Sieben Minuten

476 25 3
                                    

"John? Du musst essen. Andernfalls wirst du in kurzer Zeit an Unterernährung sterben!". Sherlock drückte erneut auf den Klingelknopf unter dem Schild mit der Aufschrift "Mary und John Watson". "John öffne die Tür oder ich sehe mich gezwungen Gavin zu holen! Eine Tür ist teuer und Gavin würde sie eintreten!", schrie Sherlock in der Hoffnung John würde endlich die Tür öffnen. Er lauschte doch es regte sich nichts im inneren der Wohnung. Sherlock griff in seine Manteltasche, holte sein Smartphone heraus und tippte:

Ich brauche ihre Hilfe, Gavin. SH


Während er darauf wartete das Lestrade eintraf, arbeitete sein Verstand auf Hochtouren. Sein Blick fiel auf den Briefkasten rechts neben der Eingangstür - die Post quoll bereits aus dem Briefkastenschlitz. Zeitungen, Werbungen und Flyer lagen auf dem Boden. Offenbar lange nicht entleert - John hatte dem Datum der Zeitungen nach zu urteilen - drei, nein vier Wochen das Haus nicht verlassen. Sherlock hatte einige Mitglieder aus dem Obdachlosen-Netzwerk beauftragt, das Haus im Auge zu behalten und ihn umgehend zu benachtigen, falls John das Haus verlassen sollte. Mycroft hatte dafür gesorgt, dass John regelmäßig Nahrung gebracht wurde. Heute jedoch wollte er seinen besten Freund John Watson wieder für einen Fall begeistern. "Sie lernen es wohl nie! Mein Name ist GREG Lestrade nicht Gavin!", Lestrade riss Sherlock aus seinen Gedanken. "Unwichtig.", entgegnete Sherlock unbeeindruckt. "Kümmern sie sich lieber darum, dasss wir in dieses Haus kommen!".

Lestrade hatte den Zweitschlüssel von Mrs Hudson geholt und drehte den Schlüssel im Schloss. Die Tür sprang auf und Sherlock schritt an Lestrade vorbei direkt ins Haus. Lestrade verdrehte die Augen, ein 'Danke' konnte man von Sherlock Holmes nicht erwarten. Er schloss die Tür hinter sich und folgte Sherlock die Treppen hinauf. Oben angekommen standen sie vor der Tür, die in Mary und Johns Appartment führte. Sherlock starrte geradeaus gegen die geschlossene Tür. Beide schwiegen einige Sekunden. "Worauf warten sie denn? Schließen sie schon die Tür auf, sie Idiot!", knurrte Sherlock. Lestrade machte einen Schritt auf die Tür zu, steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte in herum.

Es war dunkel in der Wohnung. Der Boden war bedeckt mit Zeitungen, leeren Fertiggericht-Packungen und Kleidung. Die Vorhänge waren zugezogen. Sherlock betrat die Wohnung. "John?", er bog nach links auf den Flur ab und öffnete die Schlafzimmertür. Lestrade durchquerte das Wohnzimmer und öffnete die Vorhänge. Erst im Licht wurden die herumtanzenden Staubpartikel sichtbar, die sich über die Wochen angesammelt haben mussten. "Meine Güte, John sie haben sich ganz schon gehen lassen", rief Lestrade. Sherlock sah sich währendessen im Schlafzimmer um. Auch hier waren die Vorhänge geschlossen und es hatte sich eine Zentimeter dicke Staubschicht auf den Regalen abgelagert. Das Bett war ungemacht. Kleidung und Zeitungen lagen auch hier überall auf dem Fußboden verteilt. Die Tür zum Badezimmer stand einen Spalt offen. Sherlocks Atem stockte. Durch den Spalt konnte er auf die Badewanne sehen. Es ragte eine Hand hinaus. "Gavin! Kommen sie!", schrie er. "Schnell! Rufen sie einen Krankenwagen! Er stirbt!" In Windeseile kniete er neben John am Badezimmerboden. John war leichenblass. Er lag in der Badewanne, umgeben von lauwarmem Wasser. Überall war Blut. Sherlock riss sich den Schal vom Hals und band ihn John um die Handgelenke. Doch die Blutung war zu stark und bereits wenige Sekunden hatte der sonst dunkelblaue Schal eine rötlich-braune Färbung. Sieben Minuten. Sieben Minuten braucht ein Krankenwagen bei aktueller Verkehrslage bis zu diesem Appartment. Ich muss ihn am Leben erhalten. Verzweifelt versuchte Sherlock die Blutung mit Toilettenpapier zu stillen. Der sonst so besonnene Detektiv war ein nervliches Wrack.

"Was tun sie denn da? Sie brauchen Verbandpäckchen! Zur Seite Holmes, ich mach das!", Sherlock zuckte zusammen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass Lestrade bereits einen Verbandkasten aus dem Auto geholt hatte und sich ebenfalls im Badezimmer befand. "Tun sie etwas, Gavin! Er stirbt!", schrie er. In ihm stieg ein Gefühl von unerträglichem Schmerz auf. Was war das? Ich brauche meinen Verstand! Keine Gefühle! "Ich... bin... ihr - dein bester Freund?" "Natürlich bist du das. Du bist mein bester Freund." Sherlock schoss die Erinnerung an den Tag, an dem ihm John gesagt hatte, dass er sein bester Freund war, in den Kopf. Nein! Ich muss klar denken, ich muss sein Leben retten!

*Johnlock* Sein letzter SchwurWo Geschichten leben. Entdecke jetzt