. “Entschuldige, ich weiß nicht wie ich es sonst beschreiben sollte… den ich hab hier einen Film, allerdings steht hier auf der Hülle ‘Gojira'. Ist wahrscheinlich…” “Du hast was?”, wurde mir ins Ohr gebrüllt und ich hielt erst mal meine Handy weg.

“Hallo? Bist du noch da?”, hörte ich ihn leise fragen. “Ich bin noch da, bin aber dank dir vermutlich taub…”, Ich legte mir das Handy ans andere Ohr und seufzte. “Du weißt aber schon das du einen Schatz bei dir hast. Oder?”, fragte Iwaizumi wieder in normaler Lautstärke. “Nein, woher auch. Ich hab ihn bei einem Flohmarkt für einhundert Yen gekauft, allerdings ist die CD zerkratzt und ab der Hälfte stockt der Film und springt dann ans Ende. Ich wollte sie schon wegschmeißen.” Ich hörte ihn erschrocken Luft holen. “Bitte schmeiß ihn nicht weg. Der ist von 1954. Ein Klassiker. Ich kenn da einen Laden, die können zerkratzte CD’s und DVD's wieder so herrichten das sie funktionieren.” “Okay, okay. Ich schmeiß sie schon nicht weg.” Ich stellte die DVD wieder zurück ins Regal und ich hörte ihn erleichtert seufzen. “Wollen wir morgen wieder zusammen Mittag essen? Ich hab noch ein paar von den Würstchen.”, fragte ich leise und leicht lächelnd. “Wird das ein Bestechungsversuch?, fragte er mich neckend und ich schnappte empört nach Luft. “N-nein… das… wie kommst du darauf?” Er lachte mich einfach aus. “Das war nur Spaß, aber das nächste Mal sag einfach ‘Ja’.”, sagte er immer noch lachend. “Blödmann… und Gute Nacht.”, murmelte ich leise und legte dann ohne auf eine Antwort zu warten auf.

Geschafft ließ ich mich auf mein Bett fallen unser Telefonat hatte gerade mal zwanzig Minuten gedauert, aber ich kam mir vor als hätte ich Stunden mit ihm gesprochen. Ich erschrak leicht, als das leise ‘Pling’ neben mir ertönte und mir mitteilte das ich eine Nachricht bekommen hatte. Ich nahm mein Handy wieder in die Hand und drehte mich leicht auf die Seite. Nachdem ich es entsperrt hatte und erst mal meine Töne wieder ausgeschaltet hatte, öffnete ich die Nachricht. Ich lächelte und presste das Handy an meine Brust, als ich sie gelesen hatte.

‘Blödmann also… So So ;)
Ganz schön mutig am Telefon, aber wie mies von dir das du einfach aufgelegt hast. Das bricht mein armes ‘eine Mischung aus Dino und Drache’ Herz.
Aber im Ernst, es hat mich sehr gefreut so mit dir reden zu können. :)
Ich wünsche dir auch eine Gute Nacht und süße Träume.
Iwa’

Nachdem ich seine Nummer unter ‘DinoDrache Iwa’ eingespeichert hatte, stand ich auf, holte die DVD aus dem Regal und verstaute sie, in einem kleinen Beutel verpackt, in meiner Schultasche. So sehr wie Iwaizumi davon geschwärmt hatte, war sie bei ihm besser aufgehoben. 

My broken Heart (Abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt