Kapitel 15

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Wann immer Savara dazu gezwungen war längere Zeit in der Zuflucht zu verweilen wurde sie früher oder später Rastlos. Sie liebte ihre Brüder und Schwestern bedingungslos, doch je mehr Zeit sie mit ihnen verbrachte, umso mehr wünschte sie sich weg aus der Zuflucht, weil sie sich von ihrer Gegenwart erdrückt fühlte. Wenn das passierte suchte sie sich üblicherweise eine Mission, die sie weit weg von der Zuflucht brachte, bis sie sich wieder danach sehnte nach Hause zurück zu kehren.

Doch diesmal hatte Savara keine Möglichkeit der Zuflucht den Rücken zu kehren und ihr Volk für eine Weile sich selbst zu überlassen. Seit der Ermordung des Königs hatte die Große Mutter veranlasst, dass keiner ihr zu Hause verlassen durfte, bis die Lage in Sachaka übersichtlicher und weniger gefährlich geworden war. Also blieb ihr nichts weiter übrig als ihre Rastlosigkeit und ihren Frust in zusätzlichen Trainingseinheiten an anderen auszulassen.

„Wirst du etwa schon müde?", fragte sie ihre Gegnerin spöttisch, als diese schwer atmend vor ihr zurück wich, die Messer schützend vor ihren Körper gehalten, um Savara keine Möglichkeit zu geben ihre Deckung zu durchdringen. Die beiden Frauen schwitzen in der Wärme des Frühsommertages, doch es schien keine der beiden zu stören.

Ohne Alya einen Moment aus den Augen zu lassen deutete Savara ein Gähnen an, um die Kontrahentin zu einem Angriff zu verleiten. Es funktionierte, die schlanke Frau stürzte blitzschnell nach vorn und versuchte Savara mit einem von unten geführten Stich zu treffen, den die Beraterin gekonnt und nicht weniger schnell abblockte. Die beiden Frauen trennten sich wieder und begannen sich zu umkreisen, jede auf der Suche nach der Lücke in der Deckung der anderen.

„Du bist aus der Übung", provozierte Savara ein wenig, ein raubtierhaftes Lächeln im Gesicht.

„Du bist besser geworden", antwortete Alya bewundernd. „Diese Tricks, die du eingesetzt hast, sind ziemlich ungewöhnlich"

Savara schloss für einen winzigen Augenblick die Augen um denjenigen vor sich zu sehen, von dem sie diese Tricks gelernt hatte und bereute es schon im nächsten Moment. Alya hatte den Moment der Unaufmerksamkeit genutzt und griff an. Savara blieb kaum Zeit den Angriff zu blocken, geschweige denn eine Strategie dagegen zu entwickeln. Wenige Sekunden später war sie entwaffnet und besiegt und musste sich sehr zu ihrem Verdruss ihrer breit grinsenden Schwester ergeben.

„Da hab ich wohl einen wunden Punkt getroffen", bemerkte Alya und reichte Savara ihre Dolche zurück. Savara schnaubte nur. Das ging die Juwelierin nichts an, auch wenn sie gemeinsam aufgewachsen und durch dick und dünn gegangen waren.

„Ich werde dir keinen davon beibringen", knurrte Savara, während sie ihr Eigentum wieder verstaute. Alya lachte.

„Ich habe nichts anderes von dir erwartet", bemerkte sie, ehe sie ernst wurde. „Auch wenn Selbstverteidigung wichtiger denn je geworden ist"

Savara seufzte.

„Ich hätte nie gedacht, dass die Ermordung des sachakanischen Königs bei uns so einen Kleinkrieg auslösen könnte. Klar, jeder wusste dass wir uns bezüglich Sachaka nicht einig waren, aber dass die Fronten so verhärtet sind..." Sie schüttelte den Kopf als sie daran dachte, wie sie bereits mehrmals angefeindet worden war, weil sie zur Großen Mutter hielt und ihren Kurs verteidigte.

„Die Gemüter sind mehr als erhitzt", stimmte Alya ihr zu. „Egal wo man hin kommt, es wird darüber gestritten, wie es weiter gehen soll"

Nach diesen Worten verfielen die beiden Frauen in Schweigen, während sie sich am Bach wuschen.

Alya war die Erste, die die Stille zwischen ihnen durchbrach: „Du hast mir noch immer nicht erzählt, was damals in Imardin passiert ist"

Savara biss die Zähne zusammen. Alya versuchte bereits seit geraumer Zeit mehr über diese Mission zu erfahren, doch Savara weigerte sich beharrlich davon zu erzählen und ihre eigenen emotionale Schwäche einzugestehen. Es sah ihr nicht ähnlich sich dermaßen auf einer Mission gehen zu lassen und eine persönliche Beziehung einzugehen. Das war auch so gar nicht geplant gewesen, Cery sollte ihr Kontakt zu Akkarin sein, ohne den Hohen Lord über ihre Anwesenheit zu informieren. Wer wusste schon, wie er auf die Forderungen der Verräterinnen im Vollbesitz seiner Kräfte reagiert hätte? Er hatte sie einmal hintergangen, wenn er eine Wahl gehabt hätte, hätte er es sicher erneut getan.

Die Schwarzmagierin [BMG Fanfic]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt